Angst vor dem Trieb, Angst vor Schmerzbereitung?
Hallo,da in diesem Forum die Diskussionskultur eine für mich sehr angenehme ist und hier mit Sicherheit eine Menge an geballter Erfahrung aktiv ist, versuche ich einmal etwas zu thematisieren, dass mich betrifft und seit langer Zeit begleitet. Vielleicht ist die Frage so einfach und klar nicht zu stellen, vielleicht ist das was ich in sehr intensiven Momenten der absoluten Hingabe spüre auch nur "ganz normal".
Also... ich bin kein besonders großer Freund von klaren Rollenverteilungen beim Sex. Will sagen: Wenn schon vorher klar thematisiert ist, wer jetzt welche Rolle zu übernehmen hat, ist mir der Sex schon zu sehr thematisiert, zu sehr zerpflückt und die Lust für mich nicht mehr "unbefangen". Vielleicht vergleichbar mit einem Bild: Ich habe lieber ein unschuldig weißes Blatt Papier vor mir und eine unendliche Auswahl an Farben (die ich mir selbst mischen kann) als eine Vorlage im Sinne von "Malen nach Zahlen" mit ein paar vorgegebenen Grundfarben. Das was ich fühle ist individuell anders, richtet sich nach eigener Verfassung, nach dem Gegenüber, nach dem Bauch.
Ich erinnere mich an den Versuch einer Partnerschaft vor vielen Jahren, der Versuch mit einer Frau die sehr unterwürfig war. Niemals zuvor hatte ich eine solche Reaktion erlebt, nur ausgelöst durch einen von mir neckisch gemeinten Klapps auf den Po, nicht nur beim Sex sondern auch wenn er "einfach mal so" erfolgte. Sie wurde ganz ruhig, fast mit forderndem Blick, nach mehr lechzend. Der Sex jedoch war für mich seinerzeit noch zu fremd, ich fühlte mich in eine Rolle gezwängt, die Rolle des Dominierenden der nun die Aufgabe hatte die Partnerin zu unterwerfen, ihr klare Ansagen zu machen, sie einfach zu benutzen für meine Lust - was wiederum sie so unendlich befriedigte, dass sie nicht selten nach dem Sex weinen musste - nicht vor Schmerz sondern vor "Erlösung" - so hat sie es genannt.
Dabei habe ich ihr nie wirklich den körperlichen Schmerz zugefügt nach dem sie verlangte - ich war damals eher verbal dominant, alles andere war für mich einfach zu neu, zu ungewohnt und eben zu gestellt. Ich merke jedoch mehr und mehr das etwas in mir ist, das mir in gewissem Maße auch Angst bereitet. So habe ich zum Beispiel schon sehr lange in extremer Extase das Verlangen zu beißen. Und ich meine damit nicht ein neckisch-verspieltes Knabbern. Nein, ich könnte manches Mal richtig zubeißen, einmal konnte ich es nicht mehr richtig zurückhalten was schmerzliche Erfahrung für meine damalige Partnerin bedeutete mit wohl heute noch sichtbaren Spuren.
Ich bitte mich jetzt nicht falsch zu verstehen: Ich habe keine Lust auf "Menschenfleisch" im kannibalischen Sinne. Es ist einfach nur dieser Reflex oder Instinkt beißen zu wollen. Vielleicht ist das der "animalische Teil" in mir? Hinzu kommt, dass ich mehr und mehr Gedanken des Unterwerfens in mir trage - nur eben NICHT in vorgegebener Rollenform. Niemals könnte ich mich in ein spezielles Outfit zwängen und einen Ort aufsuchen der nur dazu geschaffen wurde irgendwelche SPielarten auszuleben - ich käme mir lächerlich vor. Und doch blitzen in mir immer wieder bei der Lust diese Gedanken auf... der Griff an den Hals, die Macht über mein Gegenüber, meine Partnerin dafür zu benutzen mir Freude zu bereiten. Dazu gehört aber auch der "ganz normale Sex", also miteinander schlafen. Was ja wohl (so weit meine naiven Nachforschungen ergeben haben) in einer klassischen "Herr und Sklavin"-Beziehung gar nicht vorkommt bzw. nicht vorkommen soll oder muss.
Ich könnte mich auch niemals "Herr" nennen oder "Meister", auch wäre mir ein Treffen mit Menschen dieser Coleur unangenehm, bei irgendwelchen "Stammtischen" mit "Experten" würde ich mir peinlichst verloren vorkommen. Generell habe ich jedoch diese Tendenzen - sie prägen mich nicht, sie geistern mir nicht ständig durch den Kopf, aber sie sind da. Ebenso wie ich auf der einen Seite den ganz normalen Sex genieße, auf der anderen Seite aber nicht selten die richtige Drecksau bin.
Mich interessiert einfach:
Kennt jemand von Euch diesen Beißreflex und zum anderen: Wie lebt ihr Eure Lust auf Dominanz aus OHNE Euch dabei irgendeiner Szene angehörig zu fühlen? Ohne dabei den Druck zu verpüren, jetzt das Buch der 1000 Fesseltechniken kennen zu müssen? Ich fessle gern, aber ich mache es nach Gefühl, nach Bildern die mir in den Kopf kommen, aber niemals nach Anleitung, Vorgabe oder Erfahrungswerten (die ich nicht habe).
Vielleicht klingt es alles sehr wirr, vielleicht für Gleichfühlende klar und deutlich. Freue mich über Rückmeldungen, Anregungen und Diskussionen dazu, bitte aber von eventuellen Einladungen aus der SM-Szene abzusehen, denn wie gesagt: Ich käme mir unpassend, verloren und eher lächerlich vor....