Das ist primär eine Frage der Streitkultur, wie jeder sie kennen gelernt hat und dann auch einbringen kann.
Und es ist nur allzu offensichtlich, dass man sich hier im D/s wahrlich prima dahinter verschanzen kann, so es einem nicht gegeben ist, auch mal einen Streit zu ertragen. Machtgefälle, Augenhöhe- all das kann man vorschützen oder sich darauf beziehen, wenn es sich darum geht Konflikte zu vermeiden, anzusprechen, lösen oder sich gar streiten. Wobei ein Streit dann wohl ein Tabu darstellen soll. Der Teppich, unter dem man alles kehrt.
Ob auf Augenhöhe oder hinter einem Machtgefälle- wem hier die Streitkultur fehlt, wird sich auf keiner der beiden Seiten kompetent verhalten können.
Wenn die Frage also lautet: Können Dom und Sub miteinander streiten ist die Antwort ganz klar Nein! Das ist weder erlaubt noch erwünscht und gleicht einem Tabubruch, der alles ins wanken bringt. Das Machtgefälle muss aufrecht erhalten bleiben, Kartenhäuser fallen eben schnell. Und wenns dann auf Augenhöhe auch nicht viel weiter her ist, dann bedeutet ein Streit ein Bruch. Natürlich will das vermieden werden. Um welchen Preis? Ist ja hier nicht die Frage.
Oder vielleicht doch? Sub hat aufbegehrt und Dom ist ein Zacken aus der Krone gebrochen. Seine Macht schwindet. Oder umgekehrt: Dom streitet sich mit Sub. Warum streiten, hat er Sub etwa nicht unter Kontrolle? Schwindende Macht, das Eis wird dünner...
Unter der Linse des D/s betrachtet, wird ebenjene im Streitfalle schnell brüchig. Es kann, darf und soll halt nicht sein. Möglicherweise lässt sich so ein Streit vermeiden aber doch nicht seine Ursache?
Immerhin tauschen sich hier darüber erwachsene, erfahrene und verantwortungsvolle Menschen darüber aus, wie denn in diesem Falle zu verfahren sei. Und wenn ich lese, dass ein Streit ob dessen schlichtweg nicht statthaft ist, kommen mir Zweifel an der Ernsthaftigkeit, wohl aber der Glaube an Streitunfähigkeit auf. Ob das unter der Linse des D/s in einem schöneren Licht strahlt, überlasse ich dem Auge des jeweiligen Betrachters.
Die Streithähne unter uns wissen, dass auch im schönsten Sommer sich dunkle Wolken zusammen ziehen, es blitzt und donnert und oft ein kalter Guß von oben kommt. Ein Gewitter. Es war nicht angesagt, man hats nicht kommen sehen, es kann aus heiterem Himmel kommen. Das ist seine Natur. Und man soll es nicht für möglich halten- danach scheint auch wieder die Sonne. Und so ist ein Streit fast immer ebenso harmlos wie ein Gewitter. Es war laut, es war heftig aber nix passiert. Und es ist ganz natürlich.
So stelle ich mir gerade jene D/s-er vor, die im Falle eines Streits tatsächlich ihr Machtgefälle verlieren, ihnen alles unter Händen und Füßen zusammen bricht und frage mich- wie das wohl noch auf Augenhöhe zu retten gewesen wäre?
Ich weiß, dass D/s ein hervorragendes Konstrukt ist, Konflikte zu umgehen, Meinungsverschiedenheiten umzuleiten und einen Streit im Keim zu ersticken. Auch eine Art von Streitkultur. So lässt es sich ganz bequem, sich selbst etwas vormachen, dahinter verstecken. Auch eine Lösung.
Machtgefälle, Augenhöhe- darunter unterscheide ich nicht, beides ist mir immanent. Im D/s (oder auch im RP) bekleide ich keine Rolle, da bin ich stets authentisch. Aber ich frage mich, ob und welchen Unterschied es macht, ob und dass man eine solche Rolle bekleidet (Dom/Sub) und das in der Streitkultur in Hinblick auf D/s dann so entscheidend ist? Weniger für Streit und seine Lösung, wohl aber offensichtlich um den Erhalt des Machtgefälles. Die Gretchenfrage also.