Bi-Sexualität: Sind Frauen offener als Männer?
Bi-Sexualität: Trauen sich Männer immer noch nicht?
Ich frage mich, wenn ich hier zB. auf Paare-Profile gehe, warum so viele Frauen "bi" stehen haben, aber Männer fast nie? Trauen sich Männer immer noch nicht? KAnn ja nicht sein, dass 80 % der Frauen "bi" oder "bi-interessiert" sind, aber Männer nie...
Was denkt ihr?
Ich habe jetzt nach einigen Statistiken im großen WWW gesucht und es bestätigt sich: Mehr Menschen (im Westen) identifizieren sich als bisexuell als vor 10 Jahren, der Anteil der Frauen ist dabei größer und diese sind die tragende Kraft hinter dem Anstieg. Es gibt auch die Annahme, das der Zugang zu romantischen Partnern ein Faktor für mögliche flexible Sexualität ist, sprich hat eine junge Frau keinen Zugang zu Männern, wendet sich diese eher einem gleichgeschlechtlichen Partner zu als ein junger Mann. Das heißt aber nicht, dass eine Frau sich einfach heraussuchen kann, auf wen sie steht und das Frauen "von Natur aus" eher zu einer flexibleren Sexualität neigen als Männer. Sexuelle Identität ist ein soziales Konstrukt, daher darf man weder den sozialen Kontext noch die eigenen Erfahrungen außer Acht lassen, die in der eigenen Wahrnehmung und somit in der eigenen Identität eine Rolle spielen. Bi-Sexualität: Trauen sich Männer immer noch nicht?
Ich frage mich, wenn ich hier zB. auf Paare-Profile gehe, warum so viele Frauen "bi" stehen haben, aber Männer fast nie? Trauen sich Männer immer noch nicht? KAnn ja nicht sein, dass 80 % der Frauen "bi" oder "bi-interessiert" sind, aber Männer nie...
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Und, das ist der interessanteste und traurigste Punkt: Gerade einmal 12% aller bisexuellen Männer haben sich geoutet. Also ja, ich würde sagen Frauen sind da definitiv offener was ihre Bisexualität angeht und auf Joy (oder generell) gibt es viel mehr Bi-Männer als man es erkennen kann.
Es sind vor allem die Bi-Männer, die im Zuge der sexpositiven Bewegung zurückgelassen wurden und mit einem unattraktiven Image zu kämpfen haben. Warum? Kurze Antwort: Homo- und Biphobie, sowohl in den heterosexuellen Gemeinschaften wie auch im Falle der Biphobie in Queer-Gemeinschaften.
Und beides wiederum hat seinen Ursprung in einer übermächtigen männlichen Heterosexualität, einem starren männlichen Rollenbild (im Vergleich zu dem sehr viel flexibleren Frauenbild) wie auch eine gute Portion Frauenfeindlichkeit. Es ist bezeichnend, dass in den Ländern, wo Frauen die wenigsten Rechte haben, (männliche) Homosexualität/Bisexualität (ausgelebt mit Männern) teilweise mit dem Tode bestraft wird.
Männer sind im Schnitt homophober als Frauen, aber weniger homophob Lesben gegenüber als Schwulen. Männliche Sexualität ist der größte Konsument auf dem "Markt der sexuellen Gelüste" und bestimmt somit die Geschmacksrichtung. Und die ist überwiegend heterosexuell. Hetero-Männer fetischisieren zudem in einem höheren Ausmaß bi- und homosexuelle Frauen, sprich sie sind ihnen gegenüber nicht unbedingt aus humanen Gründen toleranter, sondern weil sie die weibliche Sexualität als etwas sehen, dass ihnen dienlich ist oder sein könnte (der berühmte FFM mit obligatorischen Bi-Spielchen). Frauen, obwohl sie, wie ein Beitrag des Joy-Magazins gezeigt hat, männliche Homosexualität durchaus genießen, unterscheiden nicht wirklich zwischen Lesben und Schwulen.
Hinzu kommt, dass es für Männer selbst heute noch ein recht strenges Korsett der Männlichkeit gibt, zudem haben mehr Männer als Frauen eine eher traditionelle Vorstellung von Geschlechternormen. Jeder Mann, der also nicht in dieses Korsett passt, ist kein Mann, unmännlich, ein Weichei, Waschlappen, unattraktiv, kein wertvolles Mitglied der Gemeinschaft. Ein wichtiger Marker dieser Männlichkeit ist Heterosexualität, vor allem die Fähigkeit mit vielen Frauen schlafen zu können wird hoch geschätzt (es gibt keinen einzigen degenerativen Begriff für männliche Promiskuität, zusätzlich - wie man in den Jahren erkennen konnte - steigt die Frauenfeindlichkeit innerhalb der Kreise an, die keinen Zugang zu Sexpartnerinnen haben. Die Schuld wird vor allem den Frauen zugeschoben, weil diese sozusagen ihnen den Eintritt in eine sehr exklusive, aber sehr begehrte Männlichkeit versagen). Schwule Männer schlafen nicht mit Frauen, des Weiteren leben sie in weniger strikten Rollenbildern und übernehmen öfter nicht traditionelle Aufgaben.
Und das ist der Übergang zu dem letzten Punkt, die Frauenfeindlichkeit. Weiblichkeit, vor allem im Mann, wird als etwas Niederes/Schlechtes angesehen. Zwangsfeminisierung, vor allem unter dem Aspekt der Erniedrigung und Demütigung, funktioniert nur wegen dieser Weltanschauung, es gibt kein wirkliches weibliches Äquivalent dazu, dass auch auf Erniedrigung und Demütigung abzielt. Zumindest habe ich noch nie eine Frau gesehen, die in Männerkleidung gesteckt und dadurch öffentlich gedemütigt wurde (Anmerkung: Das ist kein Angriff auf diejenigen, die diese Kinks mögen und ausleben, es erklärt nur den Hintergrund, warum sie in unserer Gesellschaft funktionieren und eben so aussehen wie sie aussehen). Frauen demütigt man im Allgemeinen, indem man ihre Sexualität gegen sie verwendet (Schlampe, Hure, Fickloch) oder de-personalisiert und sie als Objekt benutzt. Männer hingegen werden gedemütigt, in dem sie wie Frauen angezogen werden, traditionell weibliche Aufgaben übernehmen, sprich sich wie Frauen benehmen (müssen) (ja, es gibt natürlich noch andere Methoden, Männer zu erniedrigen, aber das ist etwas, dass man speziell nur bei Männern findet bzw es gibt wenn überhaupt nur eine sehr kleine Nische, die Zwangsvermännlichung bei Frauen als Werkzeug zur Erniedrigung und Demütigung benutzt).
Tja, Überraschung, vielen homosexuellen Männern, vor allem die eher den Bottompart (passiven) übernehmen, dichtet man eine gewisse Weiblichkeit an.
Biphobie ähnelt stark der Homophobie, hat aber nochmal mit eigenen Vorurteilen, Stereotypen und Weltanschauungen zu kämpfen. Nicht nur sehen viele Menschen in bisexuellen Männern einen eigentlich verkappten Schwulen - er hat also wie Schwule mit den "typischen" homophoben Ansichten zu kämpfen, hinzu kommt die Ablehnung aus den eigenen queeren Reihen, die Bisexualität verneint, quasi als non-existent deklariert, es gibt die Anschuldigung, dass man als bisexueller Mensch gar nicht das Leben einer "echten" queeren Person nachvollziehen kann, denn letztendlich besteht immer die Option den normalen, heterosexuellen Weg (Ehe, Familie, Kind, Haus in der Vorstadt) einzuschlagen - man gehört also nirgends richtig dazu. Das alles erfahren natürlich auch bisexuelle Frauen (wobei zu bisexuellen Frauen gesagt wird, dass sie eigentlich heterosexuell sind und nur "experimentieren"), aber durch die etwas höhere Akzeptanz und Fetischisierung (man denke da an all die Paarpartys mit Bi-Frauen) ihrer Queerness in der Gesellschaft sowie die sexpositiven Bewegungen, die vor allem den Frauen generell zu Gute kommen, macht es Bi-Frauen leichter, zu experimentieren, sich damit zu identifizieren und sich zu outen.
Puh, langer Beitrag, ich hatte zu viele Gedanken zu diesem Thema. Aber ich denke, das ist ein guter Abriss, warum vor allem Bi-Männer noch zu kämpfen haben und das wahrscheinlich noch für viele Jahre - leider.