3 Jahrzehnte
Tach !
Vor 5 Jahren habe ich heimlich und still für mich eine kleine Feierstunde begangen: 25 Jahre Asthma.
Man kann damit leben - es gibt sehr viel Schlimmeres. Das Schlimmste ist im Grunde die Abhängigkeit von Medikamenten, die täglich griffbereit sein müssen, und vom Arzt.
Wenn versuche, über meine Krankheitsgeschichte zurückzuschauen, dann hing mein Wohlbefinden stets massiv von den Personen der Ärzte ab, an die ich geraten war. An meinem ursprünglichen Wohnort im Saarland war ich an einen guten geraten, der auch noch bereit war, die "Behandlung", die im wesentlichen aus Wiederholungen von Verschreibungen bestanden hat, einige Zeit lang nach meinem Umzug nach Thüringen fortzusetzen - es dann aber, was ich verstehen kann, ablehnte. Also bin ich hier in der Provinz bei den Ärzten herumgetingelt, die einen erstaunlichen Ehrgeiz entwickelten, mich von den Medikamenten, auf die ich aus dem Saarland eingestelltgewesen war - Berotec als Akutmittel und Sultanol als regelmässig Gabe - auf andere Mittel umzulenken, was stets mit einer Erhöhung von Beschwerden und Nebenwirkungen verbunden gewesen war.
Erst eine zufällige Begegnung mit einem alten Schulfreund, der Pneumologe geworden war, machte mich mit Cortison - Symbicort - bekannt, und erläuterte den Unsinn der Nebenwirkungsdebatte: die stammt nämlich aus der Zeit, als man mit sehr hohen intravenösen Cortisongaben operierte. Inhaliert sind die Dosen jedoch so gering, daß die Nebenwirkungen - v.a. auf die Leber - vernachlässigt werden können.
Erfreulich war dann auch, in die Praxis einer Dermatologin gespült zu werden, die mit großer Empathie vorgeht, und vor allem auch frei vom Ehrgeiz therapeutischer Experimente gegen den Willen des Patienten ist.
Meine persönliche Überzeugung sieht so aus: Ursache dieser und vieler anderer Krankheiten sind zwei zivilisatorische Umstände:
Als erstes ist die hygienische Hysterie zu nennen, die das Ziel eines quasi-sterilen, "keimfreien" Lebens, insbesondere des Kindes in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg gnadenlos durchgefochten hat. Das entstehen eines funktionstüchtiges Immunsystems wird durch diese Lebensweise ebenso behindert, wie durch eine parallele Tendenz in der Ernährung.
Kamen die Nahrungsmittel zur Zeit meiner Kindheit - in den siebziger Jahren - noch wenigstens teilweise aus dem eigenen Garten, von Bauernmärkten usw. - so ist sie heute regelmässig durch die Vollversorgung aus dem Supermarkt ersetzt worden. Auch diese Lebensmittel folgen dem Ideal der Sterilität, die durch vielfältige bürokratische Vorschriften aufrecht erhalten wird - auch diese ist mit Hysterien begleitet - ich sage nur mal "Gammelfleisch". Ein Großteil dieser Lebensmittel ist auch hochgradig artifiziell: wir fressen und saufen jeden Tag Kunststoffe: Emulgatoren, Stabilisatoren, Geschmacksverstärker usw.
Auf der anderen Seite stehen Moden, die nur auf den ersten Blick wirklich gesund sind. Mein Lieblingsbeispiel ist die vegetarische Ernährung, die von etlichen "bewußt" und aus skurrilen ethisch-ästhetischen Motiviationen heraus bevorzugt wird. Man würde meinen, Vegetarier müssten gesünder sein - das Gegenteil ist der Fall: unterhaltet Euch mal mit Besitzern von Bioläden oder Reformhäusern über ihre vollvegetarische Kundschaft ! Vegetarismus ist schlicht eine Mangelernährung, auf die unser Körper nicht eingerichtet ist. Das ist in anderen Weltgegen anders - in Asien beispielsweise (wo allerdings andererseits relativ viel Fisch gegessen wird). Aber das lässt sich nicht ohne weiteres auf unsere Verhältnisse übertragen. Asiaten sind nun mal eine andere Rasse - auch wenn der Begriff der "Rasse" wegen des Faschismus diskriminiert worden ist, und Forschung in Richtung menschlicher Rassenkunde nahezu zum Erliegen gekommen ist. Man spricht von "Ethnien" und tut so, als wären Westeuropäer, Asiaten und Schwarzafrikaner vollständig gleich, und würden nur zufällig etwas anders aussehen ... naja.
Eine ursprüngliche, möglichst naturnahe Lebensweise - ohne die ganzen skurillen Übertreibungen, die immer so durch die Medien gehen - halte ich dagegen für den richtigen Weg, die Beschwerden zumindest zu lindern, im Erträglichen zu halten. Dazu gehört auch eine ausgewogene Ernährung, die sich eher an den Ernährungsgewohnheiten des "Volkes" (also nicht privilegierter Schichten) aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg orientieren sollte, als an wissenschaftlichen Theorien und Modeerscheinungen, steht da an prominenter Stelle: Milch und Milchprodukte, Brot, Kartoffeln, Nudeln, Gemüse, Rohkost - und auch Fleisch und Fleischprodukte, wenngleich in weitaus geringerer Menge, als heutezutage üblich. Qualität statt Quantität ist angesagt, und nirgendwo ist sparen so falsch am Platz, wie bei Lebensmitteln. Das betrifft nicht nur Obst & Gemüse, Fleisch & Fisch - sondern auch zB Alkohol. Ich esse inzwischen recht wenig Fleisch - aber die Salami, die am Küchenfenster hängt, ist luftgetrocknet, und alle 2-3 Wochen gönne ich mir beim Metzger ein halbes Pfündchen Roastbeef. Das langt dann wieder für die nächsten 2-3 Wochen. Und in der Tiefkühltruhe schlummert ein zerlegtes Reh, daß ich von einem Jäger aus dem Bekanntenkreis gekauft habe. Billig war das auch nicht gerade - aber wenn dann mal die Fleischeslust zu ihrem Recht kommt, dann mit einem 100%-igen Naturprodukt.
Wenn ich manchmal im Supermarkt so an der Kase stehe, und mir so angucke, was die Leute da so kaufen - also ... ich würde dieses Zeux noch nicht einmal meinem Hund in den Futternapf tun, was die zu sich nehmen. Und das sind durchaus nicht immer die typischen "Hartz-IV"er ... Übrigens stehen an erster Verbotsstelle Fertiggerichte, egal ob in Päckchen, Dosen oder aus die Tiefkühltruhe. Apropos Hund: die Hygienefanatiker schreien da auch wieder Aua: Haare ! Milben ! Parasiten ! Schlabber ! Na und ? Der Mensch ist es gewohnt, mit Tieren in häuslicher Gemeinschaft zu leben - und bei der Großmutter meiner Frau wurden kranke Hühner noch mit in die Küche genommen. So extrem muß man es nicht treiben - aber man sollte sich den vielen Pingeligkeiten ein wenig emanzipieren, die da heute so üblich geworden sind. Ich jedenfalls wasche mir nicht jedesmal die Hände, wenn ich den Hund angefasst habe - noch nicht einmal, wenn ich danach etwas essen will - Wer jetzt "ih" sagt und unappetittlich und ungepflegt und überhaupt ist genau meine Zielgruppe ...
Was auch zu dieser naturnahen Lebensweise gehört, ist viel nackt zu sein - nicht nur "beim FKK" sondern auch zuhause. Luft an die Haut lassen, Sonne, Wind und Wasser.
Und last not least gehört es meiner Meinung auch dazu, seine Sexualität möglichst offen zu leben - "verklemmt" ist schließlich auch die Lunge, wenn man Asthma hat. Ich jedenfalls habe beobachten können, daß mit dem Maße, in dem ich mich sexuell geöffnet und dann - aus unterschiedlichen Gründen - auch wieder zeitweise verschlossen habe, mein Asthma sich verbessert hat - und dann auch wieder zwischendurch schlimmer geworden ist.
Ich kann das nur versuchen, zu umreissen, was ich meine, in vielen Einzelstücken, die nicht systematisch sind, wohl kaum systematisiert werden können - und es muß wohl auch ein jeder seinen eigenen Weg finden. Nicht alles, was ich hier geschrieben habe, ist wohl für jeden das Richtige. Aber vielleicht konnte ich ein paar Anregungen geben.
Gruß vom
Nacktzeiger