Mein Sohn
ist 22 Jahre alt und schwul. Ich weiß es,seitdem er 17 war, ich hatte schon länger einen leichten Verdacht,weil zwar ganze Horden von Mädels uns heimsuchten und er immer nen Bienenschwarm von ihnen anner Backe kleben hatte,sich aber keine Einzige sich als potentielle Freundin Numero Uno rauskristallisierte.
Und genau das kannte ich aus meiner eigenen Clique in meiner Jugend,denn auch einer meiner liebsten Freunde war schwul und auch hier war das Phänomen der vielen Mädchen um ihn herum gegeben.
Ich sprach ihn also nach einem dieser " Mädelsabende" mit meinem Sohn als einzigen männlichen Vertreter dabei an,welche es denn nun sei,von den vielen Damen und er antwortete völlig erstaunt " na,keine" und meine zweite Fragen war dann: Kann es sein,das du eher auf Jungs als auf Mädels stehst?
Er wurde puterrot und druckste rum.Ich habe ihm dann sehr glaubhaft versichert,das mir das rein gar nichts aumacht,was seine sexuelle Orientierung angeht und ihn unterstützt wo ich nur konnte um ihm sein aus seiner Sicht "schweres Los" leichter zu machen,denn er haderte sehr mit seinem Schwulsein.
Zumal er kurze Zeit später sich das erste Mal richtig verliebte und diesen Freund dann in flagranti mit nem anderen erwischte,was das sensible Herz meines Sohnes erstmal für mehr als 2 Jahre brach,bevor er sich wieder jemanden an sich ranließ.
Sicherlich spielt eine Rolle,das ich von jeher vorurteilsfrei mit sexuellen Neigungen umgegangen bin und so einige schwule Menschen beiderlei Geschlechts zu meinem Bekannten und Freundeskreis zählen konnte.Und das bereits in jungen Jahren.
Mein Mann sah das genauso.
Problematisch war aber das Coming Out für meinen Sohn,was seinen leiblichen Vater anging,der per se ein sehr spießger,intoleranter Mensch vom Lande ist.(wir waren vom Land nach Berlin gezogen und das hat es meinem Sohn,was sein Coming Out angeht auch um ein wesentliches leichter gemacht).Mein Sohn hat 5 weitere Jahre gebraucht,bis er soweit war,es seinem Vater zu "gestehen".
Und sein Vater hat entgegen jeder Einschätzung positiv reagiert,weil er sich auch so seinem Teil im Laufe der Jahre zusammengereimt hat.
Und somit auch damit auseinandergesetzt hat.
Eine Zurückweisung durch eines oder gar beider Elternteile ist für mich eines der grausamsten Dinge,die ich mir vorstellen kann, wo die Abneigung / die Vorurteile gegenüber nicht "Normkonformen" sexuellen Orientierungen über die Liebe zum eigenen Kind gestellt werden,wie tief das einen Menschen verletzt,mag ich mir nicht mal vorstellen.
Natürlich hatte ich Angst,das auch mein Exmann so reagieren könnte,aber ich wurde angenehm überrascht und die Erleichterung meines Sohnes (auch nach dem er bei mir mit der Sprache rausrückte) war unbeschreiblich,hatte ihn doch genau diese Angst vor Ablehnung jahrelang gequält.
Ich kenne auch Fälle wo es leider nicht so glücklich ausgegangen ist und Kinder des Hauses deswegen verwiesen und mit dem Satz " Du bist nicht mehr mein Sohn" aus dem Familienverband verstoßen wurden,meist ausgehend vom Vater,der homophob ist.Dessen Wut,das ausgerechnet sein Sohn "diese Schande" über die Familie gebracht zu haben eindeutig vor der Liebe zum Kind steht.
Was man von solchen Menschen halten soll,brauche ich ja nicht weiter auszuführen.
Wenn es eins gibt,was ich an der Sache vielleicht ein wenig bedaure,ist die Tatsache,das ich gegebenfalls keine Enkelkinder durch meinen Sohn haben werde,aber das ist zum einen auch nicht garantiert,wenn das Kind hetero ist und zum anderen gibt es auch heutzutage Mittel und Wege,wie ein schwules Paar an ein Kind kommen kann,sei es durch Adoption,sei es durch inoffizielle Leihmutterschaft,auch wenn das Thema mehr als umstritten ist,eine vage Hoffnung birgt sie dennoch.
Auch bin ich der Meinung,das schwule Paare beiderlei Geschlechts genauso gute Eltern sein können,wie Hetero-Paare und der einzige Faktor hierbei nur sein sollte: Dass das Kind geliebt wird.
Als Mutter nimmt man vielleicht eher ein schwules Kind als das an´,was es ist,nämlich als Kind,das man liebt,ganz gleich,was für eine sexuelle Neigung es hat,denn als Mutter,die liebt,will man in erster Linie nur eines:
Das es dem Kind gut geht und es glücklich wird in seinem Leben.
Bei Vätern sehe ich das etwas anders,denn auch wenn ein Vater sein Kind liebt,so hat er meines Erachtens nicht so eine enge Bindung zu ihm,wie eine Mutter (auch hier gibt es selbstverständlich Ausnahmen,die die Regel bestätigen, wo Väter eindeutig die besseren Mütter sind) aber im Normalfalle ist auch die Mutter/Sohn-Bindung eine andere als die Vater/Sohn Bindung.
Möglicherweise ist das im umgekehrten Fall für einen Mann leichter,damit umzugehen,wenn seine Tochter lesbisch ist,als wenn sein Sohn schwul ist. Aber das ist nur ne vage Vermutung meinerseits,die ich durch nichts belegen kann.
Und sollte meine Tochter ebenfalls homosexuell sein,so wäre das genauso okay für mich,denn ich liebe sie und will das sie glücklich wird in ihrem Leben.
Seine sexuelle Orientierung nicht ausleben oder verleugnen/verheimlichen zu müssen vor den eigenen Eltern stelle ich mir als enorme Belastung vor.