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Eine JC-Liebe

Eine JC-Liebe
Was für Tage und was erst für Nächte!? Krebs, Scheidung, Schulden - es bleibt nur zu versinken, so tief wie möglich, sehr tief bis unter den Verstand, unter die Erinnerungen, ganz unter die eigene Person mit diesem Lebenslauf, dieser Lebensgeschichte. Erst ins Bodenlose versinken, um dann vollends zu ertrinken.
Mit letzter Kraft elementarer Verzweiflung, der einzigen noch stichhaltigen und erfahrbaren Wahrheit in diesem Zustand, keimte in mir der Entschluss, mich im JoyClub anzumelden.

Benommen vor Aufregung, als hätte ich eine heimliche Sendung zu erfüllen, um eine Geliebte zu suchen, schwadronierte ich zwischen den Profilen von “Candy” über “Mandy”, hin zu “Schoki” bis “Zuckerstück” umher. Zwischen all diesen durchaus alltäglichen Frauen, die mir in neuem Licht erschienen, die sich unter dem Stern des Sexus gleichsam aufhellten, Scham und Schande verloren, um mir Rausch und Vergessen vor mir selber zu garantieren. Überwältigt - und überfordert - war ich von der zügellosen Erkenntnis, dass in jeder dieser einmal ins Auge gefassten Frauen etwas Ungeheuerliches sichtbar wurde: Jede hatte etwas, das mein Interesse, meine Lust, sogar meine Liebe mehr noch als alles andere, heraufbeschwor, verdiente, ihr meine völlige Hingabe im Fall der Fälle sichern konnte. Alle lernte ich auf stille Art kennen, in meiner Fantasie - in meiner Vorstellung durchlebten und durchlitten wir die buntesten Abenteuer, bis ich beinah platzte … und doch fehlte bei jeder etwas, um tatsächlich einen ersten Schritt zu machen.

Im Forum sah ich unerwartet eines Tages ihre Worte tanzen. Schlank und elegant wie die Schnörkel aus einer spitzen Feder, lastete doch der übertrieben förmliche Ausdruck schwer auf dem von ihr Gesagten und Vertretenen, aber ernst und würdevoll auch und auf jeden Fall anders als alles andere. Verwirrt war ich. Starrte wieder und immer wieder den gleichen Beitrag von ihr an (viele gab es nicht), wollte dabei gelassen bleiben, überlegen, den Menschen hinter den Worten erahnen, skizzieren, malen - insgeheim sezieren, um wieder meine Ruhe zu haben. Doch Bilder lockten mich auf ihr Profil; Bilder und Metaphern freilich aus Worten, Reimen, Gedanken, teilweise in einer anderen Sprache, doch immer mit scharfer, prägnanter Linie gezeichnet, konzentriert im Ausdruck - gleichsam mit klarer, durchsichtiger Haut: So sah ich immer mehr den Menschen, der sich hier mehr zur Schau stellte als verbarg: eifrig, hochmütig, ehrgeizig - oder doch eher: geflissentlich, überzeugt, selbstsicher?

Egal. Ich spürte mein Herz heftig schlagen, angestrahlt von einem großen Licht, durch ein “Danke” von ihr für einen Beitrag von mir schließlich ausgelöst und ein sich dadurch entsponnenes, bis heute nicht beendetes Gespräch.
Das Wunder - das Wunderbare - für mich war, dass auch sie durch eine sonderbare Kraft meines Blicks auf sie und dass auch sie durch meinen Herzschlag gleichsam erlöst wurde von allem, was sich in ihrem Leben bis hierhin ereignet hatte.
So entriss sie und so entriss mich für sie ein glühend lebendiger Funke aus der schwarzen Kralle des Fremden, Unbekannten. Sie erhob sich aus dem Grau des Banalen hin zu etwas absolut Besonderem.

Immer noch bin ich gleichermaßen erregt wie verlegen, wenn sie vor mir steht und ich meinen Blick senken muss, um nicht rot zu werden. Doch dann sehe ich ihre schlanken, lange Beine, die eindeutig leicht und bei jedem Schritt federn, dann sehe ich sie tanzen wie immer noch ihre Worte bei jeder ihrer Nachrichten an mich tanzen. Mein Herz zittert dann und meine Knie schlottern und dadurch wiederum zittert mein Herz, weil es mir peinlich ist, dass sie sehen könnte, wie meine Knie schlottern … aber ihre Augen bleiben sanft … und doch trotzig, amüsiert, frech und ruhend selbstsicher, als wollte sie mir damit versichern, ich sei ein dummer Junge, wenn ich anderes denken würde und dass sie ihre Worte und Beine nur für mich tanzen lässt.

Mittlerweile macht mich ihre Liebe sanft und froh und glücklich, genauso wie es mich sanft, froh und glücklich macht, sie zu lieben. Ich hatte lange vergessen, dass ich mich überhaupt freuen kann. Ich fühle den blauen Himmel und ich sehe blühende Blumen - wie durch sie als Brennglas erst. So vermittelt mir die gesamte Welt Glückseligkeit.
Schlagartig sind alle sexuellen Experimente und Irrungen vergessen, ausgelöscht, ungeschehen gemacht. Wir sind ohne Geschichte. Als Menschen ohne Geschichte habe wir uns kennen- und lieben gelernt. Wir sind jetzt. Was gewesen ist, ist weg. Wir sind leere Blätter, um unsere Geschichte aufzuschreiben. Wir sind neue Blätter. Sie ein neues Blatt, ich ein neues Blatt. Was folgt, ist unser Buch.

Es gibt diese Stelle im oberen Bauch, knapp unterhalb des Herzens, die merkwürdig sticht und brennt, wenn ich voller Sehnsucht an sie denke - selbst wenn sie sich im Nebenzimmer befindet. Ich verstehe nicht, wie sie so ruhig sein kann, während mir vor Spannung beinah der Schädel explodiert!? - Komisch, wie sie alles über mich weiß und sich darum meiner sicher sein kann. Es ist, als sähe sie, was ich durchgemacht habe. Mit ihr muss ich nicht mit Worten reden.
Auf diese Weise ist alles geheim. Wir sind geheim.
Aber wir fühlen. Wir fühlen alles. Sie öffnet sich. Bei mir öffnet sich alles. Wir ziehen uns aus, aber wir ziehen uns nicht mehr zurück. Sie soll wissen, wie ich aussehe, wie ich wissen soll, wie sie aussieht. Trotzdem ist das Licht aus. Wir sehen uns auch ohne Augen. Es gibt nichts zu verbergen, nichts vorzutäuschen. Absolut ist die Ehrlichkeit, unsere gegenseitige Offenheit - doch vor allem tut diese Ehrlichkeit nicht weh, sie befreit - wer wollte auch die Spuren des Lebens unsichtbar machen und davon abgesehen: wer könnte es!?
Im Gegenteil, ich spüre ihre Narben und liebe sie noch mehr. Dennoch schämen wir uns ein wenig voreinander … Ist es nicht töricht und blöd!? Und unsinnig!? Aber es ist ganz und gar nicht töricht, blöd oder auch unsinnig: Ich überreiche ihr meinen Penis, sie überreicht mir ihre Vulva. Wir überreichen uns unsere Körper mit allem, was darin enthalten ist, mit allen Ängsten und Befürchtungen und Enttäuschungen.
Sie lächelt. Ich lächle. Ich bin dankbar. Sie ist dankbar. All unsere Spannung löst sich in unseren Orgasmen auf, die das letzte Vertrauen schaffen, das wir so nötige brauchen.
Wer wollte da in Abrede stellen, wie wichtig der Leib ist und was er uns vermittelt!? - Dass sie (M.) den schönsten der Welt hat, muss ich an dieser Stelle nicht betonen ...
Zu beneiden ist die Frau, der diese Zeilen gewidmet sind *hutab*
Einmal mehr bleibt mir nichts außer zu bewundern, mit welcher Leichtigkeit Du imstande bist, Gefühle in Worte zu kleiden und damit für den Leser einen ganz eigenen Tanz zu kreieren. *anbet*
*******_NRW Frau
1.437 Beiträge
Vielen Dank für diese wunderbaren Worte.
Sie geben mir ein stückweit Hoffnung wieder. Gibt es dort draußen tatsächlich eine Person, dessen Herz in meiner Gegenwart zu flattern beginnt??
Gibt es diese Liebe tatsächlich????
Ganz lieben Dank und liebe Grüße unbekannter Weise an euch beiden. Dass es sich für immer so anfühlen wird
*********leen Frau
288 Beiträge
Was unvorstellbar ist, wird vorstellbar und wahr, wenn alles, was unter Verschluss blieb, dort, wo man nur alleine in sich wohnt und darum einen Wall errichtet hat, herausströmt dem Liebsten, ihm entgegen. Und, wenn er dahinein in sie gefahren ist. Aus diesem offenen Dialog zweier Herzen erwächst die Geschichte, die einzige, die richtige, die einzig wahre. Sie, die Liebe ermöglicht es erst, dass man sich auflöst, ineinanderfliesst und Herzen von Gefühlskatarakten durchschüttelt, rasen. Mein Herz rast für ihn, in ihm.
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