Jetzt zu meinen Fragen: Was unternehmt ihr so mit Bekannten, um sie besser kennenzulernen? Und wo fängt die Freundschaft für euch an?
Der Ausgangspunkt ist für mich immer ein Gespräch. In Deinem Fall kennt Ihr Euch ja bereits, wenn auch offenbar sehr oberflächlich. Also würde ich die nächste Gelegenheit , bei der ihr euch trefft, benutzen, um ein Gespräch mit dem Mann der Freundin anzufangen, unverfänglich ist immer, wo der letzte Urlaub war, was dort interessant gefunden wurde, ob die Aktivität, die im Urlaub verfolgt wurde, auch im Alltag betrieben wird, was daran interessant gefunden wird etc. Ich merke dann sehr schnell, ob und wo es Anknüpfungspunkte gibt, die mich ebenfalls interessieren. Und daraus lässt sich dann entwickeln, ob der/die andere nicht Lust hätte, darüber mal ausführlicher zu erzählen (konkreten Ort und Zeit vereinbaren), oder sich demnächst gemeinsam zu treffen und das gemeinsam zu machen (Tennis spielen, Hund ausführen, joggen, ins Kino, zum Konzert, zum Vortrag über..., zum Fußball gehen, die Ausstellung über... besuchen - was auch immer) - wichtig ist auf jeden Fall eine konkrete Absprache, was und wo bzw. wer anruft und welche Tage partout nicht in Frage kommen. Ich sehe zu, dass ich die Anrufende bin, dann kann ich es besser so steuern, wie es mir in den Kram passt. Bekomme ich dann eine Absage, weil mein vorgeschlagener Termin oder die Aktivität nicht passt, probiere ich es noch einmal zu einem anderen Zeitpunkt . Wenn auch der zweite Termin abgelehnt wird, war es das und das gegenseitige Interesse ist einfach nicht in gleichem Maß vorhanden, warum auch immer.
Aber wenn es zum Treffen kommt, dann ist das eine weitere Gelegenheit, herauszufinden, ob man sich miteinander wohl fühlt, ob man auch über andere Themen tiefer ins Gespräch kommt, ohne sich zu langweilen, und das ist ja das Ziel. Ist beiderseitig ein Interesse vorhanden, dann wird es nicht bei diesem einen Treffen bleiben weil Beide Gelegenheiten finden und wahrnehmen werden, diese Bekanntschaft fortzusetzen.
Ob und ab wann daraus eine Freundschaft wird, ist unterschiedlich und nur sehr individuell zu bestimmen. Es gibt Menschen, die grundsätzlich sehr zurückhaltend sind und sich z. B. auch nach Jahren immer noch Siezen, obwohl sie seit Jahren jede Woche einmal Schach miteinander spielen, dennoch hat sich auf eine ganz bestimmte Art eine Nähe und eine Vertrautheit entwickelt, die freundschaftlich ist, und wenn der eine plötzlich etwa verunglücken würde und Hilfe bräuchte, wäre es für den anderen selbstverständlich, sich zur Unterstützung anzubieten und etwa die Einkäufe zu erledigen oder andere Dinge zu organisieren....
Ich pflege jedenfalls sehr unterschiedliche Freundschaften zu ganz unterschiedlichen Menschen, die ich aus unterschiedlichen Zusammenhängen und unterschiedlichen Zeiten in meinem Leben kenne, und die auch ihre ganz unterschiedlichen Rhythmen und Rituale entwickelt haben über die Zeit, genau so wie die Zeitabstände, in denen man sich trifft oder telefoniert oder "skypet" oder schreibt, sehr unterschiedlich sein können. Jede ist mir wertvoll und ich pflege sie im Rahmen meiner Möglichkeiten sehr bewusst. Ein Pauschalrezept für "Freundschaft" gibt es meines Erachtens nicht, außer vielleicht der Voraussetzung, dass beide Beteiligte sich in der je zwischenmenschlichen Begegnung authentisch fühlen und verhalten und Ausreden, vorsätzliche Lügen und unzutreffende Gefühlsäußerungen keinen Platz in der Kommunikation haben.