An dieser Stelle würde ich gerne nochmal empfehlen vorsichtig mit den Themen umzugehen, da sie sprachlich sehr kompliziert sind und sehr strikte Aussagen immer eher dem subjektiven/moralischen Standpunkt entsprechen.
Die Sprache die wir verwenden ist eigentlich an vielen Stellen nicht ausreichend um komplexe Zusammnhänge zu beschreiben.
Nehmen wir mal "Bi-Sexualität":
Was genau bedeutet eigentlich "Bi-Sexualität"?
Naja, an sich erstmal nichts. Es sind einfach ein par Laute, denen eine Bedeutung zugeschrieben wurde.
Diese Bedeutung wird nicht festgelegt. Wir haben zwar einen Duden, dieser legt Sprache aber nicht fest, sondern erfasst sie vielmehr. Deswegen lässt sich auch Sprache in gewissen Rahmen verändern, da sie eher auf einem gesellschaftlichen/kulturellen Konsens fußt. Deswegen haben aber leider auch viele Konzepte keine eindeutige Bedeutung, was eben Raum für viele "Probleme" lässt.
Was man am ehesten als Definition findet, ist eine "emotionale und/oder sexuelle Anziehung zu beiden Geschlechtern."
Was genau hat man den jetzt unter "emotionaler Anziehung" zu verstehen. Wenn ich mich zu einem Freund oder einer Freundin emotional hingezogen fühle, weil mir diese Person wichtig ist, hat es dann Asuwirkungen auf meine Sexualität?
Wie sieht es mit "sexueller Anziehung" aus? Wie soll man das Abgrenzen?
Wenn man einer Sexpraktik nachgehen möchte, die man nur mit einem bestimmten Geschlecht nachgehen kann, ab wann hat es dann Auswirkungen auf die Sexualität?
Was wenn man jetzt wie der TE gerne Sperma schlucken möchte, er aber Männer ansonsten nicht attraktiv/sexy/anziehend findet? Ist er dann Homo/Bi?
Was wenn man den Wunsch hat mal Sex mit dem anderen/gleichen Geschlecht auszuprobieren? Ich hatte hier schonmal im Forum eine Diskussion darüber, dass allein schon dieser Wunsch ausreicht um eine Auswirkung auf die Sexualität zu haben.
Was wenn man dann diesem Wunsch nachgegangen ist, ist man dann Homo/Bi?
Was wenn dieser Wunsch nicht befriedigend war? Reicht ein sexueller Kontakt aus, um Auswirkungen auf die Sexualität zu haben?
Was wenn der Wunsch doch befriedigend war? Sex ist stimmulierend. Ob man einen Blowjob von einem Mann oder einer Frau bekommt, ändert nichts wirklich daran, ob es stimulierend ist oder nicht (vielleicht ist es bisschen anders wegen der Kiefergröße oder so aber ansonsten gibt es da wohl keinen allzu großen Unterschied, soweit ich weiß).
Das könnte ich jetzt noch weiterführen, nur es wird ja sicherlich klar, dass der Begriff "Bi-Sexualität" gar nicht so eindeutig ist und eher ein "Dachbegriff" ist, der mehrere verschiedene Konzepte umfasst, wie eben "Bi-Beziehung", "Bi-Anziehung", "Bi-Sex", etc. (oder wie auch immer man sie nennen möchte), die wir aber so nicht etabliert haben, was es schwer macht darüber zu reden und für mich macht es einen großen Unterschied, ob man von Bi-Beziehung oder Bi-Sex redet, es ist nicht das Gleiche.
Hinzu kommt noch, dass wir, soweit ich weiß, bis heute noch nicht verstanden haben, wie Sexualität eigentlich funktioniert, ob Sexualität durch Gene, Psyche, Kultur, oder sonst was geprägt wird.
Mit diesem "ist man dann Homo/Bi" meine ich nicht, dass sich schlagartig die Sexualität geändert hat, sondern dass man seine Sexualität entdeckt hat.
Das Gleiche Problem gilt natürlich auch für Homophobie.
Homophobie ist genau so wenig klar definiert und an sich hat jeder der hier von Homophobie schreibt auch damit recht. Es handelt sich dann aber vorwiegend um eine eher mangelhafte Definition.
Homopbohie wird ja vor allem als der aktive Akt der Feindlichkeit gegenüber eine bestimmte Gruppe, in dem Fall Bi-/Homosexuelle angesehen, sei es physische oder psychisch.
Mitlerweile werden aber auch immer mehr Aussagen, die "unterschwellig", bzw. vorallem auch subjektiv alf Homophob aufgefasst werden können.
Daswegen ist auch die Homophobie-Definition nicht klar, was auch Diskussion darüber schwer macht.
Auch hier macht es einen himmelweiten Unterschied ob man von einem aktiven, physischen Angriff oder einer Aussage, die man als unbewusst Homophob ansehen könnte.
Meiner Meinung nach sollte man den Begriff "Homophobie" nicht leichtfällig einfach umherwerfen oder er müsste ausreichend definiert und spezifiziert werden, denn wenn man eben physische Angriffe auf Personen wegen ihrer Sexualität mit irgendwelchen Aussagen, die man subjektiv als unterbewusst Homophob ansehen könnte, verliert der Begriff für mich an Relevanz, da der aktive physische Akt jawohl um einiges schlimmer ist, als irgendeine Aussage wie "solange ich da nix mit zu tun habe?", die man ja anscheinend als Homophob ansehen kann.
Gleiches gilt natürlich auch für Weiblich- und Männlichkeit.
Zitat von *********inbar:
„Für mich gibt es auch gewisse Praktiken die mich abstossen, aber die sind nicht nicht auf eine sexuelle Präferenz beschränkt. Es gibt für mich sowohl ekelhaften Heterosex, als auch ekelhaften Homosex - dass hat also für mich gar nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun.
Bei Dir allerdings lese ich das so etwas heraus!
Das selbe Spiel kann man jetzt auch umgekehrt bei dir spielen:
Du erkennst heterosexuellen Menschen ihre sexuelle Präferenz ab, bist also Heterophob.
Oder man kann es auch auf die bestimmten Praktiken die du "ekelhaft" findest, dass du da eine Phobie gegen hast.
Es ist nicht das, was ich in deine Aussage reinlese aber man könnte das machen.
Für mich macht es nicht wirklich einen großen Unterschied, ob man nun bestimmte "Sexpraktiken" oder alle Sexpraktiken, die mit einem bestimmten Geschlecht zu tun haben" eklig findet und es sollte meiner Meinung nach auch unproblematisch sein, weil jeder Mensch seine Präferenzen hat und das sollte respektiert werden. Nicht jeder Mann hat Bock drauf Männer zu ficken (jaja, voll homophob). Genau so gut hat aber auch nicht jeder Mensch Bock auf Lack und Leder oder BDSM oder sonst was.
Und was die Diskussion über Toleranz angeht, hört diese für mich da auf Sinn zu machen, wenn Toleranz zu einer Einbahnstraße und auch noch falsch verwendet wird. Der Großteil aller Menschen ist Tolerant gegenüber Homo-/Bisexuellen. Tolerieren heißt, dass man einen Umstand duldet und solange einem Homo- oder Bisexualität nicht untersagt wird, wird man toleriert. Das heißt dann aber auch, dass diese Menschen Homo-/Bisexualität trotzdem eklig finden können und eben mit gleichgeschlechtlichem Sex nichts zu tun haben wollen.
Wenn man dann vor allem möchte, dass Menschen Homo-/Bisexualität nicht mehr eklig finden und dann selber aber Praktiken haben, die sie eklig finden, ist man meiner Meinung nach moralisch "korrupt"/unkonsequent.
Worum es vielmehr geht, ist Akzeptanz aber auch hier entsteht das gleiche moralische Problem.