@*****gar:
Und ich habe Schwierigkeiten zu verstehen, warum gerade das Thema "Sexualität" Unsicherheit, Ängste und Unbehagen bei so vielen auslöst
Diese Verständnisschwierigkeiten habe ich auch... ich kann darüber nur mutmaßen und überlegen, ob vielleicht doch noch altmodische Erziehungsvorbilder da Einfluss auf die Kinder und Kindeskinder nehmen... meine Eltern waren da zum Beispiel sehr unterschiedlich. Meine Mutter stammt aus einem verklemmten Elternhaus, in dem weder aufgeklärt noch offen mit Sexualität umgegangen wurde. Mein Vater hingegen ist so ein echter Alt-68er mit leichten Hippie-Tendenzen und Fable für antiauthoritäre Erziehung... Unterschiedlicher könnte es kaum sein.
Meine Mutter war selbst sehr verärgert über die verklemmte Art des Umganges, den sie aus ihrer Kindheit gewohnt war und hat versucht, vieles besser zu machen. Nun, sie war nicht vollkommen erfolglos, möchte ich meinen.
Ich kann jedoch auch mit meinen Eltern heute nicht über ALLES sprechen, was ich mag, was mir gefällt, was ich tue in sexueller Hinsicht. Das ist aber vielleicht auch ok so.
Um den Argumentationskreislauf zu schließen: ich denke, die elterlichen Vorbilder sind vielleicht ein Grund dafür, dass viele auch heute noch nicht unverkrampft mit Sex umgehen können.
Ein anderer Grund ist generelle Verunsicherung. Ich nenne mal ein Beispiel:
Ich las in einem Mütter-Forum eine Frage einer Mutter, die gerade auf der Suche nach einem geeigneten Kindergartenplatz für ihren Filius war. Sie erzählte, sie habe sich am Nachmittag einen Kindergarten angeschaut, der ihr eigentlich einen guten Eindruck gemacht hatte... dann aber hätte sie erfahren, dass die Kinder, die dort in Familienstrukturen organisiert waren und nicht in nach Alter sortierten Gruppen (es befinden sich in einer Gruppe also Kinder im Alter von 2-6 Jahren, nicht nur gleichaltrige), regelmäßig gemeinsam baden würden. Alle zusammen, nackt, in einer Badewanne. In diesem Kindergarten gehörte das wohl zum Ritual.
Ok. Diese Mutter drückte zwar eine gewisse Skepsis aus, fragte aber ansonsten ganz wertfrei in die Runde, was wir anderen denn dazu meinen würden.
Was soll ich Dir sagen, @*****gar... der Thread explodierte förmlich. Haufenweise Beiträge, Diskussionen, Streitgespräche. Ein absolut heikles Thema offenbar.
Ähnlich verhielt es sich mit einem Thread, indem es sich um männliche Kinderbetreuer drehte...
Du merkst, wo ich hinmöchte gedanklich? Die Boulevardmedien werden doch nicht müde, jeden Fall von Kindesmissbrauch, angeblichem Kindesmissbrauch und ähnlichem auszuschlachten und sich an der daraus entstehenden Hysterie zu ergötzen.
Vor diesem Hintergrund finde ich es besonders erklärlich, dass Lehrer verkrampft auf das Thema reagieren. Ich könnte mir vorstellen, dass am nächsten Elternabend Soddom und Ghomorrah geschrien wird, wenn ein Lehrer mal Initiative ergreift und wirklich offenen, guten und zeitgemäßen Sexualkundeunterricht macht. Viele Eltern dürften argumentieren, dass damit viel zu sehr in ihre Erziehungsstrukturen und ihre Privatsphäre eingegriffen wird...