Warum immer "dagegen"?
ich muss gestehen, was mich an dieser ganzen Diskussion um die vom Staat und diversen Interessensverbänden angestrebten schlichtweg stört, dass - sobald eine Initiative ergriffen wird - sofort das Geschrei losging "Also, das geht aber gar nicht! das ist ja Internetzensur und Willkür und überhaupt!" sowie "So kriegt der Staat das Problem Kinderpornographie ja überhaupt nicht in den Griff!".
Ich halte es für die bequemste Art und Weise mal schnell aufzuschreien und zu lamentieren, dass das gar nicht geht, ohne zum einen zu berücksichtigen, dass ...
1.) ...der Staat durchaus auch in der Vergangenheit gegen Kinderpornographie massiv zu Gange ist
2.) ...einfach nur zu sagen "so gehts nicht" ohne sinnvollen und besser durchdachten Alternativvorschlag zu machen die größte Form der Polemik ist (und damit der Vorwurf gegenüber der Politik, sich polemisch zu verhalten, locker getoppt wird)
3.) ...nun mal gesetzgeberseitig Ordnung herstellen nur über Einschränkungen für die Allgemeinheit oder Teile der Allgemeinheit geht.
Zu 1.)
Die Kriminalämter verfügen bereits heute in allen Bundesländern über entsprechende Sonderabteilungen, die nichts anderes machen, als Produzenten, Vertreiber und Nutzer von Kinderpornographie aufzuspüren und dingfest zu machen. Mittlerweile vergeht kaum ein Monat ohne die Meldung, dass ein solcher Kinderpornoring aufgedeckt wurde. Da die Verurteilung der beteiligten Personen jedoch nicht in großen Schauprozessen alle auf einmal passiert - dies lässt der Föderalismus unseres Rechtssystems nicht zu - gerät über die Verurteilung nur selten was in die Presse. Das heißt aber nicht, dass da nicht rigoros gegen diese Kinderschänder (und für mich ist der Download von entsprechenden Bildern und Clips nichts anderes, als eine anonymere Form von Kinderschändung seitens der Nutzer) und die Drahtzieher dahinter vorgegangen würde.
Allerdings sollten sich alle darüber klar sein, dass es nun mal aufgrund der Eigenheiten des www und der Tatsache, dass viele dieser einschlägigen Seiten von irgendwelchen kleinen Inselstaaten aus, von denen viele noch nicht einmals wußten, dass diese tatsächlich ein souveräner Staat sind, durch die Betreiber der Seiten eingestellt und gepflegt sind. Und dagegen z.B. aus Deutschland rechtlich vorzugehen, ist dummerweise nicht möglich. Zudem ist die Arbeit der Polizei so was wie das Hase-und-Igel Prinzip: Der Igel ist überall schneller als der Hase... und so schnell, wie solche Seiten ihren Namen und ihre Adressen wechseln, können die Ermittler egal unter welchen personellen und finanziellen Rahmenbedingungen gar nicht reagieren.
zu 2.)
Mir kommt es hier bei solchen Diskussionen manches mal wie im Wirtshaus vor. Es wird laut und ziemlich unfundiert Statements in die Runde reingeworfen und polemische Alternativvorschläge gemacht, die - würde man sie mal nur ein wenig hinterfragen - sich schnell als billige Seifenblase entpuppen.
Natürlich klingt der Vorschlag, z.B. finanziell stärker in Anlaufstellen für Pädophile zu investieren. Nur mal ehrlich: Welcher Pädophile sieht sich erstens als Pädophiler und zweitens hat überhaupt Lust, seine Sucht (und nichts anderes ist es) offen zu legen und würde wirklich da hin gehen??? Wieviel Raucher, wieviel Trinker, wieviel Borderliner, wieviel Magersüchtige, wieviel Drogenabhängige, wieviel Fettsüchtige, wieviel Medikamentensüchtige nutzen die jetzt schon existierenden öffentlichen oder privaten Beratungsstellen für ihr Problem, um sich von sich aus helfen zu lassen? Wenn man nur den gleichen Prozentsatz bei den Pädophilen annimmt, dann laufen weit mehr als 97% der Pädophilen weiterhin herum und treiben ihr Unwesen und sorgen dafür, dass diese Seiten bestehen bleiben.
Um nicht mißverstanden zu werden: Ich halte solche Anlaufstellen für mehr als sinnvoll und die Arbeit und die Quantität dieser Stellen ist sicherlich noch zu schlecht, aber das alleine kann es doch nicht sein, um das Grundproblem in den Griff zu bekommen???
So wie es sinnvoll ist, Drogen aus dem Verkehr zu ziehen oder Alkohol nicht mehr an Minderjährige ausschenken zu lassen um die Gefährdeten nicht mehr in Versuchung zu führen, so ist es sinnvoll, die Pädophilenseiten aus dem Verkehr zu ziehen. Ich wüßte nicht, was da anders sein sollte - ausser, dass es nun mal Seiten im Internet betrifft.
3.) Unsere in großen Teilen nichtwählende Bevölkerung - von denen die meisten ihr Nicht-Wählen damit begründen, dass sie ja eh nix ausrichten können (ja wie bescheuert ist das denn???) - ist ziemlich gut darin, alles was für sie persönlich zur Einschränkung werden könnte, grundsätzlich abzulehnen. Der Schrei nach Intervention des Staates ("Dafür isser ja schließlich da!") ist immer nur so laut, wie man selbst davon bloß nicht betroffen wird. Sind andere die Leidtragenden, dann solls mir doch wurschd sein, aber wehe, meine persönliche Freiheit wird eingeschränkt. Das erinnert mich verdächtig an die aktuellen Diskussionen über das Nichtrauchergesetz in Bayern. Und die Argumentation, dass diese Art von Internetzensur eine Einschränkung für alle Menschen hier in der Republik sein könnte (es geht ja nicht um die Einschränkung an sich, sondern um das, was der Staat da möglicherweise noch alles tun könnte - eh schon ne ziemlich skurile Argumentation), verstehe ich zwar, aber ich bin z.B. gerne bereit, diese Einschränkung in Kauf zu nehmen, um ein viel viel größeres Übel an den unschuldigsten und wehrlosesten menschlichen Geschöpfen auf Erden zukünftig besser in den Griff zu bekommen. Und dass man mit der getroffenen vereinbarung wesentlich schneller solche Seiten aus dem Verkehr ziehen kann als bisher, ist absolut unbestritten.
Auch ich bin ein Freund des Datenschutzes und der einer möglichst großen uneingeschränktheit meiner persönlichen Freiheit. Eine Diskussion über Pro und Contra gewisser Vorschläge ist sinnvoll - allerdings sollte sie mit Hirn, Verstand und möglichst ohne Polemik geführt werden, um wirklich effektiv und nutzenbringend zu sein (und da schließe ich keine Seite davon aus - erst recht nicht die Politik). Aber ein unfiltriert in eine Richtung polemisieren ist genau so verwerflich, wie ein Nein-Sagen in allen Dingen, die mir zum Nachteil gereichen könnten. Gehts um die Kohle, so ist der Schrei nach der Verantwortung des Staates für Alle gleich da und der schwarze Peter wird vollkommen unfiltriert einer Randgruppe (z.B. den Besserverdienenden) zugeschoben - das ist okay, wenn die künftig Einschränkungen zu erdulden haben, denn mir soll es besser gehen. Umgekehrt aber ist niemand bereit, Einschränkungen für einen Teil der Allgemeinheit hinzunehmen. Seltsame Vorstellung von Gerechtigkeit und Auftrag des Staates.
Ufff - ich habe fertig