Liebe Askja13 und liebe Mitmenschen, die ihr ebenfalls einen geliebten Menschen verloren habt,
ich drücke euch alle mal ganz feste und wünsche euch allen, dass ihr wieder euren Lebensmut und die Lebenslust, eine neue Liebe, die Freude am Leben wiederfindet.
Mein Mann starb vor 8 Jahren. Wir lebten bereits getrennt, aber leicht war es dennoch nicht.
Mein Lebensgefährte starb vor wenigen Wochen nach langer Krankheit, aber dennoch plötzlich und unerwartet.
Wir waren gerade in unser Haus eingezogen. Seine Kraft hatte während der vorangegangenen Renovierungsarbeiten immer mehr nachgelassen. Ich selbst funktionierte schon lange nur noch, weil ich ihn unterstützen, ihm Arbeiten abnehmen wollte und alles zu organisieren versuchte. Ich wollte für uns beide stark sein. Ich pflegte ihn nach seiner ersten Operation. Im Krankenhaus hatte ich ihn coronabedingt nicht besuchen dürfen. Das war schlimm für mich, da er doch ganz alleine war. Deshalb ging ich nach seiner Entlassung nur noch zum Einkaufen und für notwendige Angelegenheiten aus dem Haus, wollte immer um ihn sein, wenn er etwas brauchte. Als er dann wieder ins Krankenhaus musste, bald auf Intensiv kam, durfte ich ihn nur zwei- bis dreimal pro Woche für jeweils eine Stunde besuchen. Ich überzog jedes Mal, aber ich konnte nicht häufiger zu ihm. Ihn alleine zu wissen, mit all seinen Schmerzen, Ängsten und Fragen, hat mir fast das Herz zerrissen!
Vor seiner Erkrankung hat er mich oft gefragt, ob ich mir nach seinem Ableben wieder einen Partner würde suchen wollen. Ich hatte stets abgewunken, wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Zu abwegig erschien mir der Gedanke. Ich wollte davon ausgehen dürfen, dass wir unser restliches Leben miteinander würden verbringen können. Ich weiß aber, dass er wollte, dass ich wieder eine neue Liebe finden würde. Für ihn hätte ich nichts anderes gewünscht.
Ich sehne mich ebenfalls nach Nähe, nach Berührungen, auch nach Sex, weil der zuletzt ja nicht mehr möglich war. Ob ich für eine neue Beziehung bereit bin, kann ich nicht beurteilen. Ich rede offen über meinen Verlust und kann keine Zusagen machen. Aber ich weiß auch, dass ich nicht alleine bleiben will.
Ich kann die Spuren meines Lebensgefährten, seine Sachen, noch nicht wegräumen. Vieles steht noch von ihm herum. Angefangene Arbeiten kann ich teilweise einfach nicht zuende bringen. Viele Menschen um mich herum ertrage ich auch nicht. Ich brauche Ruhe und Stille. Gespräche nur mit wenigen Menschen, bei denen ich mich wohlfühle und die ihn auch kannten. Spaziergänge und ins Schwimmbad gehen helfen mir. Dann bin ich in der Natur und fühle mich ihm nahe, kann ungestört stille Zwiegespräche mit ihm führen, meinen Gedanken und Erinnerungen nachhängen.
Gleichzeitig muss ich auch an meine Zukunft denken, Dinge regeln, Behörden und Kontakte informieren. Das ist Schwerstarbeit für mich, kein Telefonat klappt ohne Tränen, kein Briefschreiben ohne verschleierte Augen. Aber es hilft auch. Ich bin froh über jede Arbeit, die ich abgeschlossen habe, damit ich sie aus dem Kopf bekommen und die Unterlagen aus den Augen legen kann.
Ich weiß, dass das Leben weitergeht. Die Erinnerung an ihn wird bleiben, irgendwann werde ich mit einem Lächeln an ihn zurückdenken können. Bis es soweit ist, lasse ich meine Trauer zu, wann immer sie mich überwältigt. Ich muss mich dann nicht zusammenreißen, stark sein. Ich habe ihn so sehr geliebt, das darf und will ich zeigen. Egal wann, egal wo, egal, ob es gerade passend ist oder nicht. Nur dann, wenn ich meine Trauer stets zulassen kann, werde ich sie verarbeiten können und meinen Frieden finden.
Und dann, eines schönen Tages, finde ich vielleicht wieder eine solche Liebe, in der ich meine verlorene Liebe auch betrauern kann, wenn es mich überkommt. Eine Liebe, der ich meine Liebe geben kann, die ich immer noch reichlich zu geben habe.
Euch allen wünsche ich die Kraft, eure Trauer zu überwinden, sie in Dankbarkeit umzuwandeln. Und eines schönen Tages die Chance, wieder frei für eine neue Liebe zu werden und diese auch zu finden.