Ich finde die Frage sehr spannend, weil auch ich nahezu immer ein Interesse für Frauen habe, sie als sexuelle Wesen wahrnehme und fast nie Männer – aber eben doch unter bestimmten, auch ganz unterschiedlichen Umständen. Z.B. stelle ich mir bei einer Wildniswanderung eher einen Mann vor, mit dem ich auch intim sein will, als eine Frau. Aber im Alltag nehme ich erotisch eigentlich nur Frauen wahr.
Und ich kenne auch diesen scharfen Reiz der männlichen Sexualität, und dass das dann danach kippt und mir nicht mehr gefällt (Phantasie und Realität). Aber ich habe keine (bewussten) Scheuklappen in der Richtung.
Insofern gibt es für mich ganz klar „ein bisschen bi“. Wie schon einige geschrieben haben, sind die Übergänge von Pol A zu Pol B fließend, alles dazwischen ist möglich, und wenn manche meinen, dass jedes Interesse am und jede Fantasie mit dem gleichen Geschlecht „bi“ ist, ok, aber das hilft halt gar nicht weiter. Begriffe sollten ja helfen, das Tatsächliche zu erfassen und nicht zu manipulieren, und ich sehe keinen Mehrwert darin, Differenzierungen auszuschließen.
Btw passt der Vergleich mit „ein bisschen schwanger“ sowas von gar nicht: Das eine ist ein biologischer Prozess, der einmal in Gang gesetzt, seinen Fortgang nimmt. Das andere beschreibt die Psyche, Gewichtungen von Wünschen und Begierden, und da gibt es jede Abstufung und jede Konstellation und vorwärts und rückwärts und seitwärts und was weiß ich. Ich wünsche mir daher lieber mehr Kategorien als weniger, z.B. heteroflexibel oder sonstwas was ich noch gar nicht kenne.
Wenn ich also in meinem Profil „bi“ wählen würde, wäre das für mich eher irreführend, denn ich liebe Frauen und denke manchmal an Sex / Begegnung mit Männern (Stand heute).