Ist eine sexlose Ehe/Beziehung möglich? Ja, sicherlich, das weiß ich aus eigener langjähriger Erfahrung. Macht sie glücklich? Das ist sehr unterschiedlich zu beantworten und hängt von individuellen Bedürfnissen und Prioritäten ab. In unserem Fall würde ich sagen "ja und nein", mit hohen Höhen und tiefen Tiefen.
Klar ist, Sex ist wichtig für die meisten Menschen. Für viele im JOYclub und anderen Erotik-Dating-Portalen vermutlich auch noch deutlich mehr. Ich finde Sex ebenfalls großartig, zumindest soweit ich ihn kenne. Klar sollte aber auch sein, dass Sex bei weitem nicht alles ist. Was taugt eine Beziehung, wenn der Sex zwar fantastisch ist, aber der Rest nicht oder kaum passt? Ist so etwas möglich, macht so etwas glücklich?
Wie geht man mit dem Gegenteil um? Wenn Sex nicht oder nur in extrem abgeschwächter Form statt findet, aber der komplette Rest passt. Wenn sich beide wirklich lieben, viele Gemeinsamkeiten haben, sich richtig gut verstehen und auch langfristig gut leiden können. Ganz ohne sich auf Dauer auf den Senkel zu gehen. Und wenn man dann vielleicht, wie in unserem Fall, auch noch zärtlich zueinander ist, sich gerne in den Arm nimmt, knuddelt, streichelt und gelegentlich auch sanft küsst, wenn auch ohne Absicht oder Aussicht auf mehr. Dinge, die klar mehr sind als beste Freundschaft, aber weniger als leidenschaftliche Erfüllung und knisternde Zweisamkeit. Doch meine Partnerin ist das Beste und Wundervollste in meinem Leben und wir waren und sind häufig sehr glücklich miteinander. Gibt man so etwas auf, riskiert es?
@*******ture Die Berichte hier sind sehr bewegend für mich. Herzlichen Dank an dich und natürlich auch alle anderen. Es ist mutig von dir dich hier so aufrichtig zu öffnen und rührend zumindest zeitweise deine liebevolle Perspektive einzunehmen. Gerade weil ich mich in vielem wieder finde. Traurigkeit, Frust, Verzweiflung, Verständnis, Zuneigung, Treue, Angst. Trotzdem gibt es auch ein paar Unterschiede.
Partnerschaft beenden, Partnerschaft öffnen. Beides legitime und in vielen Fällen bestimmt auch zielführende Konsequenzen, die ich zur Zeit auch für uns noch nicht ernsthaft in Erwägung ziehe. Auch wenn zweiteres für mich nicht mehr so weit weg ist, wie es das noch vor Jahren war. Hier fand ich etwa auch die Beiträge von
@*********tsex motivierend.
Was ich sehr sehr schade finde, ist dass es wie du schreibst keinerleit Intimität, keine körperlicher Berührung zwischen euch gibt. Ich kenne keinen Sex über Jahre hinweg, doch was du beschreibst kenne und könnte ich ehrlich gesagt nicht. Alleine die Vorstellung ist megakrass für mich. Meine Partnerin fragt mich manchmal, was das Allerschönste für mich in unserer Beziehung ist. Meine Antwort: "Dir einen Kuss in den Nacken geben, den Duft deiner Haare riechen, kuscheln und zusammen einschlafen". Ich wünsche euch von ganzem Herzen, dass ihr auf dieser Ebene einander wieder näher kommt. Genaueres ist mir unbekannt, doch es gibt Praktiken die man zusammen ausprobieren kann. À la "täglich für 10 Minuten in die Arme nehmen, einander in die Augen schauen, danken, dass man einander hat". Sowas in der Art, ganz ohne eine Spur von Sex. Natürlich habe ich keine Ahnung, ob ihr das nicht längst probiert habt, ob das funktioniert.
Mittlerweile reden wir wieder deutlich mehr miteinander. Wir hatten auch Zeiten in denen wir sehr viel totgeschwiegen und häufig gestritten haben. Tun wir manchmal leider immer noch, gelegentlich heftig. Ich finde Kommunikation sehr schwer. Oft habe ich das Gefühl, es läuft zwei-, drei-, viermal gut. Und beim fünften Mal sprudelt alles über und ich verkacke alles wieder. Restart bei Null. Das ist traurig und ich fühle mich mies hinterher. Und trotzdem für mich besser als gar nicht reden. Oft reden wir über Gefühle, darüber wie wir einander besser verstehen, mehr aufeinander acht geben können. Sex ist seltener Thema und wenn dann nicht anklagend. Dennoch wissen wir, dass es ernste Probleme gibt an denen wir irgendwie arbeiten müssen, wenn wir wollen, dass es eine gemeinsame Zukunft gibt.
Auch Autoerotik ist ein sehr wichtiges Thema für mich. Ich habe gelernt Selbstbefriedigung nicht nur als Frustventil, sondern als Quality Time mit mir selbst zu sehen. Klappt nicht immer, aber häufig. Natürlich ist das nicht das gleiche wie Sex mit dem Partner und auch bei weitem kein Ersatz. Aber es ist etwas, was ich keinesfalls missen möchte. Zweifellos erfüllender als sich nur dem Pornokonsum hinzugeben, wovon ich auch ein Lied singen kann. Ich bin ein schräger Vogel, probiere gerne Neues aus. Fetischist halt, teils veranlagt, teils geworden. Man passt sich an, wird erfinderisch und ich habe oft Spaß daran. Außerdem sehen wir im BDSM einen eventuellen gemeinsamen und berührungsfreieren Weg, der uns weiter bringt, abseits von konventionellem Sex. Natürlich ein Kompromiss, es gibt ihr nichts, alleine dadurch wird es niemals so wie man es sich ausmalt und wünscht. Aber was ist schon perfekt und aktuell gibt es uns Hoffnung.
Wer bis hierhin gekommen ist, sollte rausgelesen haben, dass ich trotz endlos langem Text keine wirklich guten Tipps und erst recht keine allgemeingültige Lösung habe. Gibt es nicht. Sonst wären wir selbst weiter. Bestimmt ist vieles von dem was sich schreibe für andere unbrauchbar, gar Humbug. Aber vielleicht gibt es ja doch ein paar hilfreiche Punkte. Etwas was Linderung oder ein wenig Optimismus verschafft. Meine Partnerin hatte mir kürzlich einen Podcast empfohlen, was mich sehr gefreut hat und mir zeigt, dass sie sich ebenfalls mit der Thematik auseinandersetzt. Natürlich tut sie das, es ist auch für sie gar nicht leicht, auch wenn ich das gelegentlich ignoriere wenn ich mal wieder Frust schiebe. Man muss sich nicht zwangsläufig wiederfinden in diesem Podcast. Aber vielleicht gibt es darin ja doch einen neuen Denkanstoß, der nach vorne blicken lässt.
Podcast "Mein Partner will keinen Sex mehr - was soll ich tun?"
https://open.spotify.com/episode/7uPYGmQEHtsCmdTyCUKHMT
Außerdem zur Info gibt es hier im JOY die Gruppe "Partner von Asexuellen".
Partner von Asexuellen: Gruppe