„Ich bin der Meinung, dass es auf die Behinderung ankommt. Grundsätzlich bin ich aber der Ansicht, dass es, wenn es um Liebe geht, auf den Charakter ankommt. Daher ist es immer von Vorteil, wenn man sich "blind" kennenlernt. Geht es aber ausschließlich um physischen Sex, sollten körperliche Behinderungen schon frühzeitig angemerkt oder mitgeteilt werden, wobei es immer noch auf die Schwere der physischen Behinderung ankommt.
Ich mache leider immer wieder die Erfahrung, dass meine nicht wesentliche Behinderung (Blindheit) immer wieder, aus Unwissenheit meines "Gegenübers" als sehr störend, zur Unfähigkeit erklärt, empfunden wird.
Ich kann nur immer wieder sagen: Blinde Menschen sind sehr sensiebel, einfühlsam und mit Sicherheit empfindsamer, als die meisten Sehenden. Ich fühle mit Seele und Händen mehr als ein Sehender!
Einerseits verstehe ich Deine Anmerkungen und Du stellst sie auch korrekt aus Deiner Wahrnehmung dar, andererseits kann Blindheit, vom Charakter des Blinden her mal abgesehen, für einen Sehenden durchaus eine starke Beeinträchtigung des Lebens darstellen, die der Stehende bereit sein muss zu tragen.
Augenkontakt fehlt, wäre bei mir unmöglich. Das Einfühlungsvermögen im realen Sinne der Fingerspitzen ist natürlich als Ersatz fürs Sehen geschult und trainiert, hat damit trotzdem keine Garantie darauf, mich zu erreichen und ist somit, was die partnerschaftliche Interaktion angeht, nicht besser für mich als von einem Sehenden, weil ich zwingend und immer den Augenkontakt brauche! Physiotherapie/Massage mag funktionieren, da gebe ich mich ja auch nicht hin, da erwarte ich professionelle Leistung, die exakt das beherrscht, wofür ich eine Physiotherapie benötige und dafür bezahle ich. Dieser Dienstleister zu Hause als Partner hingegen muss mich erreichen und das funktioniert nicht ohne Augenkontakt.
Zudem kann Blindheit, je nachdem ob von Geburt an oder später im Leben durch Krankheit/Unfall… bestehend, sehr entstellend sein und der Sehende will und kann das nicht ausblenden oder sich in dieser Hinsicht “blind” stellen.
Auch kommt es auf den allgemeinen Lebensstil an, Sport, Unternehmungen,…
Es nervt mich beispielsweise ungemein, wenn ich versehentlich eine Blindenversion eines Filmes erwische, dann wäre da also die Option in einer Partnerschaft in getrennten Zimmern einen Film zu sehen? Ganz toll, wirklich!
Alles, was ein Blinder, z.B. im Internet, “lesen” will bedeutet “Vorlesen in Form von Audio-KI” (Bücher in Brailleschrift natürlich ausgenommen) und diese ständige Audiobeschallung will ich in meinem Umfrld nicht haben (sprechende Uhr, sprechendes Dies, sprechendes Das,…).
Würde mir jemand, vor einem Treffen, Blindheit bewusst verschweigen, dann wäre der Effekt derselbe wie bei Bekanntgabe vorab: ein Nein meinerseits.
Wissend, was mein Leben ist, weiß ich, dass ein Blinder niemals der Partner darin sein könnte. Nachdem ich aber ohnehin absolute Geradlinigkeit und Offenheit ab Stunde Null verlange, wird alles Verschwiegene, das dann beim ersten realen Begegnen ohnehin offensichtlich wird, in den sofortigen Abbruch führen, etwas später als möglich und definitiv unangenehmer für den Verschweigenden.
Für mich ist ganz klar, dass bei mir da niemals ein Gefühl von Liebe entstehen kann ob der ganzen Eingriffe und Beschränkungen, die für mein Leben entstehen würden, ganz egal wie der/die Blinde charakterlich/als Persönlichkeit ist.
Es ist absolut zu respektieren, wie Blinde ihr Leben einrichten und eine Normalität für sich leben, wirklich Chapeau, doch ihre Normalität bedarf Dingen, die für einen Sehenden eben nicht Normalität sind und somit als einschränkend/behindernd empfunden werden können. Nicht jede/r ist bereit, das zu tolerieren im eigenen Leben, im öffentlichen Leben ist die Toleranz dafür hingegen verpflichtend!
Deswegen immer und immer die gnadenlose Geradlinigkeit im privaten Austausch, definitiv die beste Wahl für alle Beteiligten (Familie, Partner*in, Freunde, direktes Umfeld eben)