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Antihistaminika (AH)
wurden in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt, inzwischen gibt es drei Generationen plus andere Lösungsansätze.
Die
AH der ersten Generation haben sehr müde gemacht und werden heute tatsächlich nur noch zur Sedierung des Nervensystems, z.B. gegen Brechreiz, Schwindel oder als Schlafmittel verwendet.
Von den
AH der zweiten Generation (darunter die Wirkstoffe Cetirizin und Loratadin) ist bekannt, dass sie seltener und weniger müde machen. Vor allem Cetirizin gilt als gut wirksam und verträglich, bei starken Allergien kommt es aber schnell an die Grenzen seiner Wirksamkeit, die sich durch eine Dosiserhöhung über 10 mg/d wohl auch nicht wesentlich steigern lässt.
Die
AH der dritten Generation sind im wesentlichen Weiterentwicklungen (böse Zungen sagen dazu Scheininnovationen) von AH 2. G., z.B. Levocetirizin und Desloratatin. Es sind im Grunde nur die isolierten aktiven Varianten (Enantiomere) des Grundmoleküls. Daher sind 5 mg Levocetirizin (Zyrtec, Reactine) etwa so wirksam wie 10 mg Cetirizin das beide Enantiomere enthält.
Kritiker gehen daher auch davon aus, dass die Entwicklung der 3. Generation eher dem erneuten Patentschutz dienen und die höheren Kosten für diese Medikamente nicht durch bessere Wirkung gerechtfertigt sind. Einige Hersteller werten die Medikamente noch durch andere Hilfszusätze auf, was durchaus sinnvoll sein kann. Pfizer bietet z.B. sein Levocetirizin "Reactine" auch als "Duo"-Variante mit zugesetztem Pseudoephedrin an, das die Nasenschleimhäute abschwellen lässt, allerdings auch das Herz belastet.
Generell wirken Antihistaminika, indem sie Rezeptoren für das vom Körper bei Reizungen produzierte Histamin besetzen, so dass es seine Wirkung (Rötungen, Juckreiz, Blutdruckabfall und Bronchospasmen) nicht entfalten kann. Manche AH, z.B. Loratadin, stabilisieren auch die Mastzellen, die das Histamin bilden und ausschütten.
DNCG und topische Steroide
Ein zweiter, sehr wichtiger Ansatz bei der Behandlung von Heuschnupfen und allergischem Asthma ist der Einsatz von Medikamenten "vor Ort", also auf der betroffenen Schleimhaut als Nasensprays, Augentropfen oder Inhalationen. Eine gut wirksame Wirkstoffgruppe sind die DNCG (Dinatrium-Cromoglykate, auch Cromone), die als vorbeugend eingesetzt als Mastzellstabilisator verhindern kann, dass sich die allergischen Symptome ausweiten und und sich bis zur "Sommergrippe" hochschaukeln.
Seit einigen Jahren werden auch sehr erfolgreich topische Steroide (Mometason, Beclomesaton, etc.) eingesetzt. Das sind kortisonverwandte Substanzen (Kortikoide), die lokale Entzündungen hemmen. Setzt man sie lokal etwa als Nasenspray ein, werden sie nach bisheriger Beobachtung nicht nennenswert vom Körper aufgenommen und machen daher kaum Nebenwirkungen, können auch bei Kindern und u.U. in der Schwangerschaft eingesetzt werden.
Hartnäckigen Allergie-Attacken (mit Schüttelfrost, leichtem Fieber, wunden Schleimhäuten, körperl. Anspannung) kann auch immer noch sehr wirksam mit systemischen Kortikoiden, z.B. Prednisolontabletten, zu Leibe gerückt oder vorgebeugt werden (z.B. bei zu erwartender sehr hoher allergener Belastung). Diese werden in der Regel nur sehr kurzzeitig gegeben, so dass die berüchtigten Nebenwirkungen (Gewichtsszunahme, Osteoporose) sich NICHT entwickeln können.
Moderne Therapie
Inzwischen wird von der Allergologie der Ansatz verfolgt, die verfügbare Medikamentenpalette zur Vorbeugung einzusetzen, so dass allergische Symptome so wenig und milde wie möglich entstehen. Das führt oft auch zu einer generellen Besserung, da die (unbehandelte) Allergie eben vor allem aus unangenehmen Folgesymptomen besteht, die vermeidbar sind.
Die Medikamente sollen im Körper wirken können, bevor Histamin ausgeschüttet wird. So gibt es von Anfang an weniger Probleme mit Juckzeiz, Rötungen und Schwellungen. Die "dicke Nase" ist nur eine Folge zu späten Eingreifens. Daher wird empfohlen,
Allergietabletten abends einzunehmen und Nasensprays/Augentropfen rechtzeitig anzuwenden, damit diese bereits wirken
bevor man sich einer allergenen Belastung aussetzt und die Histaminausschüttung behindern können.
Ein durchschnittlicher (Kassen-)Allergiker wird heute in der Regel mit einem oralen AH 2. Gen. und DNCG und/oder einem topischen Steroid als Nasenspray und Augentropfen eingestellt. (Beliebte und budgetschonende Kombination: Ceterizin, Cromo-Nasenspray und Mometason.) Hilfreich sind außerdem Alkoholverzicht (z.B. Cetirizin verliert unter Alkohol seine Wirkung fast komplett), Vitamin C, Zink, Magnesium und viel, viel Schlaf, denn der Körper wird mit dem Kampf gegen eine Allergie sehr hoch belastet.
Alternativen
Diese Schilderung zielte auf die pharmazeutische Behandlung von schwereren Allergien ab. Selbstverständlich gibt es - wie man in diesem Thread sehr schön dokumentiert sieht - eine Menge naturheilkundlicher Verfahren, die auch teilweise gute Ergebnisse bringen. Hier gilt der Grundsatz: Wer heilt, hat recht. Wem eine Akupunktur hilft, seine Symptome zu lindern, oder wem Kügelchen Heilung bringen, dem ist unter Umständen mehr geholfen als jemandem, der jedes Jahr Unmengen von Medikamenten nimmt.
Allerdings hilft leider nicht alles bei jedem. Einem heulenden, schniefenden Allergiker im Park, der sich grade die Ohrläppchen massiert und "geht gleich wieder" krächzt, rate ich dann doch, es einfach mal mit Chemie zu versuchen, statt sich zu quälen. Denn eine unbehandelte Allergie verschlechtert sich in der Regel, und man riskiert einen "Etagenwechsel" in Richtung der Lunge (Asthma). Denn der Körper "lernt" eine falsche Reaktion auf Allergene, genauso wie er sie durch konsequente (und vorbeugende) Therapie "verlernen" kann.
Der Autor
Zum Schluss meine eigene Geschichte: Ich bin gegen alles allergisch was zwischen Februar (Hasel) und September (Gräser) blüht, zusätzlich gegen Grün, Hunde, Katzen und Pferde. Außerdem bin ich Asthmatiker (Herzlichen Glückwunsch, genau
). Über die Jahre habe ich gut gelernt, meinen Körper und die Allergiesymptome einzuschätzen und Medikamente richtig anzuwenden, statt höher zu dosieren.
Ich nehme in der Saison je nach zu erwartender Belastung täglich abends eine Tablette Cetirizin oder Reactine Duo. Wenn ich weiß dass ich raus muss, nehme ich eine halbe Stunde vorher mein Cromo-Nasenspray und -augentropfen und frische es alle 4 Stunden auf (man merkt dann dass es nachlässt).
Außerdem esse ich viel Obst, nehme Magnesium und versuche, mindestens 9 Stunden nachts zu schlafen. Wenn meine Nase gereizt ist, nehme ich zusätzlich Zink und vorbeugend ein Mometason-Nasenspray. Alkohol ist tabu, wenn ich Allergiemedikamente nehme. (Das ist das härteste - keine weinseligen lauen Sommerabende. Aber sehr effektiv.) Und obwohl ich recht stark an Allergien gelitten habe (Pricktest 3 von 4 auf fast alles), bin ich in der Regel symptomfrei, kann bei Birkenblüte in den Park, fahrradfahren, mit Kind auf den Spielplatz, etc.
Wenn ich merke, dass die Belastung zu groß wird (Herzrasen, laufende Nase und tränende Augen trotz Medikation, Erkältungsgefühl), dann helfen mir am besten 1-2- Stunden Ruhe.
Ich hoffe, dass ich vielleicht dem einen oder anderen mit meinen Informationen und Erfahrungen helfen konnte, seine Allergie besser in den Griff zu bekommen. Denn dieser Mist hat so eine große Wirkung auf die Lebensqualität.