Ich finde es schade, dass ein so wichtiges Thema wie dieses nun zum Ärzte-Bashing verkommt.
„Ärzte sind nicht an Heilung interessiert, sondern daran, Geld an euch zu verdienen. Sie hätten keine Jobs mehr, wenn sie euch heilen würden (könnten).
Wie sagte ein Bekannter zu mir: Ärzte pflegen krank!
Es ist in Ordnung, dass das deine persönliche Meinung ist, die auf persönlicher schlechter Erfahrung ruht. Aber allen Betroffenen die Chance auf Behandlung, Therapie und Heilung zu nehmen, indem du solche Unwahrheiten verbreitest und das Vertrauen in die nimmst, die helfen können, finde ich sehr daneben.
„Jeder weiss, dass Medikamente nicht heilen, sondern Symptome unterdrücken. Das ist eine Tatsache, die dir sogar jeder Arzt bestätigen wird.
Ein Arzt, der solche Behauptungen tätigte, würde ernstliche Probleme mit seiner Approbation bekommen. Denn das ist keine wissenschaftliche Tatsache, wie du das per se behauptest.
Einige Medikamente wirken so, wie du es bescheibst. Andere helfen, ein Ungleichgewicht im Körper wieder auszugleichen. Der Körper ist kein perfektes Bauwerk, zu viel gerät zu leicht aus dem Takt, manches ist angeboren, manches erworben. Sei es die Hormonproduktion oder, wie häufig im Falle von Depressionen, ein Ungleichgewicht der Botenstoffe im Hirn. Das kann man in Ordnung bringen, auf vielerlei Wegen. Psychopharmaka sind ein Weg. Wenn du für dich sie als Therapiebegleitung ausschließt, ist das völlig in Ordnung. Andere akzeptieren deine Meinung, du akzeptierst die der anderen. Aber bitte verzichte bei der Darstellung deiner Überzeugung auf Unwahrheiten und Falschbehauptungen wie im Zitat hervorgehoben.
Ich selbst kenne Depressionen seit ich etwa 12/13 Jahre alt war. Mit circa 15 musste ich mich in Behandlung geben, da ich nun auch körperliche Symptome zeigte, mit Erreichen der Volljährigkeit war ich akut suizidal. Mit Hilfe mehrerer Therapien und ärztlicher Begleitung erkannte ich aber, dass die Depression nur die Spitze des Eisbergs und eine Folge eines viel größeren Komplexes war, den ich über die Jahre mühsam aufdröseln und lösen musste.
Die Depressionen bin ich losgeworden, den Rest nicht. Es ist per definitionem Teil meiner Persönlichkeit, und damit lebe ich. Ich habe mich gut damit arrangiert, anders zu sein. Aus den Steinen, die mir das Anderssein in den Weg legte, habe ich mir mein Schloss gebaut. Ich lebe ein glückliches Leben, habe viele meiner Ziele erreicht, bin stolz auf das was ich bin und geschafft habe.
Am schwierigsten empfand ich die Einsicht, dass ich tatsächlich krank bin und den Kampf gegen den schwarzen Hund nicht alleine gewinnen kann. Die Erkenntnis, Hilfe zu brauchen, war langwierig und schmerzhaft. Mindestens genauso schwer war aber der Weg, den ich allein gehen musste. Die Medikamente, die ich nahm, machten mich überhaupt erst gehfähig, die Therapeuten, denen ich mich anvertraute, zeigten mir, wo ich langgehen kann. Gehen aber musste ich selbst. Das ist einer der schwierigsten Schritte überhaupt in der Bewältigung von Depression, wie ich finde.
Mein Ex ist schon am ersten Schritt verzweifelt, die Einsicht zur Krankheit wollte oder konnte er nicht erlangen. Heute ist auch er über den Punkt hinweg, alles alleine schaffen zu wollen, hat sich Hilfe gesucht, zu sich selbst gefunden.