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Und dann stellt sich die Frage warum man nicht mehr satt und zufrieden ist
Ja natürlich, diese Frage habe ich mir auch mal gestellt. Natürlich ist das Vordergründige am einfachsten: ich "bekomme" nicht genug Sex, auch nicht die Art Sex, die mich zufriedenstellt. Schnell und einfach zu beantworten.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit, wenn überhaupt, denn man landet dann schnell bei Schuldzuweisungen, bei der Suche nach Lösungen, bei dem Gedanken, daß der Partner nicht so 'funktioniert', wie man sich das wünscht. Und wenn trotz aller Bemühungen - wir haben wirklich vieles versucht, auch Paarberatungen, auch verschiedene Möglichkeiten von Massage oder "Techniken", auch Termine, an denen Sex geteilt wird - etwas in einem hungrig bleibt, dann stellt sich die Frage: Wat'n nu, Trennung? Das ist dieser Punkt, an denen ich in unzähligen Beiträgen in unterschiedlichen Foren immer wieder lese: "Trenn dich, das wird nix mit euch".
Der Gedanke, ohne meinen Mann zu leben, ist fast unerträglich - ich könnte, ich bin kein besonders abhängiger Charakter. Aber ich will nicht, er würde eine so große Lücke in meinem Leben hinterlassen, daß ich mich wirklich fragen müßte, warum ich so viel "nur für Sex" zurücklassen würde.
Umgekehrt: dann leb halt ohne Sex. Geht das? Ich war immer triebhaft. Und habe vor meiner Ehe immer recht beziehungsarm und eher promiskuitiv gelebt. Nicht wahllos rumgevögelt, das nicht, aber doch so, daß ich als Singlefrau genügend Befriedigung und auch Bestätigung bekommen habe, sexuell begehrenswert zu sein.
Das ist ein wichtiger Punkt, nein: eigentlich zwei: fortwährende, sich immer wiederholende Zurückweisung - ganz egal, aus welchen Gründen auch immer - macht etwas mit einem. Selbstzweifel, das Gefühl, zu gierig zu sein, das Gefühl, keine Resonanz zu finden, selbst wenn man vom Kopf her weiß, daß der Partner das so nicht meint. Damit zu leben ist schwer. Aber auch: der größere Teil meines erwachsenen, sexuellen Lebens lebte von unverbindlichen Beziehungen, auch von einmaligen Sexerlebnissen. Es wird oft gesagt: Jaaa, aber Sex in einer liebevollen Beziehung ist doch so viel tiefer, so viel intensiver, so viel besser!
Nein, ist er nicht. Er ist anders, kann wirklich unglaublich toll, beglückend, wunderbar sein. Aber so, wie Selbstbefriedigung eine ganz eigenständige Art von Sexualität ist, die ich im Leben nicht mit Paarsex vergleichen würde, so ist Sex mit einem neuen, unbekannten Menschen einfach nicht vergleichbar, lebt vom Neuen, von Aufregung, von Verliebtheit und Entdeckerfreude.
In meiner Beziehung könnte natürlich der Versuch, mit verbundenen Augen und gefesselt eine Session als "ausgeliefertes Opfer" ganz nett sein. Kaum aufregend, kaum überraschend - man kennt seinen Partner doch, und wenn der nicht gerade ein begnadeter Schauspieler ist, der fähig ist, ständig neue, unerwartete "Drehbücher" zu schreiben, dann wird für so eine Fantasie wohl kaum ein ängstlich-erwartungsvoller Kick entstehen. Das nur als ein Beispiel. Nicht jeder braucht oder will so etwas, aber für mich zumindest hat ein sehr wichtiger Teil meines Empfindens immer auch von diesem Kick, dieser neuen Sensation mit einer Sexpartnerin gelebt.
Ich empfinde es als Glück, wenn ich diese Seite leben darf, nicht als "Defizit", sondern als akzeptierten Teil meiner Bedürfnisse.