(Achtung, dieser Beitrag wird etwas länger..)
Wow...
Ich bin immer wieder erstaunt, wie falsch einige Aussagen einfach gelesen und demnach beantwortet werden..
Wenn ein monogamer Mensch sich in eine Person verliebt und dann ERWARTET, dass diese ihm emotional und sexuell treu ist, also ebenfalls monogam lebt, sei falsch.
• Ja ist es. Es zu erwarten ist falsch. Aber ich denke, dass es am gesündesten ist, wenn man miteinander darüber spricht, wenn man z.B. eine Beziehung eingehen möchte. Also das eine monogame Person sich auch explizit nur auf eine andere monogame Person einlässt. Sich also beide bewusst sind, dass es keine anderen geben soll.
Hierbei ging es doch nur darum, dass man es nicht erwartet oder verlangt, dass die andere Person ebenfalls monogam ist.
Die monogame Person könnte sich ja auch in eine polyamore Person verlieben. Demnach müsste die polyamore Person, die andere aufklären und es käme eben nicht zu einer Beziehung. So einfach.
Dann die Sache mit dem Defizit.. Da wurde nur drauf hingewiesen, dass es sein kann, aber nicht muss.
• Ganz wichtig: Es hat ja nicht zwangsläufig damit zutun, dass einem einer nicht gut genug ist. Wobei ich persönlich einen falschen Ansatz darin sehe zu sagen, du reichst mir nicht, ich brauch noch einen anderen Kerl.
Andere Vorlieben sind durchaus ein guter Grund, den keiner kritisieren brauch. Ganz im ernst.. Nobody's perfect.. und so wird es auch nie eine perfekte Beziehung in diesem Sinne geben. Wenn alle glücklich sind, ist es perfekt genug.
Beispiel: Ich finde Blowjobs echt eklig.. Habs ausprobiert, aber nee.. Ich hätte aber absolut nichts dagegen, wenn mein Ehemann oder andere Partner (ja, ich lebe polyamor, dazu komme ich gleich :P) sich das dann eben bei anderen holen. Denn ich glaube die Mehrheit der Männer steht einfach drauf
So.. nun zu meiner Erfahrung:
Ich bin seit 9 Jahren in einer Beziehung und seit über 1,5 Jahren auch verheiratet.
Unsere Beziehung ist nicht perfekt. Ich mag Sex und gerne viel. Er empfindet Sex als vergeudete Zeit und hat keine Lust darauf und auch keinen Bedarf.
Das war schon immer so und ich habe es akzeptiert. Irgendwann hat es mich jedoch so sehr zerfressen, weil ich immer bei ihm ankommen und betteln musste und immer wieder einen Korb bekommen habe. Das ist frustrierend. Noch dazu: Wenn er dann mal Ja gesagt hat, dann hatte ich auch immer das Gefühl, dass er es nur meinetwegen tut und sich dazu gezwungen fühlt.
Das ist ein Beitrag dazu, der mich dazu bewegt hat, über eine offene Beziehung nachzudenken.
Nun kommen wir zum zweiten und vermutlich wichtigeren Teil:
Ich habe mich im November 18 in einen anderen Mann verliebt und dachte: Hmm.. wenn ich mich verlieben kann, bedeutet das wohl, dass ich meinen Mann nicht mehr liebe. Aufgrund der fehlenden Zuneigung habe ich mich dann für den neuen entschieden und war 3 Monate mit ihm zusammen. Die Anfangszeit war super, auch wenn ich natürlich darum getrauert habe, was ich alles verloren habe. (Eben auch die Familie meines Mannes, die ich sehr ins Herz geschlossen habe)
Ich habe aber auch immer mehr meinen Mann vermisst. Klar.. wir haben nicht immer viel miteinander unternommen ...
(Das zum Thema, ein anderer Mann würde ihm Zeit mit mir stehlen, weil ich meine Energie teilen muss. Nein, ich muss nichts teilen, nur ein wenig koordinieren.)
... aber sein Wesen hat mir gefehlt. Er ist ein unglaublich toller Mensch, der mich immer zum Lachen bringt.
Nach weiteren 3 Monaten, also insgesamt einem halben Jahr Trennung, haben wir uns wieder angenähert. Wir waren auch während der Trennung noch gute Freunde und haben miteinander getextet und auch mal gezockt.
Wir waren also wieder zusammen und natürlich hat sich am Sexleben nichts geändert. (Mein Mann hat auch recherchiert und äußerte seit der Änderung von mono auf poly, dass er asexuell sei)
Wie es nun also schlussendlich zur polyamoren Ehe kam..
Ich ging mehr raus, anstatt mein Leben nur zuhause zu fristen und traf mich mit ein paar Leuten zum Spieleabend (Brett- und Kartenspiele). Dort kam mir der Gedanke, dass es schön wäre jetzt single zu sein, um flirten zu können. Aber ich wollte meinen Mann nicht verlassen.
Ich belas mich über offene Beziehungen und hatte ihm anfangs diese vorgeschlagen, womit er sofort einverstanden war. Zu dem Zeitpunkt meinte er, er würde auch andere suchen wollen. Bemüht hat er sich nur ganze 2 Tage. Er muss ja nicht, wenn er nicht will. Er dürfte aber.
Offene Beziehung dreht sich jedoch viel mehr um unverbindlichen Sex oder um Sex allgemein. (Ja, auch ich habe die Aussage nicht ganz verstanden, dass das eine Paar nur im Swingerclub polyamor lebt. Denn Polyamorie hat was mit emotionalen Bindungen zutun.)
Für mich war klar: Es muss schon eine Freundschaft + sein, sonst könnte ich das nicht. Ich stieß schnell auf das Thema Polyamorie und habe mich darin wiedergefunden, da ich mich auch in der Zeit dabei war, mich erneut zu verlieben. Mir gefällt auch vor allem der Gedanke daran, mehrere Beziehung zu führen. Gleichberechtigte Beziehungen. (Nein, kein Mensch hat Zeit für 20 'richtige' Beziehungen in diesem Sinne, da man ja auch jeden Mal etwas Zeit widmen muss. Ansonsten ist es nur eine F+)
Ich erzählte meinem Mann von der Polyamorie er meinte gleich, er könnte sich auch vorstellen mit meinen anderen Partner(n) in einer WG zu leben. Und auch ich finde diesen Gedanken sehr schön, da man so auch jedem nahe sein kann und nur so auch jeden gleich behandeln kann. Warum mit einem zusammen wohnen und den anderen nicht? Und auch mein Mann oder mein Partner dürften beispielsweise auch eine weitere Frau mit ins Haus bringen. (Nein, da gibts dann keine wilden Orgien
)
Es gibt natürlich auch das Modell der Hierarchie in der Polyamorie. Also eine Haupt- und mehrere Nebenbeziehungen. Diese ist aber nichts für mich.
Mittlerweile glaube ich sogar, dass mein Mann sich doch in eine andere Frau verlieben könnte, denn er hat viel Kontakt zu, ich nenne es mal 'ungewöhnlich' sexuell orientierten Leuten. Sprich, da ist alles dabei, unter anderem auch andere Damen die asexuell sind.
!! Bei der Polyamorie geht es nicht um Sex und pure Lust !!
Klar gehört Sex für viele auch zu einer Beziehung dazu. Für mich auch. Und ich hatte auch schon welchen mit anderen Männern, wovon er auch immer wusste.
Aber bei ihm es eben auch durchaus möglich eine Liebesbeziehung zu einer anderen asexuellen Person zu führen und tiefe Verbundenheit zu spüren, ohne großartig sexuell aktiv zu werden.
Ich hab gern Sex
Aber ich genieße auch die Zweisamkeit und das Reden mit anderen sehr.
Eines Tages mit 2 Männern oder mehr (vllt auch ne Frau eines Partners) auf dem Sofa zu sitzen und gemeinsam einen Film zu schauen, ist ein unheimlich schöner Gedanke für mich.
Es ist ein Herzenswunsch von mir, irgendwann so eine WG zu führen.
Soviel dazu
Nun mein Abschlusswort:
"Wenn ich meinem Partner nicht genug bin und er/sie mehr Partner BRAUCHT um glücklich zu sein, dann ist Schluss für mich"
BRAUCHEN ist schon mal generell falsch, da es eine Form der Abhängigkeit ist. Ich möchte von niemandem abhängig sein.
Ich habe bzw. sehne mich nach mehreren Partner, weil ich es WILL und nicht, weil ich es brauche.
Wenn ich irgendwann jemanden meinen Partner nennen kann, dann ja wohl, weil er zu mir passt. Im besten Fall natürlich einer, dessen Libido genau so groß ist wie meine
Ich könnte also genau so gut meinen Mann ersetzen. Das will ich aber nicht! Denn ich liebe beide.
Noch eine Weisheit, die ich aus einem der Videos habe, die ich mir dazu angesehen habe:
Man teilt seine Liebe nicht. Bei 2 Partnern bekommt nicht jeder ein halbes Herz von mir.
Liebe ist keine begrenzte Ressource. Ich liebe A und ich liebe B. Beide gleich und beide intensiv. Ich gebe beiden meine ganze Liebe und verdopple sie somit. Ich gebe mehr Liebe, ich bekomme mehr Liebe, ich bin doppelt glücklich!
So... das wars dann erstmal.
Edit: Treue in diesem Modell heißt, dass ich jedem zeige, was er mir bedeutet.
Das ich jedem vertraue und dies auch zeige.
Das wichtigste dabei ist immer offen und ehrlich mit allen zu sein !
Eifersucht ist außerdem ein Gefühl, dass sowohl mono, als auch poly Menschen betreffen kann. Poly-Beziehungen sind nicht automatisch frei von Eifersucht. Aber man redet intensiv darüber.
Die Beziehung zu meinem Mann ist jetzt viel besser, weil wir viel offener miteinander sprechen.