@*********dy_X
Es dürfte eher die Ausnahme sein, das im Rentenalter eine
Fernbeziehung aus beruflichen Gründen den Alltag bestimmt.
Das mögt Ihr so sehen, aber berufliche Gründe sind in unserem Fall nur e i n Aspekt unter mehreren. Ich war zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens aus beruflichen Gründen ortsgebunden, er nicht, und eine Weile stand im Raum, dass er sich in meine Richtung verändern würde - allerdings dachten wir immer an eine Lösung mit genügend Raum, sei es innerhalb eines Einfamilienhauses, oder zwei Wohnungen in einem Wohnkomplex oder in naher Nähe voneinander. Ein Zusammenleben auf engem Raum , etwa in einer Drei-Zimmer-Wohnung üblichen Zuschnitts, stand nie zur Debatte.
De facto bin ich z.B., nachdem ich aus dem aktiven Berufsleben ausschied, umgezogen, und natürlich war das, erneut, ein Zeitpunkt, wo wir überlegten, nun zusammenzuziehen. Im Ergebnis kamen wir dazu, dass wir das nicht wollten, weil in unserem Fall mehr und bessere Gründe dagegen als dafür sprachen und wir beide mit der bestehenden Situation nach wie vor glücklich waren. So habe ich mich aus einem 300qm-Haus im Grünen in eine 100qm-Etagenwohnung in der Stadt verkleinert, die für den neuen Lebensabschnitt perfekt ist, da altersgerecht mit Aufzug und Hausmeisterservice, ruhig und dennoch zentral gelegen, gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden und allen Versorgungseinrichtungen und Einkaufsläden in fußläufiger Umgebung. Da ich einst meine eigenen Eltern im Alter betreut habe, habe ich sehr genau erfahren, wie sehr solche guten infrastrukturellen Bedingungen die Lebensqualität besonders im Alter mitbestimmen und ein möglichst lange selbstbestimmtes Leben begünstigen. Außerdem bin ich hier sozial perfekt vernetzt und genieße als bekennende Intellektuelle sehr aktiv den unkomplizierten Zugang und die Teilhabe an den unterschiedlichsten kulturellen Aktivitäten, die eine lebendige Universitätsstadt zu bieten hat. Ich möchte heute auch kein Haus mitsamt Garten mehr bewirtschaften und in Ordnung halten müssen, die altersgemäß nachlassenden körperlichen Kräfte setze ich heute lieber gezielt und bewusst für andere Aufgaben und Betätigungen ein, die mein Leben in anderer Art und Weise bereichern. Alles im Leben hat seine Zeit.
Mein Partner BFlat dagegen liebt es, sich rund ums Haus zu betätigen, und möchte es möglichst auch gerne an seinen Sohn als Erbe weiterreichen.
Eure Frage:
... wie war deine Einstellung in deinem früheren Lebensabschnitt, in dem evtl.
die Familienplanung noch eine Rolle spielte.
kann ich nur in der Rückschau beantworten, und muss dazu erneut ein wenig ausholen, weil es eben keine allgemeine Richtschnur geben kann, sondern ich nur das dazu sagen kann, was sich konkret in meinem Leben abgespielt und meine persönlichen situativen Entscheidungen herbeigeführt hat.
Grundsätzlich vertrete ich die Auffassung, dass Kinder ein Recht auf die jeweils optimalsten Bedingungen haben, um großgezogen zu werden und möglichst gut auf die positive und erfolgreiche Bewältigung ihres individuellen Lebensvollzugs in der Gesellschaft vorbereitet zu sein. Dazu gehören für mich stabile Umgebungsbedingungen und Bezugspersonen und idealer Weise möglichst beide Eltern. Deshalb hätte ich, wenn ich Kinder gehabt hätte, ihnen gerne diese Bedingungen ermöglicht. Idealer Weise im Rahmen einer harmonischen Partner- und Familienbeziehung, wo zumindest die Kleinfamilie unter einem Dach zusammenlebt. Denkbar wäre für mich aber auch damals bereits eine Konstellation gewesen, wo ein Partner und ich zwei Wohnungen nebeneinander oder sehr nahe beieinander bewohnt hätten, um möglichst unkompliziert gemeinsam(!) die Versorgung und Erziehung der Kinder gewährleisten zu können. Eine Fernbeziehung dagegen eher nicht, weil dann notwendiger Weise derjenige, bei dem die Kinder leben und aufwachsen, deutlich mehr gefordert und belastet ist als der andere Partner.
Da ich allerdings weder selbst Kinder geboren noch die eines Partners mit großgezogen
habe, kann ich an dieser Stelle nicht mehr dazu sagen. Mein Leben verlief in anderen Bahnen, diese Familienphase entfiel für mich. Allerdings musste ich mehrmals meinen ursprünglichen Lebensentwurf radikal über den Haufen werfen und vollkommen neu und anders als geplant gestalten, sowohl beruflich, als auch privat.
Als hilfreich erwiesen sich dabei mehrere Lebensführungsprinzipien, die ich teils vom Elternhaus, teils danach, im Verlauf des Studiums, mitbekam oder mir aneignete, und die meine Einstellung in Bezug auf zusammen oder getrennt Wohnen stark geprägt haben.
Im Elternhaus ganz wichtig: die Erfahrung meiner Mutter, die einst sehr gerne Ärztin geworden wäre und auch das Zeug dazu gehabt hätte, aber mit der mittleren Reife die Schule verlassen musste, da ihr Vater ihre Hilfe im elterlichen Geschäft benötigte und sie ja "eh heiraten" würde. Dies tat sie dann auch und meine Eltern führten eine gute und wohl auch insgesamt glückliche Ehe, die nicht zuletzt auch deshalb materiell sehr gut gestellt war, weil sie eine sehr beachtliche Mitgift und Ausstattung in die Ehe brachte - Vermögen, das ihr andererseits locker ein eigenes Studium hätte finanzieren können, wenn, ja wenn sie ein Mann und die Verhältnisse anders gewesen wären. Natürlich hatte sie all die Jahre zwischen Schule und Heirat und später nach dem Tod ihres Vaters unentgeltlich in der Firma mitgearbeitet, und ohne dass für sie Sozialabgaben bezahlt worden wären. So war das damals häufig mit den sogenannten "mithelfenden Familienangehörigen". Sie bezog zwar nach dem Tod meines Vaters eine sogenannte "große Witwenrente", aber es hat sie lebenslänglich geschmerzt, und sie empfand es als empörende Ungerechtigkeit, dass sie aus ihrer eigenen Arbeitstätigkeit keine eigenen Rentenansprüche erworben hatte. Zusätzlich hatte sie erlebt, wie andere Frauen ihre Männer im Krieg verloren hatten, und wie schwer es war, dann als so genannte "Kriegerwitwe" ohne eigene solide Berufsausbildung sich und ihre Kinder durchs Leben zu bringen. Vor diesem Hintergrund schärfte sie ihren eigenen Töchtern ein, es sei wichtig, eine gute Ausbildung zu wählen und zu Ende zu bringen, und danach eine qualifizierte Berufstätigkeit auszuüben, um jederzeit selbständig und unabhängig von anderen, auch potenziellen Ehepartnern, seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten und eigene Rentenansprüche erwerben zu können, und das auch im Falle, dass die Ehe schief gehen oder der Ehepartner vorzeitig sterben würde. Das hat dann auch bei ihren beiden Töchtern gut funktioniert.
Der andere wichtige Einfluss auf meine Einstellung stammt aus meiner Alt-achtundsechziger-Studienzeit und der damals beginnenden neuen Frauenbewegung, die sich für einen gleichberechtigten Umgang mit und zwischen Frauen und Männern nicht nur in Bildung und Beruf, sondern auch auf privatem Gebiet d.h. gerechte Arbeits- und Verantwortungsteilung in Haushalts- , Kinder- und Familienpflege einsetzte. Zusätzlich erweiterte Simone de Beauvoir diese Ziele um das der vollständigen ökonomisch-materiellen Unabhängigkeit auch in Liebespartnerschaften, weil nur dann auch emotionale und geistige Freiheit und Gleichberechtigung gleichermaßen für beide Geschlechter gegeben sei.
Diese Betrachtungsweise machte ich mir ebenfalls früh zu eigen und orientierte meine eigenen Lebensziele an diesen Idealvorstellungen. Das heißt, ich habe mich nach einem soliden Schul- und Hochschulabschluss immer durch meine eigenen Arbeit komplett selbst unterhalten und an eine Partnerschaft immer den Anspruch gestellt, dass dies von meinem Partner ebenso gehandhabt wird und auch auf der privaten Schiene Verantwortungen und Zuständigkeiten klar und gleichberechtigt verhandelt und geregelt werden.
Männer, die sich mit dieser Einstellung und der sich daraus ergebenden Konsequenz im Alltag nicht anfreunden konnten oder wollten, kamen so auch nicht wirklich als Partner auf gleicher Augenhöhe in jeder Hinsicht ernsthaft in Frage. Und es ist erstaunlich, wie oft potenzielle Anwärter gerne in Kauf nehmen wollten, dass ich mein eigenes Geld verdienen und ihnen nicht "auf der Tasche liegen" würde, aber gleichzeitig tausend Gründe fanden, weshalb sie ihrer Meinung nach ihren Teil zur Haushalts-, Wäsche- und Familienpflege nicht im geforderten Maß beitragen könnten. Was dann regelmäßig dazu führte, dass ich auf getrennten Wohnungen bestand, weil damit dann diese ganzen unsäglichen Auseinandersetzungen entfielen und ausgelagert waren.
Erst mit meinem jetzigen Partner was das grundlegend anders. Ihm ist die gleiche Augenhöhe ebenso ein zentrales Anliegen wie mir und er achtet von sich aus darauf, dass ich nicht "heimlich" mehr investiere als er selbst. Er fand diese gleichberechtigte und -gewichtige Art der Arbeitsteilung vollkommen normal und stellte sie von vorneherein nie in Frage. Sicher ist dabei hilfreich, dass wir beide in etwa vergleichbaren materiellen Verhältnissen leben, d.h. keiner ist finanziell auf den anderen angewiesen, um über die Runden zu kommen. Natürlich unterstützen wir uns gegenseitig vor Ort und legen persönlich jeweils mit Hand an bei außerordentlichen Projekten wie z.B. einem Umzug, oder kleineren Reparaturen oder während eines Klinikaufenthaltes etc., aber schon von Anfang an war ohne Diskussionen klar, dass im Prinzip jeder für seinen eigenen Haushalt zuständig ist und wir uns beide, wenn wir bei ihm sind, nach seiner Routine richten, und wenn wir bei mir sind, nach meiner. Das geht bis zur unterschiedlichen Einräumtechnik der Spülmaschine und funktioniert reibungslos für uns beide nach wie vor gut, und wenn der andere nicht da ist, hat jeder ausreichend Möglichkeiten, seinen eigenen Marotten nachzugeben und die Dinge zu tun, die uns gemeinsam keinen Spaß machen oder die Menschen zu treffen, mit denen der andere nichts anfangen kann. Familienfeiern absolvieren wir gemeinsam, werden auch gemeinsam eingeladen, und beide sind wir in den jeweiligen Freundeskreisen gerne aufgenommen worden und pflegen die Kontakte sowohl alleine als auch zu zweit, wie es eben gerade kommt und möglich ist angesichts des Umstandes, dass BFlat häufig beruflich bedingt, teilweise auch international, und oft relativ spontan und ohne Vorlauf, sozusagen "im Feuerwehreinsatz", unterwegs und von zu Hause abwesend ist, was schon mal auch mehrere Wochen oder Monate am Stück der Fall sein kann. Das ist Teil seines Lebens und gehört zu ihm. Und unter anderem deshalb ist es für uns beide zu diesem Zeitpunkt unseres Lebens genau passend und für uns beide befriedigend, unsere Wohnsituation so zu gestalten, wie wir es tun, und getrennt zu wohnen.
Schließlich sind wir beide ja schon groß.
Unserer Liebe tut das jedenfalls keinen Abbruch. Wir fühlen uns nach wie vor unendlich bereichert durch den Anderen und sehen keinen Grund zu jammern. Oder zusammen zu ziehen.