Das Thema ist wirklich spannend, aber auch sehr komplex. Es ist kaum möglich in einem Beitrag, dieser Komplexität gerecht zu werden. Es wurde in knapp zwei Wochen auch schon echt viel dazu geschrieben, ich habe nicht alles gelesen, hoffe, dass ich nicht bereits Geschriebenes wiederhole.
Ich möchte mal mit
Geschlecht anfangen und dabei auf die Genderforschung verweisen. Viele sind bei dem Thema schnell genervt, da es mit vielen liebgewonnenen Gewohnheiten aufräumt, siehe genderneutrale bzw. -sensible Sprache.
In der deutschen Sprache sind wir leider etwas beschränkt, da
Geschlecht eigentlich alles vermengt, daher bedienen wir uns aus dem Englischen, da wird sinnvollerweise zwischen
sex und
gender unterschieden.
Sex meint dabei die biologischen Geschlechtsmerkmale, die wir von Geburt an besitzen oder auch im Nachhinein operativ verändern (Transexuelle). Meistens entspricht das unserer typischen Aufteilung von männlich und weiblich, aber auch hier gibt es "Mischformen".
Gender meint das
sozial konstruierte Geschlecht, also Eigenschaften, die wir gerne als maskulin oder feminin aufteilen. Ein "Mann" hat eben solche und solche Eigenschaften, während "Frauen" andere Eigenschaften besitzen, das kennen wir alle und haben es hier auch schon gelesen. Dabei werden gerne männlich und maskulin sowie weiblich und feminin verwechselt. Das liegt daran, dass wir oft noch glauben, ein "Mann" (sex; also Penisträger) ist nur ein "richtiger Mann", wenn er "männlich" ist, dabei meinen wir maskulin, denn den Penis können wir ihm nicht absprechen, nur weil er vermeintlich feminine Eigenschaften besitzt.
Studien verdeutlichen aber, dass Gender nicht in zwei Pole unterteilt werden kann, es entspricht eher einem Kontinuum. Eigenschaften wie Stärke, Dominanz, Durchsetzungsvermögen, Kommunikation, Empathie, Fürsorge usw. lassen sich nicht dem biologischen Geschlecht zuordnen, auch wenn wir es seit jeher getan haben. Wir alle haben eine unterschiedliche Ausprägung und Mischung aus sämtlichen Eigenschaften, zum Problem wird es erst, wenn es nicht der Rollenerwartung entspricht. Sozial konstruiert.
Warum treffen diese Dinge dann aber so oft zu? Stichwort: naturdevot. Ich möchte es an diesem Beispiel gerne versuchen zu erklären. Mit
naturdevot wird meines Erachtens etwas beschrieben, was tatsächlich zu beobachten ist, allerdings ist es eine komplett falsche Bezeichnung. Es legt wieder nahe, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts devot sind, was Quatsch ist. Dass es trotzdem so oft zutrifft, liegt an der
sozialen Erwünschtheit, der die meisten Menschen entsprechen wollen... auch wenn direkt darauf angesprochen, die meisten das dann wieder von sich weisen. Soziale Erwünschtheit prägt unsere Vorstellung und was wir als erstrebenswert betrachten. Zum Beispiel bin ich vom allgemeinen westlichen Schönheitsideal geprägt. Ist das problematisch? Ja. Aber so ganz aussuchen kann ich mir das nicht, aber ich sehe es selbst kritisch. Aber Attraktivität würde ich wohl wie die meisten hier definieren, es ist nicht unbedingt Size Zero, aber gewisse Proportionen sind es dann schon, was ja vor einigen hundert Jahren noch andere waren - wohl genährt gleich Wohlstand.
Die Auswirkungen von klassischen Rollenerwartungen spüren wir noch heute deutlich, Frauen werden immer noch diskriminiert, gerade auf dem Arbeitsmarkt, da es mal eine Männerdomäne war. Zum Glück ändert sich das langsam, leider zu langsam... aber immerhin. Denn die alte Vorstellung von Stärke (körperlich oder beruflicher Erfolg) ist ziemlich überholt, ein Kind allein zu erziehen (das betrifft zu über 90% Frauen) oder häuslich alles zu regeln (leider immer noch meist von Frauen) bedarf zweifellos enorme Disziplin und Stärke.
Immer mehr Menschen widersetzen sich dieser Schablonen und das ist gut! Denn es ermöglicht eine viel freiere Identitätsentwicklung. Insofern bin ich als dominanter Mann auch froh um dominante Frauen... wobei hier dann nochmal unterschieden werden muss, ob es eine grundsätzliche Charaktereigenschaft ist oder eine sexuelle Präferenz.
Ich habe das alles nebenbei geschrieben, bitte entschuldigt es, falls es nicht verständlich oder ganz sauber formuliert ist.
Liebe Grüße
Joe