Hallo zusammen,
ich habe mir Eure Beiträge durchgelesen. Das Video hatte ich aufgrund eines Hinweises in einem anderen Forum schon angesehen.
Zum Video selbst: Die Art und Weise, wie er auftritt und redet, war mir auch eher unympathisch ... da teile ich die Meinung von vielen von Euch. Was die Inhalte betrifft finde ich, dass er einiges sehr stark überspitz darstellt. Zwischendurch kam es mir fast wie ein Bewerbungsvideo vor, mit dem er bei der Damenwelt ankommen möchte. Wenn man die Kommentare auf seinem Youtube-Channel ansieht, scheint das zum Teil ja sogar zu funktionieren. Außerdem habe ich mich die ganze Zeit, wie viele von Euch ja auch, gefragt, was er unter "Bedürftigkeit" versteht. Ich will mich aber weniger mit diesen "Oberflächlichkeiten" beschäftigen, sondern mit dem, was er so an inhaltlichen Dingen wiedergibt (wenn auch teilweise sehr ausschweifend umschrieben), denn da ist sicher nicht alles Blödsinn, allerdings vieles auch keine wirklich neue Erkenntnis, wie ich finde. Auch ich sehe das ganze übrigens durchaus geschlechtsneutral.
Ich glaube, es ist relativ normal, dass man am Anfang, wenn man jemanden kennenlernt, erst einmal eine gewisse rosarote Brille auf hat. Das muss vielleicht sogar so sein. Im Lauf des weiteren Kennenlernens, auch das haben viele von Euch ja schon gesagt, muss man dann herausfinden, ob dieser Blick durch die rosarote Brille noch Bestand hat, wenn mal ein bisschen Zeit ins Land gegangen ist, der Blick etwas geschärft ist und auch einfach ein gewisser Alltag Einzug gehalten hat. Da kann es durchaus passieren, dass sich das Bild verändert. Manchmal dauert es auch viele Jahre, was aber weniger daran liegt, dass man viele Jahre Dinge übersieht, sondern eher damit, dass sich Menschen mit der Zeit verändern, was ebenfalls ein normaler Entwicklungsprozess ist, der auch gut ist. Wenn es einem Paar gelingt, dies in der Beziehung gemeinsam zu tun und auch beieinander zu bleiben (durch viel miteinander reden, einander mitnehmen), dann ist das kein Problem, wenn man das aber nicht schafft, kann es leider auch nach vielen Jahren dazu führen, dass irgendwann eine Beziehung auseinander geht.
Ich selbst habe auch die Erfahrung (und nicht nur einmal gemacht), dass ich relativ schnell gespürt habe, ob jemand eine wichtigere Rolle in meinem Leben spielen kann, oder nicht. Ein Indiz dafür war bei mir immer, ob ich eine Frau am liebsten gar nicht mehr gehen lassen wollte, oder ob ich irgendwann das Gefühl hatte, erst einmal wieder Zeit für mich zu brauchen. Das hat auch nichts mit Love-Bombing zu tun, aber wenn ich sehr intensive Gefühle für eine Frau hatte, dann wollte ich sie immer wieder sehen (und ja, auch nach dem ersten Sex noch!). Und dann habe ich auch alle Hebel in Bewegung gesetzt, sie sehen zu können.
Ihr habt zuletzt viel über die Opferrolle gesprochen. Die Opferrolle ist bequem, weil sie subjektiv betrachtet zunächst einmal völlig nachvollziehbar ist. Außerdem ist es "leichter", in dieser Rolle unterwegs zu sein. Aber es ist deswegen nicht besser. Ob berechtigt oder nicht (denn es gibt sicher die Opferrolle auch nicht nur eingebildet, sondern real), sie bringt einen auf Dauer nicht weiter. Es ist viel zu viel der Blick nach hinten und auf Dinge, die man nicht oder nur schwer ändern kann, weil sie bei jemand anderem liegen. Ich finde es wichtig, nach vorne zu schauen (was nicht heißt, dass man alles was war vergisst) und sich mit Dingen zu beschäftigen, die man ändern bzw. beeinflussen kann.
Was ich als Fazit wichtig finde:
Jeder sollte sich selbst bewusst sein, was er/sie will, was einen selbst glücklich macht, welche Kompromisse man bereit ist, einzugehen (ja, Kompromisse gehören durchaus dazu), was aber auch ein No-Go ist. Und vor allem muss man sich selbst lieben, sich selbst so akzeptieren, wie man ist, mit allen Schwächen und Stärken. Denn die machen einen Menschen aus. Wenn man nicht zu sich selbst steht, wenn man sich nicht selbst liebt, wie will man jemand anderen lieben und vertrauen, wie will man aber auch selbst richtige freie und unbelastete Liebe für jemand anderen empfinden.
Und man sollte sich nicht zu viel mit der Vergangenheit aufhalten (insbesondere mit den negativen Dingen, denn wenn man realistisch ist, gab es wahrscheinlich viel mehr positive Dinge), sondern den Blick nach vorne richten. Beim Autofahren hilft der Blick in den Rückspiegel auch nur sehr bedingt, um gut ans Ziel zu kommen. Das ist auch im Zwischenmenschlichen nicht anders.
So, das war ein längerer Text. Ich verspreche, meine künftigen Beiträge werden kürzer :-). Wollte aber auch nicht zwischendrin einsteigen, dafür finde ich das Thema zu spannend, gut und wichtig.
Ich freue mich auf den weiteren Austausch mit Euch!