Neulich vor Gericht...
@*********dress
Ja, genau...!
"Löse dich einfach von den Prägungen deiner Erziehung.
Dann bist du wieder frei und kannst tun, was du willst!"
...
Wenn ich diese Art von Tipps lese, frage ich mich ja,
was für ein seltsames Menschenbild dahinter steht...
So als wären unsere Erfahrungen, Erinnerungen und Prägungen
so etwas wie Apps auf einem Smartphone, die man,
sobald man erkennt, dass sie nicht nutzen, sondern nur Energie fressen,
einfach deinstalliert und damit seine Ruhe hat...
Ich arbeite als Coach und Therapeut mit Menschen nicht selten
zu genau diesem Thema und weiß daher, wie zäh und klebrig
Dinge wie diese in unserer Psyche hängen können...
Viele von uns haben ja ein ziemlich dickes Thema mit Schuld oder Scham
und sind beständig damit beschäftigt, sich selbst anzuklagen für...
Ja, wofür genau eigentlich...?!?
Kommt das Thema
'Schuld und Scham' in meiner Praxis auf, dann lade ich
meinen Klienten oder meine Klienten dazu ein, sich ein paar einfachen
Fragen zu stellen:
-> Hast du dir das, was dich erotisch anzieht oder dir Lust bereitet,
wirklich bewusst und aktiv ausgewählt?
-> Hast du wirklich frei und selbst entschieden, worauf dein Körper
und deine Psyche mit erotischer Anziehung reagieren?
-> Oder ist es nicht vielmehr so, dass du diese Kopplung (Reiz -> Lust)
gar nicht selbst "gemacht" hast, sondern nur "feststellst", dass sie da ist und wirkt?
Ich persönlich kenne übrigens niemanden, für den ersteres der Fall wäre...
Ich bin davon überzeugt: Unsere Gedanken, unsere Gefühle, unsere Assoziationen und Impulse sind nichts, was wir bewusst machen. Wir registrieren sie lediglich. Und entscheiden dann, was wir aus ihnen machen.
Dich anzuklagen oder abzuwerten dafür, dass bestimmte Vorstellungen in dir Gefühle der Wollust auslösen, macht in meinem Verständnis des Menschen genau soviel Sinn wie dich dafür anzuklagen oder abzuwerten, dass bestimmte Lebensmittel in dir Appetit auslösen, welche Farben du magst oder welche Ohrwürmer bei dir wirken.
Eine der Rollen, die ich als Coach meinen Klient*innen gegenüber einnehme,
nenne ich den
"Pflichtverteidiger Gottes". Der kommt immer dann ins Spiel,
wenn Menschen sich selbst oder einander für Dinge anklagen, für die sie
bei Lichte betrachtet überhaupt gar nichts können.
Auch was dich und deine Geschichte angeht, hat dieser
"Pflichtverteidiger Gottes"
eine sehr eindeutige Haltung. Die da lautet:
"Die Anklage ist nicht zulässig. Das Verfahren wird daher eingestellt."
Falls du diesen Gedanken folgen kannst:
Willkommen in der neuen Freiheit!