Feeling: Naja, das kommt immer drauf an, ob man einen Menschen oder nur einen Satz Löcher sucht, nehme ich an.
Und wenn "tabulos" viele verschiedene Definitionen zulässt, dann läuft man natürlich Gefahr, von jemand anderem mit abweichender eigener Definition beim Wort genommen zu werden.
Ich weiß nicht, ob es die Tabulosigkeitsbegeisterten so wirklich flashen würde, wenn eine ordinäre, ungepflegte Frau, die... nicht so ihr Typ ist... ihnen ungefragt mal ganz tabulos in den Schritt griffe.
Die bisherigen hier gefallenen Definitionen von der Befürworter-Männerseite hatten immer irgendwie mit Verfügbarkeit zu tun. "Ziert sich nicht und macht alles mit", "bei der Wahl ihrer Sexpartner nicht wählerisch". Bei einigen kam noch das Element der Enthemmung dazu. In jedem Fall gehen diese Ideen von der passiven Frau aus.
Das Ganze wird gewürzt mit kleinen, eventuell unbewussten Seitenhieben auf andere, nicht-tabulose Frauen, die "sich zieren" und "mit No-Go-Katalogen kommen". Da kommt unterschwellig schon etwas der Verdacht auf, dass "tabulos" sich vor allem als Reizwort für diejenigen Männer hervortut, die verunsichert und frustriert sind, dass Frauen selbstbestimmt über ihre eigene Sexualität und Vorlieben entscheiden. Da wirkt die Frau, die alles mitmacht und dabei noch begeistert ist, als Erleichterung: Endlich mal eine, wo man keine lästige Rücksicht auf ihre Befindlichkeit nehmen muss.
Hat Candide recht? Was ist im Gegenzug mit Frauen, die sich ganz tabulos aktiv betätigen und ihre Art der Sexualität einfordern? Sind die dann auch noch so sexy? Den Mund aufzumachen und zu sagen, das will ich im Bett
und jenes nicht, das war für Frauen auch sehr lange ein Tabu. Ist es auch heute noch, und auch und gerade auf dieser Plattform: wenn man sich in diversen Threads die Männer anhört, die über "Divenverhalten", "Prinzessinnen", "MeToo-Unfug" und "Will-dies-nicht-will-das-nicht" ätzen, da fällt oft (genaugenommen mit monotoner Regelmäßigkeit) ein "das steht Dir nicht zu, Schätzchen, so toll bist Du nicht". Damit soll auch ein Tabu durchgesetzt, die Tabubrecherin in ihre Schranken verwiesen werden.