Ronin (Update und Fortsetzung)
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Die letzten beiden Nächte habe ich kaum geschlafen. Irgendwie wusste ich, dass ich etwas übersehen hatte. Wie Perlentaucher, der zwischen all den Muscheln den Diamanten nicht sieht. Eine gute Geschichte erzählt sich von selbst. Man hat den Knalleffekt am Schluss im Kopf, arbeitet darauf hin und hat keine Zeit, ihrer leisen Stimme zuzuhören. Der Stimme, die da sagt: „Da wollen wir nicht hin. Wir sind anders. Wir sind nicht eia popeia, wir haben uns nicht lieb!“
Eine Geschichte, die wie ein mysteriöser Krimi beginnt – wie konnte ich das übersehen? Nun denn, holen wir eine gute Geschichte vom Sockel, reißen ihr ihren Heiligenschein herunter und schauen einmal, was dabei herauskommt ... in der Hoffnung, aus etwas Gutem etwas Besseres zu machen. Scheiß Perfektionismus – sorry ... aber in der Kurzgeschichtengruppe haben wir schon ganz andere Dinger gedreht. Danke, liebe @*****har
„Sie sehen ein bisschen müde aus. Lange Fahrt gehabt?“
Andreas Bertholdt, ein sympathischer, kleiner Glatzkopf grinste und trippelte munter neben mir her. Es war Montagmorgen und ich hatte mit ihm ein paar Projektdetails durchgesprochen, die mit der IT der Bank noch abgeklärt werden mussten. Jetzt waren wir auf dem Weg zu seiner Chefin.
„Ging so. Bin schon gestern Abend im Hotel gewesen. Hab mir noch einen Horrorfilm angesehen. Mit weiblicher Hauptrolle.“, erwiderte ich.
„Ich dachte schon, Sie haben sich angeschaut, wie die Bayern untergegangen sind in Barcelona.“
„Hansa-Fan?“
Er drehte die Augen zur niedrigen Decke und ich wechselte das Thema. Wir IT-ler werden immer schnell miteinander warm „Wie ist sie so?“
„Ist nach der Wende gleich rüber. Hat sich hochgebissen bis in die Spitze der Türme in Frankfurt.“
„Was will sie denn hier?“
„Sie fand Ihr Projekt brillant und wollte sich das selbst ansehen, geht ja schließlich um ein paar Millionen, pro Jahr hier für uns. Danach hört sie auf. Hat schon ein Haus gekauft hier. Sagt, Schwerin ist die schönste Stadt der Welt. Sie will wieder nach Hause.“
Einer der ganz großen Bosse in der Provinz. Ich ahnte, was mir gleich bevorstand. Ossi, weiblich, in den Westen gegangen und sich durchgesetzt. Da hat man schon bessere Menschen versaut. Gib einer Frau Macht und da sie kein Mann sein kann, wird sie zum Tyrannen. Vielleicht war ich auch nur schlecht drauf, meine Hormondrüsen hatten Muskelkater. Sie kam aus dem Osten, war eine Frau und dazu noch IT – sie musste Zähne aus Edelstahl haben, wenn sie sich in dieser Welt hatte behaupten können. Respekt, wenn sie ihn denn mir auch zollte ...
Links und rechts neben der Tür, auf die Berthold zusteuerte, standen zwei Frauen in schicken, dunklen Hosenanzügen, die eine blond, die andere brünett, beide gut gebaut und ziemlich hübsch. Fast so groß wie ich, blickten sie uns mit sichtbarem Desinteresse entgegen. Berthold zupfte mich am Arm und ich ging langsamer. „Seien Sie vorsichtig. Sie verzeiht immer Fehler, auch Unachtsamkeiten, aber nur solange sie sieht, dass sich jemand voll reinhängt. Unterschätzen Sie sie bloß nicht!“
Bosse konnte ich nicht ausstehen, ganz egal, ob sie einen Rock oder Hosen trugen. Deswegen war ich Freelancer. Was nicht bedeutete, dass ich nicht um die Gefährlichkeit solcher Leute wusste. Man kam nicht ganz nach oben, wenn man nicht bereit war, eine Menge Schulterknochen beim Drauftreten zu zertrümmern oder sich nicht durch die richtigen Betten zu wälzen.
Ich feixte: „Was wenn doch?“
Eine der beiden Frauen klopfte, fast im gleichen Moment summte das elektrische Schloss und ich zog die Augenbrauen hoch. Berthold sagte: „Hat sie letzten Freitag einbauen lassen. Zu viel wichtige Dokumente in ihrem Zimmer, sagt sie. Gibt nur zwei Karten für die Tür, eine liegt beim Admin im Safe, die andere hat sie selbst. Deswegen stehen auch die beiden hier. Sind vom Sicherheitsdienst der Bank.“
Hätte ich meine Augenbrauen noch höher ziehen können, hätte es demnächst durch die Decke geregnet. Er drückte die Tür für mich auf und sagte leise, als ich an ihm vorbeiging: „Wenn doch, nimmt sie Sie Stück für Stück auseinander. Dann setzt sie Sie wieder zusammen, dass Sie sich nicht mehr wiedererkennen.“
Die Tür rastete mit einem deutlich hörbaren „klick“ hinter mir ein und ich blieb stehen. Eine kräftige Frau stand am Fenster. Sie drehte sich auch nicht um, als ich eintrat. Graue Haare mit mehr als nur vereinzeltem Weiß dazwischen fielen ihr in sanften, schimmernden Wellen bis auf die Schultern. Mit samtiger Altstimme sagte sie: „Guten Morgen. Der Vertrag ist in der Mappe auf dem Tisch.“
Damit war klar, wer hier die Hosen anhatte, auch wenn es bei ihr ein taubenblaues Kostüm war. Es saß perfekt, wie maßgeschneidert, der Rock wurde auf Kniehöhe eng und machte aus ihrem Übergewicht ansehnliche Kurven. Große Kreolen glänzten golden im Licht der Morgensonne an ihren Ohren und die Absätze ihrer Pumps schimmerten in der gleichen Farbe. Für das, was sie auf dem Leib trug, konnten sich Normalsterbliche einen Wagen der Mittelklasse leisten. Geld und Macht – die Aura wehte bis zu mir herüber und ich konnte sie nicht ausstehen. Beide ...
„Setzen Sie sich bitte und schauen Sie sich genau die Vertragsdetails an, bevor Sie unterzeichnen.“ Eine trainierte Stimme, weiblich, warm, fast sanft, aber in den Untertönen vibrierte etwas und es sagte: Weck mich nicht!
Das hatte ich auch nicht vor. Ich bin ein Arbeitstier, da hänge ich mich wirklich voll rein und das honorierte sie. Hatte Bertholdt gesagt und wenn nicht, war es mir auch egal, Hauptsache, sie zahlte. Ich setzte mich an den kleinen Konferenztisch aus dickem Milchglas und gebürstetem Aluminium und schlug die gelbe Mappe auf. Sie war dick wie ein Aktenordner, mein Vertrag lag obenauf; auf der zweiten Seite war mein vereinbarter Stundensatz und unten das Feld für die Unterschrift. Ich stutzte - es war nicht der Vertrag, dessen Kopie man mir zugeschickt hatte, der Stundensatz war zu niedrig, viel zu niedrig. Für das, was da stand, drehte ich mich morgens höchstens einmal auf die andere Seite.
„Hier ist Ihnen wohl ein Fehler unterlaufen“, sagte ich und es konnte gut sein, dass meine Stimme ein wenig scharf klang.
„Unwahrscheinlich.“
Am Klang hörte ich, dass sie sich umgedreht hatte. Ich hob meinen Kopf von dem Vertrag und wie eine Schockwelle schoss es durch meinen Körper, erst heiß, dann eisig kalt. Den Mund, der das gesagt hatte, hatte ich gestern geküsst. Nein, er hatte mich geküsst - der Mund von Dr. Viktoria Weinhold ... Vika ...
„Ich mache nie Fehler, Hartwig“, wiederholte sie. Ein paar zierliche Schritte, dann setzte sie sich auf den Rand des Konferenztisches neben mir und wieder stieg mir der Duft von Sandelholz in die Nase, trocken und kühl.
„Das ...“
Kranke reiche Kuh, dachte ich nur und schluckte meine Verblüffung herunter. Diesen Sieg wollte ich ihr nicht auch noch gönnen. Macht alleine reichte ihr wohl nicht mehr aus. Sie hatte sehen wollen, ob sie im fortgeschrittenen Alter auch noch als Frau Macht über Männer hatte. Bei denen nannte man das Midlifecrisis und vielleicht war sie ja mal ein heißer Feger gewesen. Ich brauchte diesen Vertrag dringend, sonst war ich am Ende, aber es gibt für alles eine Grenze.
Ich stand auf. „Dann hat sich das wohl erledigt. Auf dem Orgasmus, den du mir noch schuldest, bestehe ich nicht. Ich hoffe, du hattest wenigstens Spaß. Mir ist er vergangen. Ich gehe.“
„Aber du kannst doch nirgends mehr hin“, sagte sie. Belustigung glitzerte in ihren Augen.
„Doch, und zwar genau jetzt. Da, zur Tür hinaus.“
„Wenn du möchtest, dass Dich lieber mein Sicherheitsdienst bearbeitet statt ich – gerne.“
„Mach dich nicht lächerlich. Es gibt Gesetze!“
„Genau. Also setz Dich wieder hin, bevor ich dafür sorge, dass sie auf Dich angewendet werden.“
Unwillkürlich warf ich einen Blick auf die gelbe Mappe neben mir. Sie war dick, viel zu dick, selbst dann noch, wenn die bisherige Projektdokumentation darin abgeheftet war. Ich kreuzte wie sie die Arme vor der Brust und presste wütend die Lippen zusammen.
„Ja, ziemlich dick, oder?“
Sie lächelte und wie sie es tat, gefiel mir nicht. Mit ihrem dicken Hintern auf der Tischplatte war sie mir so nah wie gestern Abend und so kreuzte sie auch wieder die Arme unter den Brüsten. Als hätte sie Angst, dass der Büstenhalter das nicht alleine hinbekam. „Da kommt ein bisschen was zusammen im Leben eines Menschen ... in fünfzehn Jahren. Damals war ich für die Sicherheit in einer Bank in Luxemburg verantwortlich. Es war die Erste, die einem Hackerangriff zum Opfer fiel und es hätte mich fast meine Karriere gekostet. Gerettet hat mich nur, dass nichts gestohlen wurde. Der das getan hatte, hätte Millionen transferieren können und wir hätten nichts dagegen machen können. Fünf Jahre habe ich gebraucht, das brillante Gehirn zu finden, das mich geschlagen hat, und es war verdammt schwierig, das kannst Du mir glauben. Gar nicht mal, es zu finden. Wirklich schwierig war, dafür zu sorgen, dass es nicht mitbekam, dass ich es gefunden hatte. Ihm war gar nicht klar, mit wem alles es sich angelegt hatte. Natürlich war Interpol auf der Jagd nach ihm. Aber eben nicht nur.“
Sie legte den Kopf ein wenig schräg und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Wolltest du etwas anmerken?“
Ich räusperte mich, dann noch einmal, bis ich sicher war, dass meine Stimme unbeteiligt genug klang, und tat ihr den Gefallen. Schließlich wollte ich sie nicht so hängen lassen wie Sie mich gestern Abend. Sie war das Geld. „Warum hast du es nicht ausgeliefert?“
Laut klang ihr Lachen durch den Raum. „Ich habe es sogar beschützt. Oh ja ... Wir haben es als Honeypot benutzt und jeden der Leute abgefischt, die versucht haben, an es heranzukommen, um mit seinem Code so richtig Banken auszunehmen, und das waren wirklich keine freundlichen Zeitgenossen. So wirklich böse Jungs, weißt Du ... Wir haben richtig aufgeräumt in der Szene damals. Oh ja ...“
Wieder leckte sie sich die Lippen, dann beugte sie sich ein wenig vor. „Es war nicht bösartig, Hartwig. Es hat nur spielen wollen. Es hat immer nur spielen wollen ... dieses Gehirn. Geld hat es nie interessiert, ebenso wenig wie Verantwortung. Es hasste Grenzen und war losgezogen, jede zu überschreiten, die es fand. Es wollte unbedingt immer wissen, was dahinter war, süchtig nach Selbstbestätigung, nie sich selbst genug und sein eigener, schlimmster Feind. In der Akte da neben Dir steht, was es liebt, was es hasst, wovon es träumt und niemals jemandem erzählen würde – dabei wünscht es doch nichts mehr, als das es jemand genau danach fragt. So viel Phantasie ... wo andere einne Feldweg gehen, sieht es eine Autobahn; ein dunkler Tunnel ist eine Galaxy voller Möglichkeiten für dieses Gehirn und Computer seine Spielwiese. Nur mit dem Leben kommt es nicht so richtig klar. Ist ihm vielleicht zu langweilig. Wer weiß?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Egal. Ich bin da ein wenig ... hm ... strukturierter. Das Leben geht vor, oder ging vor, für mich ... Aber jetzt ...“, sie erhob sich vom Tisch und stand so dicht vor mir, dass mir ihr Atem ins Gesicht wehte. „Jetzt will ich auch spielen. Also zieh Deine Hose aus und setzt dich auf die Stuhlkante!“
Die Frau, die gewohnt war, alles zu bekommen, was sie wollte, hatte es nicht nötig die Stimme zu erheben und es war die gleiche kühle Stimme, mit der sie mir gesagt hatte, wo ich unterschreiben sollte. Das konnte sie nicht wirklich ernst meinen und wenn, brauchte sie dringend einen Schuss vor den Bug. Ich passte auf, dass ich meine Stimme unter Kontrolle hatte. „Gerne doch. Aber glaubst Du blöde machtgierige fette geile Kuh wirklich, dass ich bei Deinem Anblick noch einen hochkriege? So, wie Du mit mir umspringst?“
Sie reagierte anders, als ich erwartet hatte, gab ein paar kichernde Töne von sich, auf ihren Wangen zeigte sich Rot und etwas wie perverse Lust glühte in ihren Augen auf.
Sie gluckste: „Du wehrst dich? Ich wusste, du würdest mir Spaß machen. Hatte ich schon erwähnt, dass ich hier ein wenig aufgeräumt habe, als ich ankam? Der Teil des Sicherheitsdienstes hier oben bei mir ist weiblich und absolut loyal. Du hast sie gesehen, neben der Tür, und sie sind nicht so hässlich, oder? Was glaubst du, wie phantastisch sie nackt aussehen? Zwei perfekte Frauenkörper ... junge Frauenkörper ... straffe, duftende Haut, heiße Mädchenhände, samtige Lippen, gierige Zungen; Brüste, die geknetet werden wollen und ihnen ist es egal, ob von Dir, von mir oder von uns beiden zusammen. Sie werden dich scharfmachen, bis du bereit bist für mich. Ich teile zwar nicht so gerne und sie könnten Dir vielleicht ein bisschen weh tun, solltest Du Dich wehren, aber wenn du darauf bestehst ...?“
Die Sonne knallte ins Zimmer - Thermoglas, nur von innen durchsichtig und ich riss mir den Binder vom Hals, sonst hätte ich nicht mehr atmen können. Ihr Blick war der eines Chirurgen, der überlegt, an welcher Stelle er das Skalpell ansetzen soll. „Das ist immerhin ein Anfang. Der Rest bitte ...“
Das konnte sie vergessen. Nichts würde passieren, gar nichts. Ihre Lust würde nicht befriedigt werden und sie würde mich enttäuscht rauswerfen. Dann hatte ich Zeit, mir zu überlegen, wie ich aus der Nummer wieder herauskam. Vor allem aber, wie ich es ihr heimzahlen konnte. Sie war nicht so unangreifbar, wie sie zu glauben schien und wie sie gesagt hatte - Ihre Bank wäre nicht die erste, die ich knacken würde. Ich ließ meine Hose fallen, wo ich stand, und setzte mich auf die Stuhlkante.
„Die Hände nach hinten!“
Auch das. Sie legte den Kopf schräg, zog die Unterlippe zwischen die Zähne und schaute zwischen meine Beine.
Jo Mädel, da rührt sich nix, sorry aber auch. Ich verkniff mir ein Grinsen.
„Tss, tss ...“, machte sie. „Du hättest nicht nur den Vertrag lesen sollen in dem Hefter ... da steht auch noch, womit man ...“, sie stieß ein zischendes Lachen aus, „... nein, Frau Dich auf Touren bringen kann. Männer sind so einfach ... Ich habe meine Hausaufgaben gemacht, Liebster. Du darfst sie jetzt benoten ...“
Ein Bein nach vorne gestellt, greift sie hinter sich und der Rock rutscht knisternd über das Nylon über ihrem Bein nach unten. „Ich hatte fünfzehn Jahre Zeit, Deine Vorlieben zu studieren ...“ Die Knöpfe an der Bluse, das seidene Unterkleid folgt dem Weg des Rocks; den BH lässt sie an – und ihre Daumen fahren unter das Gummi das schwarzen Seidenschlüpfers - kein Slip, ein Schlüpfer - spielen mit dem Gummi, fahren darunter hin und her, dann streift sie ihn langsam, sehr langsam an ihren Beinen herunter und wirft ihn mit einer nonchalanten Bewegung auf die Tischplatte neben mir. Obszön wirkt er da – der schwarze Seidenschlüpfer auf dem hellen, sauberen Glas.
Mit nichts weiter als Highheels, glänzender Strumpfhose und BH dreht sie sich einmal um sich selbst, beugt sich ein bisschen vor, ihre Pobacken straffen sich - und schnurrt mit ihr samtigsten Stimme: „Siehst du, gewonnen ...“
Das leise Gurren, mit dem sie mir zwischen die Schenkel greift, sich einfach darauf setzt und sich auf mir bewegt, habe ich schon einmal gehört – nicht von ihr, natürlich nicht. Fünfunddreißig Jahre ist es her, ein junges Mädchen hat es von sich gegeben, als ein Mann ihre Hand nahm und an die gleiche Stelle legte. Es war das erste Mal gewesen für sie ...
„Wehe ...“
Muss sie nicht betonen . Auch wenn mein Körper schon immer mein schlimmster Feind war, was Frauen und gesunden Menschenverstand angeht. Natürlich werde ich nicht, niemals, nicht mit ihr und auch das kommt auf ihre Rechnung.
Wie gestern werden ihre Stöße heftiger, ihr Stöhnen lauter und ich ertrage es. Etwas in mir genießt es und das gleiche Etwas hasst sie genau dafür, dass etwas in mir genießen kann, wie sie sich auf mir auf und nieder bewegt; mit meinem Körper macht, was sie will und selbst in meinem Kopf ein Tohuwabohu anrichtet.
Ausgeliefert ... gefesselt ... ich bin der Mann ... lege Frauen flach ... spiele mit ihnen ... verschaffe ihnen Lust ... ist meine Rolle ... ein Leben lang ausgefüllt ... ausfüllen müssen weil es keine ... mache eigene Psychoanalyse ... anal ....
Schluss!, schreie ich und wie gestern, lässt sie sich gegen mich fallen. Heißer, heftiger Atem an meinem Ohr; Brüste unter einem Büstenhalter, die sich gegen mich pressen, ein langgezogenes Stöhnen und als es verhallt, steht sie auf. Einfach so und baut sich mit ein wenig gespreizten Beinen vor mir auf. Wieder glänzt Feuchte auf ihrer Strumpfhose - es interessiert mich nicht mehr. Nicht die Bohne. Gar nichts interessiert mich noch, außer, wie ich jetzt hier wieder herauskomme und es ihr heimzahlen kann. Ich greife nach meiner Hose.
Kalt sagt sie: „Welchen Teil von ‚lang‘ hast Du gestern nicht verstanden?“
Eine Eisplatte, die in mein Rückgrat krachte. Ich wurde steif. Sie lächelte flüchtig, griff nach dem Rock, streifte ihn über und zog den Reißverschluss zu. An ihren Schlüpfer auf dem Tisch schien sie nicht zu denken; ging zu ihrem Schreibtisch, holte einen Spiegel aus einer Schublade, warf einen prüfenden Blick hinein und sagte, während sie mit peinlicher Genauigkeit die Konturen ihrer Lippen nachzog: „Weißt Du, was Du siehst, Hartwig, wenn Du eine Grenze überschreitest?“
Ich saß nackt auf dem Stuhl, die Hände bedeckten das, was nicht mehr zu bedecken war, zumindest nicht vor ihr, und mich interessierte einen Scheißdreck, was immer auch für Antworten sie noch von mir haben wollte.
„Wolkenkuckucksheim“, knurrte ich.
„Aber, aber ... Sind wir sauer? Nein, die nächste Grenze. Wenn Du auch diese überschreitest, kommt noch eine und so weiter ...“
Sie klappte den Spiegel zu und es klang wie ein Schuss, irgendwie endgültig. „Und es hört niemals auf. Deine Konten bei der BR habe ich ausgeglichen und hier bei uns neue eröffnet. Nirgendwo anders wirst du mehr Geld bekommen, Deine Kreditwürdigkeit war ohnehin schon erledigt. Ich bin Deine letzte Grenze, Hartwig. Danach kommt nur noch mit Minen gespicktes Niemandsland für Dich. Leg dich mit dem Rücken auf den Tisch, die Hände unter deinen Po!“
„Was?“
„Du hast mich schon verstanden!“
Wir lieferten uns ein Blickduell und jeder von uns wusste, wer verlieren würde. Ich senkte den Kopf, aber vorher knurrte ich noch: „Dafür bringe ich dich um!“
„Aber das hast du doch schon. Du hast mein Herz gebrochen und ohne kann kein Mensch leben. Na ja, jedenfalls nicht so richtig. Aber das zahle ich Dir gerade heim. Du wirst mir nichts tun, das kannst Du gar nicht. Ich werde nachts neben Dir einschlafen und so sicher sein wie in Abrahams Schoß. Sagen wenigstens die drei Psychogramme, die ich von Dir machen lassen habe. Du kannst eine Frau nicht mal schlagen, du Weichei. Wobei ...“
Sie stand auf, kam um den Tisch herum und leckte sich die Lippen. Mehrmals tat sie das und jedes Mal blieb mehr Feuchtigkeit auf ihnen zurück. „... eine harte Stelle hast du. Richtig hart ...“
Wieder fuhr sie sich mit Zunge über die Lippen, ganz langsam und ich wusste, dass sie wollte, dass ich es sah. Sie war verrückt, anders konnte es nicht sein und das irrlichterte auch in ihren Augen. Wenn ich hier rauskam – und das würde ich ...
„Jetzt leg Dich endlich hin!“ Sie stieß mich vor die Brust und ich krachte mit dem Rücken auf den Tisch.
„Hände unter den Po! Sonst rufe ich die Mädchen rein!“
Sie stellte sich nicht zwischen meine Beine, sondern neben mich, griff mir zwischen die Schenkel und ich biss wieder die Zähne zusammen. Doch etwas war anders, ganz anders. Sanft, fast zärtlich bewegte sie ihre geschlossene Hand auf und nieder. Zärtlichkeit? Von ihr?
Erst waren es nur Millimeter, dann etwas mehr, wieder ganz hoch, dann so weit nach unten, dass es weh tat. Doch nicht wirklich, als konnte sie spüren, wo die Lust endete und der Schmerz begann ... der Druck wurde fester, wieder hoch, ganz hoch, mit der anderen Hand langte sie über mich hinweg, küsste meine zusammengepressten Lippen und flüsterte dann: „Augen zu, Mund auf!“
Nein! Ich presste die Kiefer aufeinander. Vor über vierzig Jahren hatte das immer ein Mädchen zu mir gesagt, wenn sie aus der Bäckerei ihres Vaters Plätzchen stibitzt hatte. Ich erinnerte mich genau, wie wir dann auf der Friedhofsmauer gesessen hatten, Hand in Hand und sie mir die Plätzchen in den Mund gesteckt hatte. Jetzt war diese Erinnerung besudelt. Es war der Moment, in dem ich begann, Dr. Viktoria Weinhold zu hassen, und ich wusste, dass dieser Hass niemals mehr erlöschen würde. Sie war zu weit gegangen.
„Mach den Mund auf“, flüsterte sie. Ein Kuss, zart wie ein Schmetterlingsflügel und ein Wort wie ein Hauch: „Bitte ...“
Ich hasste auch mich, weil ich tat, was sie wollte, und ich hasste meinen Körper, weil er mich unter ihrer sachkundigen Hand verriet. Sie stopfte mir ihren Schlüpfer in den Mund, bis er mich ganz ausfüllte und sie ließ sich Zeit dabei. Von nun an war ich nicht mehr nur willenlos, sondern auch noch stumm. Auch das kam mit auf ihre Rechnung.
Nein, ich konnte nicht einfach aufstehen und sie zusammenschlagen. Dann hätte ich auch noch ihren Sicherheitsdienst auf dem Hals gehabt, auch Frauen. Das war mir nicht gegeben, ich konnte tatsächlich keine Frau verletzen, ihre Psychologen hatten gute Arbeit geleistet. Über diese Grenze war ich niemals gegangen und würde es auch niemals tun. Aber ich konnte sie zerstören, langsam, so, dass sie genau mitbekam, wie ich ihr alles nahm, was ihr etwas bedeutete. Egal, was sie jetzt noch vorhatte - ich flüchtete in eine Welt, in die sie mir nicht folgen wollte, meine Fantasie, und da nahm ein Plan langsam Gestalt an ...
Sie steckte einen Zeigefinger in den Mund und als sie ihn herauszog, war er voller Speichel. Ein bisschen davon floß über ihre Lippen. Sie flüsterten: „Ich werde Dich Lust lehren“, und Wahnsinn lohte aus ihren Augen.
Ihre Hand glitt zwischen meine Schenkel, tiefer, fand den Ort, an dem ich gestern bei ihr war ... kreiste, spielte, drang schließlich ein, unvorstellbar zart, bis zum ersten Fingerglied ... Sie beugte sich herab, ihr Mund umschloss mich, heiß war er und feucht ... Ihr Kopf bewegte sich auf und nieder, langsam, Lippen, die jeden Millimeter kosten. Ein Schmetterling mit zarten, heißen Flügeln flog vorbei; kehrte wieder zurück; schlug mit den Flügeln, als sei er ein Kolibri, und mein Unterleib musste sich ihm entgegen heben. Tiefer nimmt sie mich auf, immer tiefer; mein Rückgrat krümmt sich in einem unmöglichen Winkel ... ihr Finger dringt in mich ein, so tief wie ihr Mund mich in sich aufnimmt.
Ich schreie, was meine Lungen hergeben, der Schlüpfer in meinem Mund nimmt mir die Luft, rote Sterne explodieren hinter meinen Augen ... Luft ... Mein ganzes bisheriges Leben fliegt in diesem erstickten Schrei davon und macht Platz für etwas anderes.
Der Schlüpfer wird aus meinem Mund gerissen, ich kann wieder atmen und japsend hole ich Luft. Noch immer ist sie über mir, hat mich nicht in die Kälte entlassen; der Schmetterling flattert noch einmal um mich, genau in dem Moment, als sie ihren Finger aus mir hervorzieht und es macht den Schmerz erträglich. Selbst, als ich kleiner und kleiner werde in ihrem Mund, bleibt sie noch, so lange, bis ich beginne, mich auf dem Tisch zusammenzurollen und wieder mit aller Gewalt die Kiefer zusammenpresse, diesmal, weil ich nicht will, dass sie sieht, was da in mir hochkommt, meine Kehle zusammenkrampft, mit aller Gewalt von innen gegen die Augen drückt ... Wer ist diese Frau?!
„Alles ist gut ... Sie ist eine Stimme in der Dunkelheit, die mich im Hier und Jetzt hält; Sie ist Arme, die verhindern, dass ich vom Tisch falle ...
„Komm ...“
Sie kniet vor mir, hält mir die Hose hin, hilft mir hinein und dann auf den Stuhl. Ihr Gesicht, ganz nah vor mir, ein Kuss, dann richtet sie sich auf und geht wieder zum Fenster, als brauchte sie den Abstand zwischen uns.
Ruhig, als wäre nichts Besonderes geschehen, sagt sie von da: „Du wirst hier jeden Tag genau acht Stunden arbeiten, keine Minute länger und dafür werde ich Dich bezahlen, Hartwig. Die restlichen Stunden des Tages ...“
„... arbeite ich als Dein Sexsklave, ja?“ Es war ein Beißreflex gewesen, nichts weiter. Mein Gehirn litt noch unter Blutleere.
„Blödsinn.“ Der Boss sprach. „Das entscheidest du selbst. Ich habe zwei Schlafzimmer, eines zum Schlafen, eines für Spaß und einen ganzen großen Kleiderschrank voller hübscher Sachen zum Spielen. Dazu noch ein Arbeitszimmer, in dem die besten Computer, die man für Geld kaufen kann auf, Dich warten. Du hast in den letzten Jahren Raubbau mit Dir betrieben, bist am Ende, Dein Körper und Dein Kopf brauchen Erholung. Ich biete sie Dir, die besten Ärzte und natürlich, die besten Köche. Wenn Du Dich dann erholt hast, kannst Du Dir immer noch überlegen, wie Du mich am Besten fertigmachen kannst für das, was ich Dir, wie Du glaubst, angetan habe. Oder ob es da nicht bessere Möglichkeiten gibt. Ich habe so dass Gefühl, dass wir zusammen noch eine ganze Menge Spaß haben könnten und nicht nur im Bett. Ich habe mich schon immer gefragt, was Bonny und Clyde wohl als Rentner so getrieben hätten.“
Ich musste mich auf den Stuhl setzen. „Was soll das? Bist du verrückt?“
„Eher unausgelastet. Das ödet mich hier alles so an ...“
Wortlos ging sie in ein Nebenzimmer. Die Frau, die nach nur zwei Minuten zurückkehrte, war eine andere. Sie trug Jeans, Turnschuhe, ein verblasstes T- Shirt und hatte sich jede Schminke aus dem Gesicht gewischt. Ihre Lippen wirkten schmaler, die Augenlider auch, weil sie die künstlichen Wimpern entfernt hatte. Sie setzte sich seitlich auf meine Oberschenkel und hielt mir eine alte, verzierte Blechdose hin. „Möchtest du einen Keks? Ist aus der Bäckerei meines Vaters.“
Ich starrte sie nur an, Worte hatte ich keine mehr.
„Ach so, entschuldige, hab ich noch vergessen.“
Sie beugte sich vor, machte mit einem Finger etwas in ihrem linken Auge, dann mit ihrem rechten und als sie mich schließlich wieder anblickte, waren beide grün. „Weißt du ... das mit dem Orgasmus – den schuldest Du mir seit fünfunddreißig Jahren. Die Zinsen treibe ich jetzt ein und du wirst nicht viel dagegen tun können.“
Sie gab mir einen Kuss, sprang auf, setzte sich hinter ihren Schreibtisch und trotz Jeans und T-Shirt war sie wieder der Boss. „Unterschreibe bitte den Vertrag, dann bringen Dich meine Mädchen nach Hause. Deine Hotelrechnung ist bereits beglichen und Deine Sachen sind schon in Deinem neuen Zuhause. In unserem. Die Mädchen bleiben bei Dir, bis ich komme und werden dich beschützen.“
„Vor dir?“
Ich stand auf. Nicht so forsch, wie ich es gerne gewollt hätte. Aber das würde wiederkommen, da war ich mir sicher. Sie wollte mich aufpäppeln? Gerne, dabei konnte ich mir in Ruhe überlegen, wie ich aus ihrer Schlinge wieder herauskam. So verhielt sich keine normale Frau und mit einer Verrückten wollte ich nicht allzu lange etwas zu tun haben.
Sie erhob sich ebenfalls. „Vor Dir selbst. Du könntest vielleicht vor mir weglaufen wollen und das wäre gar nicht gut. Denn dann müsste ich ein paar von den bösen Jungs, die ich damals nicht aus dem Verkehr gezogen haben, reaktivieren. Sie würden Dich überall finden und zu mir zurückbringen, wenn ich es wollte und ich würde es wollen.“
In ihrer Stimme klirrte arktisches Eis: „Damit ich dich begraben kann. Zusammen mit den Hoffnungen, die ich auf dich gesetzt habe.“
* Ende Teil I***
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Nachbemerkung: Irgendwie bin ich fürchterlich neugierig auf das, was "Bonny und Clyde für Rentner" noch miteinander und mit anderen anstellen. Ich bin sicher, sie werden bald von sich Reden machen.
Schönen Abend Euch allen
Rainer