Also hier (Teneriffa) ist Ausganssperre und es ist (für mich) etwas völlig Anderes nicht raus zu dürfen, als nicht raus zu wollen.
Theoretisch spazieren gehen zu dürfen, es aber nich zu tun fühlte sich besser an.
Die einen Nachbarn sind heute Mittag im Treppenhaus zwanzig Minuten lang die Treppen hoch und runter gelaufen, damit sie etwas Bewegung bekommen. Sieben Leute auf 90 m², ich bin gespannt was da in einer Woche abgeht.
Viele Leute leben hier, typischerweise, in größeren Familien und die hocken jetzt alle temperamentvoll aufeinander...
Die anderen Nachbarn kloppen seit gestern ihr Bad raus, oder lassen es rauskloppen, der Installateur darf ja "zur Arbeit". Dass ich das Haus aber nicht verlassen darf, während die da rumhämmern, geht mir schon etwas auf den Keks. Das ganze Haus wackelt
Und so Späße wie "ich geh jetzt zwei Stunden im Kreis zur Bank" mach ich nicht.
Vorher habe ich an die älteren Leute in der Umgebung gedacht, die hier immer fleißig ihre Kilometer gewandert sind und sich den Rücken an den hier so verbreiteten Freiluftsportgeräten gerade ziehen. Was die wohl machen? Vielleicht gehen die einfach jeden Tag zwei Stunden im Kreis zur Bank
Viele lokale Nachrichten konsumiert, anscheinend ist häusliche Gewalt hier immernoch ein so großes Problem, dass die Regierung nun, da ja niemand ohne triftigen Grund raus darf, ein "Passwort" für Frauen, die (potentielle) Opfer häuslicher Gewalt sind und aufgrund der Ausgangssperre jetzt nicht mehr fliehen können, eingerichtet hat.
Man kann in der Apotheke eine "Mascarilla 19" bestellen und es wird einem geholfen, zur Apotheke darf man ja. Wieso jetzt nicht gleich die Polizei hilft, an der man ja vorbei muss, um in die Apotheke zu kommen, weiß ich nicht. Aber auch sowas geht mir durch den Kopf.
Das ist erst der vierte Tag einer Ausganssperre, die auf zunächst 15 Tage angelegt ist, wenn ich mich recht erinnere.
Als ich das letzte Mal einkaufen war, noch vor der Ausganssperre, wurde einer der Obdachlosen, denen der lokale Supermarkt immer Tüten mit Lebensmitteln vollpackt, abgewiesen, man habe nichts zur Seite legen können, weil die Leute wie verrückt alles aus den Regalen reißen... Es geht ab. Und ich wohne in einem kleineren Vorort.
Ich ertränke all diese Gedanken nun in einem Bananenweizen, das hamstert nämlich, wie auch die Mandelkrokantbutterspritzkekse, niemand - wahrscheinlich in Ermangelung adäquater Gläser
- und lese mich mal etwas genauer in virologische Diagnostik ein. Oder ich nagel mir ein Kissen auf's Fensterbrett, das entscheidet das Bananenweizen