Ich muss zugeben, dass ich auf Seite 9 kapituliert habe und mir das Lesen zu anstrengend wurde. Und das obwohl ich das Thema an sich sehr interessant und sogar wichtig finde, da es in meinen Augen viele verschiedene Blickwinkel gibt, die durchaus nicht von der Hand zu weisen sind ...
Ich versuche zunächst einmal auf das Eingangspostingeinzugehen:
Es muss nicht immer die Angst sein, den Job zu verlieren (Und ja, jeder Arbeitgeber, der es will, wird einen Mitarbeiter auch loswerden!). Das mag oft tatsächlich eher eingebildet als real sein. Die Frage ist in meinen Augen eher, wofür ich meine Kapazitäten an Zeit, Aufmerksamkeit und Energie verwenden möchte. Selbst wenn mein Job sicher ist, so sind im Zweifel Beeinträchtigungen doch möglich. Tratsch im Treppenhaus, ausbleibende Beförderungen, Kunden wenden sich ab, und und und ... Es kann definitiv Auswirkungen haben, die in jedem einzelnen Fall eine unterschiedliche Tragweite haben. Sie werden aber sicherlich das Leben desjenigen beeinflussen. Von daher empfinde ich es als völlig normal, dass jeder für sich entscheidet, wie er oder sie damit umgeht. Selbst wenn ich nicht auf den jetzigen Job angewiesen bin, so mag es einfach sein, dass ich ihn so wie er ist mag und mir dies wichtiger ist.
Was man in dieser Diskussion nicht vergessen sollte, ist die Tatsache, dass die Gesellschaft in Deutschland und Europa noch lange nicht sich aufgeklärt und offen ist, wie es in solchen Communitys wie dem JC immer den Eindruck macht. Und außerhalb von Europa sieht es noch ganz anders aus! Es gibt Branchen, auch jenseits der Kirche, wo viele Dinge offiziell einfach undenkbar sind, die hier für uns Normalität sind. Die Frage ist halt, will ich der Martin Luther des Finanzwesens, der Lehrenden oder der politischen Klasse sein. Das muss jeder für sich entscheiden. Ich persönlich halte viel davon, im Einzelfall zu entscheiden, wann ich wie für Dinge eintrete. Ich muss keine Gallionsfigur, die Greta des BDSMs, sein.
Und wer sich noch nicht damit beschäftigt hat, wie intollerant die Gesellschaft nach wie vor ist, der kann gerne mal nach Gesetzen hinsichtlich Pornografie im Internet und ähnliches suchen. In den USA, Kanada, Großbritannien und auch Deutschland gibt es genug Beispiele, die einen das Blut in den Adern gefrieren lassen und bei denen man denkt, dass sie aus der Zeit um 1900 stammen müssen. Tun sie aber nicht! Es gibt internationale BDSM-Communitys, bei denen mittels solcher Gesetze versucht wurde, sämtliche Finanzierungswege zu kappen. Bankonten wurden gekündigt, Spenden oder Beiträge über Kreditkartengesellschaften waren nicht mehr möglich, da die Kreditkartengesellschaften die Zusammenarbeit gekündigt hatten, etc.! Da sieht man recht schnell, welchen Einfluss die andersdenkende Mehrheit der Bevölkerung hat und wie klein der Kreis von mehr oder weniger tolleranten Menschen ist, der hier so riesig wirkt. Obgleich ja selbst hier Tolleranz durchaus unterschiedlich gelebt wird.
Für mich persönlich ist es primär einfach ein Sache der 'Selbstbestimmung'. Ich möchte gerne zumindest teilweise in der Hand behalten, wer was über mich weiß. BDSM ist nichts, was ich aktiv vor allen zu verbergen versuche. Meine Freund (auch die nicht aus der Szene) wissen Bescheid. Aber müssen es meine Kollegen wissen? Ich persönlich möchte jedenfalls von deren Sexleben wirklich nichts wissen!
Ich bin bei diesem Thema sicherlich nicht paranoid, denn ansonsten dürfte ich nicht zu Party gehen oder ähnliches. Aber im Netz und im realen Leben halte ich meine Fäden gerne selbst in der Hand.
Ich hoffe, dass diese Beispiele zeigen, wie vielschichtig das Thema ist. Daher denke ich, jeder wird seine Gründe haben. Und wenn es mich im Einzelfall interessiert, dann sollte ich einfach schauen, was für Gründe es sind und was für ein Mensch sich hinter einem Profil verbirgt. Mehr oder minder versteckt ...