Selbstoptimierung - Ein Segen oder Fluch?

Nein, nicht jeden Tag, zwei mal in der Woche gehe ich zu Edeka essen.

Aber ich sitze mir halt nicht den Hintern im Auto platt, ich gehe zu Fuß. Fast täglich den Berg runter und wieder rauf. Und fahre Fahrrad, 30 Jahre lang bei jedem wetter zur Arbeit und zurück. Das ist kein Sport, das ist einfach Bewegung an der frischen Luft.
Und dazu brauche ich keinen elektronischen Firlefanz. Das ist nur Geldmacherei und mein Geld gebe ich dann lieber für Schnitzel und Döner aus.

Es soll auch jeder nach seiner Fasson glücklich werden.
Aber der Ausgangsthread befasst sich nun mal mit denen, die etwas für sich tun.
Und eben jenes, wenn es Sport und gesunde Ernährung bedeutet, wird gerne mal von denen als übertrieben abgetan, die es selbst aus rein gesundheitlichen Gründen nötig hätten, ein bisschen was für sich zu tun.
Wer "Körner frisst" und das als erstrebenswert hält - meinetwegen, solange ich nicht mitmachen muss. Wer es toll findet, täglich ins Fitnesstudio zu gehen, vor dem ziehe ich den Hut, meine Disziplin reicht für 3x maximal.
Erst wenn Menschen dies zwanghaft tun ohne Freude dabei, dann läuft was verkehrt. Aber das zu beurteilen, können die wenigsten Außenstehenden. Daher sollte man sich Wertungen diesbezüglich einfach sparen

Natürlich darf jeder sein Geld ins Fitness-Studio tragen, wenn er das möchte.
Man kann sich aber auch kostenlos fit halten, wenn man das möchte.

Es fängt doch schon damit an, dass sich viele Leute täglich auf die Waage stellen und viele von denen kriegen dann täglich eine mittlere Krise.
Ich besitze keine Waage. Was interessiert mich mein Gewicht? Ich sehe doch im Spiegel, ob ich dick oder dünn bin.

...ich oute mich auch als täglich "Auf-die-Waage-Steller".... Ich habe festgestellt, dass ich mich innerhalb
einer bestimmten Bandbreite am wohlsten fühle und wenn ich dann knapp an der Obergrenze bin, überlege ich mir schon, ob die Tafel Schokolade unbedingt noch gegessen werden muss....

Das heißt, du fühlst dich erst dann unwohl, wenn du eine bestimmte Zahl siehst?

Ich kann mein Gewicht auch ohne Waage ablesen... an dem Gefühl beim Schuh anziehen
da weiß ich ob das Gewicht zur 100 oder zur 110 tendiert...

Nimms mir nich übel Tatjana, aber für manche Dinge muss man etwas mehr tun als viel zu Fuß unterwegs sein. Grade für den Fettabbau/Muskelaufbau ist die erhöhte Beanspruchung von Muskeln wichtig. Wem das eh egal ist, der muss sich nicht damit beschäftigen. Aber diejenigen, die da eben andere Vorstellungen haben, müssten sich das Equipment dann eben zuhause hinstellen- oder sie gehen eben ins Studio. Ich mag z.b. diese entspannte Atmosphäre dort und die Auswahl. Das muss ja keiner nachvollziehen können, der anders denkt. Aber er muss es dann auch nicht mit spöttischen Worten abtun.

Die Waage ist allerdings der größte Lügner. Der Zahl wird leider die falsche Wichtigkeit beigemessen

Wohl wahr
Der Zahl wird tatsächlich die falsche Wichtigkeit zugeordnet. Da Muskeln mehr wiegen als Fett.
Wichtiger is die Silouhette und der Umfang.
Zumal das Gewicht immer schwankt. Vor allem bei uns Frauen.
Hormone. Die Tage. Wasser usw.

Ich sag ja, wer ins Fitness-Studio geht oder Sport treibt, weil es ihm Spaß macht, soll das gerne tun.

Aber hier in diesem Thread geht es auch darum, ab wann diese "Selbstoptimierung" krankhaft und damit schädlich wird.

Wie viele Leute gibt es, die nur ins Fitness-Studio gehen, weil die Waage irgendwas anzeigt, was von der Zahl abweicht, die sie als "Ideal-Gewicht" in der Zeitung gelesen haben?
Wie viele Leute quälen sich im Fitness-Studio oder beim Sport, obwohl sie gar keine Freude dabei empfinden?
Es ist allgemein bekannt, dass es sehr viele dieser Leute gibt.
Denn heutzutage wird ein Schönheitsideal vorgegeben, dem leider viele Menschen nacheifern.
Und deshalb rennen viele Leute ins Fitness-Studio und zum Sport und nicht weil es ihnen Spaß macht. Sondern aus gesellschaftlichem Zwang.
Natürlich wird das kaum einer zugeben, aber man muss sich nur die verbissenen, gequälten Gesichter mancher Jogger angucken.

Ich interessiere mich nicht für Kalorien, ich kenne mein Gewicht nicht und erst recht nicht diesen komischen Index, der jetzt so modern ist.
Aber ich bin kerngesund und ich fühle mich wohl.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wenn man sich ständig mit der Waage und dem Body-Index-Dings beschäftigt und ständig liest, was alles so ungesund ist, dass man dann erst Probleme kriegt, die man dann wieder beseitigen muss.

Wenn ich herzhaft in den großen Döner (ich esse nur große Döner) beiße und mir dabei denke: Lasst die Körner den Vögeln), dann geht es mir richtig gut. Und so werde ich 100 Jahre alt, da bin ich mir fast sicher.

...ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich ab einem bestimmten Gewicht mich nicht mehr wirklich wohlfühle.
Also warum sollte ich erst dann, wenn dieser Fall eintritt Maßnahmen ergreifen, wenn ich weiß, dass ich
es bis zu einer gewissen Gewicht verhindern kann, indem ich dafür sorge, dass es nicht überstiegen wird?

Ich habe beschrieben, wie ich den Begriff "Selbstoptimierung" verstehe. Da geht es nicht um gesundheitsschädliches Übergewicht. Da geht es um das Muskelchen da und das Pölsterchen hier und darum, dass man nie "zufrieden" sein kann mit einem einigermaßen gesunden, aber eben nicht perfekt aussehenden Körper.

Und im Grunde ist es mir egal, was andere Leute mit ihrem Körper machen - solange sie mir nicht einreden, welche Anstrengungen ich unternehmen soll, um so zu sein, wie Heidi mich haben will.

Ach ja, ich habe in den letzten 5 Jahren 20 kg abgenommen, aber "perfekt" bin ich noch lange nicht.

Interessiert mich aber auch nicht.

Ach ja, wenn eine normale 11jährige mit dem schlanken bis mageren Kinderkörper mir sagt, sie sei zu dick ... dann kriege ich so meine Zweifel am Vorbild der Medien oder der sich selbst optimierenden Mutter (die war es in dem Fall, den ich wirklich erlebt habe).

Ja, für Mädchen ist es echt nicht leicht ein gesundes normales Selbstbild zu entwickeln.

...das wünsche ich Dir.... Bis zu meinem 72. Geburtstag war ich auch nie wirklich krank, außer der obligatorischen Grippe, auf die ja schließlich jeder Anspruch hat. Ein Arzt aus meinem Bekanntenkreis meinte einmal zu mir, dass es seine Praxis schließen könne, gäbe es nur Menschen wie mich. Dann lag ich plötzlich aus heiterem Himmel für eine paar Tage auf der Intensivstation. Seither gehe ich mit meinem Körper doch etwas bewusster um. Ich verzichte auf nichts, aber dennoch in Massen und die tägliche Gewichts- und Blutdruckkontrolle gehören einfach dazu....

Man kann auch aus lauter Angst vor Krankheit und Tod (die uns jeden irgendwann treffen werden) auf jegliche Lebensfreude verzichten.

Leute, die ständig fasten und Sport treiben, leben nicht länger, es kommt ihnen nur länger vor ...

Aber ganz im Ernst: diese Angst vor dem Ende, die steckt für mich auch hinter so manchen "Selbstoptimierern" und man möchte ihnen sagen, dass sie es ruhig mal ein bisschen locker sehen sollten...(das meine ich so allgemein, nicht auf jemanden hier im Thread bezogen).

Viele meinen ja, es gehe darum, abzunehmen und dass ein Gewichtsverlust automatisch gesund ist. Viel mehr geht es aber eigentlich nicht ums Gewicht, sondern um eine gesunde Ernährung. Und die ist weder langweilig, noch muss man dabei leiden. Mit dem Fasten gebe ich dir also recht.

Es ist aber tatsächlich gesund, Sport zu machen. In vielerlei Hinsicht. Da erscheint mir aber wichtig, dass man was tut, das Spass macht.

Warum muss es denn ausgerechnet "Sport" sein? Sport ist doch immer an mögliche Höchstleistungen gekoppelt.

Es ist genauso gesund, wenn nicht sogar gesünder, wenn ich täglich größere Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad an der frischen Luft zurück lege, ohne eine bestimmte Geschwindigkeit zu erzielen.
Da ist der Weg das Ziel und nicht wie beim Sport, das Ziel der Weg.

Ich glaube, dass Selbst- optimierung einen krank machen kann. Wenn man sich selbst unter Druck setzt, "optimal" zu sein, dann ist auf lange Sicht Frust und Stress vorprogrammiert.
Allerdings denke ich, dass ein wenig Bewusstsein und Fürsorge der Gesundheit und des Körpers durchaus gut ist.
Es sollte ausgewogen sein und jeder hat vermutlich ein anderes Maß dafür, wie es einem gut tut.

Aber das ist doch Sport?


Ich gehe drei Mal die Woche bouldern, weil es Spass macht und mir gut tut. Ich verfolge damit nur das Ziel, fit zu sein.

Natürlich ist damit auch eine kontinuierliche Optimierung verbunden. Aber das ist Teil des Spasses. Halt zu beobachten, wie die Muskeln wachsen und wie ich Dinge schaffe, die ich vorher nie geschafft habe.

Sport kann (!) mehr, als Bewegung. Gezielt durchgeführt, kann er z. B. die Tiefenmuskulatur an der Wirbelsäule stärken, wie man es mit einem Fußmarsch zu Edeka nicht hinbekommt. Du spürst den Unterschied, wenn Du bei Edeka zusätzlich zum Schnitzel eine volle Bierkiste mühelos wuchtest.
Auch der Beckenboden kann gezielter trainiert werden, als mit Fahrradfahren. Und die Wirkung ist phänomenal.

In der Ernährung muss man keine abstrusen Diäten machen. Aber die Wirkungen bestimmter Inhaltsstoffe sollte man schon kennen, wenn man gesund alt werden will.
Und wir Älteren dürfen uns nichts vormachen: Der Umfang und Grad der Veränderung natürlicher Lebensmittel hat exponentiell zugenommen, die Langzeitwirkungen kommen erst noch.

Von maßvollem Essen unververänderter Lebensmittel wird niemand dick oder krank. Und dennoch ist es halt nicht immer intuitiv durchschaubar, was "eher gut" wirkt und was Probleme bereiten kann. Dass z. B. Butter gesünder sein kann als Magerine, ein Glas Wein täglich förderlicher, als eine Flasche frisch gepresster Apfelsaft. Oder dass ein "urdeutsches Restaurant" vielleicht schwermetallbelasteten chinesischen Spargel mit industriell (mit Öl) gefertigter "Sauce Hollondaise" und hormonbelasteter Forelle aus asiatischer Aquakultur anbietet.

Optimierung bedeutet für mich in diesem Fall: genau hingucken, gesund nachdenken, klug wählen und dann selektiv schwelgen.

Selbstoptimierung ist in meiner Welt eigentlich nur die Bestrebung das beste aus seinem Körper zu machen. Ich verbinde damit jetzt nicht so tiefgreifende Veränderungen wie z.b. Brustvergrößerung, Lippenaufspritzen sondern Sport, typgerechtes Outfit, Frisur und Make-up.

G/w

Optimierung klingt nach "ich hol alles raus was möglich ist" und nicht nach zufriedener Gelassenheit.