Ich glaube, es gibt unterschiedliche Formen, seine Einzigartigkeit geltend machen zu wollen. Ob ich mich "misshandeln" lasse oder nicht, hat meines Erachtens nichts damit zu tun, ob man sich einzigartig findet, sondern wie viel Selbstwertgefühl man besitzt.
Es gibt Menschen, die aus der Anerkennung ihrer Einzigartigkeit hinaus nichts erdulden würden, was ihnen nicht gut tut - weil sie erkannt haben, was ihnen gut tut und was nicht und sie genug Selbstwertgefühl besitzen, das auch zu kommunizieren und notfalls Tschüss zu sagen.
Und es gibt Menschen, die sehr verzweifelt etwas Besonderes für jemanden sein wollen und dabei dieses Selbstwertgefühl nicht besitzen, wodurch sie Dinge erdulden, die sie nicht wollen, weil sie glauben, das hebt ihre Einzigartgkeit hervor.
Deswegen denke ich, dass Selbstwertgefühl und eine gewisse Portion Mut, zu sich selbst zu stehen, unterm Strich viel wichtiger sind, als eine ständige Balz umeinander (die durchaus auch aus Unsicherheit gespeist werden kann - nämlich dann, wenn man sich nur anstrengt, damit der andere nicht davonläuft). Klar wollen wir alle gerne etwas Besonderes für jemanden sein. Wir wollen nicht austauschbar sein. Wir benötigen aber dringend das Selbstwertgefühl, diesen Anspruch auch geltend machen zu wollen.
Ich persönlich fühle mich vom Balzen zwar geschmeichelt, aber irgendwann ist dann auch mal gut. Viel entspannter und intimer empfinde ich dann letztendlich eine Beziehung, in der beide genug Selbstwertgefühl besitzen, um zu wissen, was der andere an ihnen hat. Deswegen empfinde ich Tops, die sich vor Sub im Staub suhlen, auch nicht besonders attraktiv. Und umgekehrt auch nicht. Man muss sich nicht absichtlich kleiner machen, als man ist, wenn es um grundlegende Wertschätzung geht, die man spüren möchte.
Ich würde also abschließend sagen, dass die Frage, wie weit ich gehe, auch sehr davon abhängt, wie viel Selbstwertgefühl mir jemand vermittelt - und wie viel eigenes Selbstwertgefühl im Kontakt mit meinem Gegenüber erwächst. Jemand, der mich in meinem Selbstwertgefühl stark verunsichert, bei dem halte ich mich viel mehr und länger zurück. Ein Paradebeispiel dafür sind Tops, bei denen ich zunächst das Gefühl habe, sie interessiert vordergründig nur meine Neigung, aber nicht mein Menschsein, mein Frausein. Das findet man relativ früh heraus, nämlich dann, wenn der Gegenüber kaum andere Gesprächsthemen außer Sex und BDSM hat, beziehungsweise das Gespräch immer darauf lenkt und bei anderen Themen schnell aussteigt.
Im Übrigen sollte man auch einem Top nie das Gefühl geben, man interessiere sich ausschließlich für seine "Leistung", nämlich nur die Dominanz. Man wird nämlich ernten, was man sät.