Ja, kann das auch sehr gut nachvollziehen, da ich auch konservativ-religiös erzogen wurde und das ein langer (immer noch andauernder) Prozess war, mich da freizuschwimmen.
Auf der einen Seite hab ich eine sehr enge Bindung zu meinen Eltern (geprägt durch eine sehr schöne, mit viel Liebe erzogene Kindheit), auf der anderen Seite kann ich aber ihre konservative Haltung in Bezug auf sehr viele Lebensbereiche (inkl. Sexualität) nicht teilen.
Ein schlechtes Gewissen hab ich nicht, verstehe aber sehr gut, daß es lange dauert, seinen eigenen Weg zu finden und zu gehen. Ich war dann immer (aus meiner Sicht) eine Art "Rebell", der sich gegen elterliche Erwartungen gestellt hat.
Was ich dabei so schade finde, ist die Tatsache, daß man eben so eine Verbundenheit haben müsste (vor allem, wenn man ein gutes Verhältnis hat), aber man sieht, daß sie einen einfach nicht verstehen, weil es eine komplett andere Lebenswelt ist, wo solche anderen Pfade (lebenstechnisch, sexuell usw.) gar nicht in den gedanklichen Bereich des Möglichen kommen... (also die Schranken kommen bei ihnen sehr bald im Kopf merke ich immer wieder).
Wenn man eben auf der Suche nach "Wahrhaftigkeit" ist nach dem Motto: seht doch einfach, was ich heute für ein Mensch mit allen Facetten etc. bin, gibt es meiner Meinung keine Möglichkeit, sich da zu offenbaren. Das hat zur Folge, daß ich mir dann manchmal vorkomme, wie ein "Eisberg", wo die Eltern 20% meines wahren "Ichs" wahrnehmen, den Rest aber leider irgendwie gar nicht begreifen (oder ihn auffüllen mit dem "Ich", das ich vor 20-30 Jahren vielleicht mal war).
Man kann einem Wüstenbewohner wahrsch. auch nicht nahebringen, wie sich Schnee anfühlt oder aussieht...
Merke, daß es diese "sexuelle Verklemmtheit" sehr oft bei der Nachkriegsgeneration gibt, die mit so vielen Konventionen und Tabus aufgewachsen sind. Total schade, weil da gerade in Sachen "Sexualität" sehr viel "versaut" wurde... (zum Glück gibt's n paar Ausnahmen und später die 68er...)
Einen Rat kann ich eigentlich gar nicht geben, außer, daß man das versuchen sollte innerlich abzuhaken; dann verschwindet viell. auch ein mögliches "schlechtes Gewissen"...