Lieber
@********nd76
Auch mir scheint, dass der Kern der Probleme zwischen euch nicht in eurer Sexualität liegt, sondern viel grundlegender ist.
Wir können hier natürlich rege hin und her diskutieren darüber, ob du jetzt oder deine Frau weiter oder weniger weit entwickelt b/ist, wer genau was falsch macht oder warum...
Ich vermute aber, mit diesen Fragen habt ihr selbst schon mehr als genug zu tun...
Was wäre, frage ich mich, wenn ihr erkennen würdet,
dass keiner von euch "schuld" wäre an eurer "kleinen Misere"...?
Was wäre, frage ich mich, wenn ihr erkennen würdet,
dass ihr beide in eurer Kindheit, Jugend und eurem Erwachsenenleben bisher schwere Traumata emotionaler Art erlebt habt, die ihr nie bearbeitet (oder gar gelöst!!!) habt...?
Was wäre, frage ich mich, wenn ihr erkennen würdet,
dass der/die Andere zwar immer wieder Auslöser ist für eure Schmerzen, die Wunden, die dadurch betroffen sind, aber mindestens zum Teil viel älter sind als eure Beziehung...?
Was wäre, frage ich mich, wenn ihr erkennen würdet, dass ihr im Grunde nur zwei Möglichkeiten habt:
Nämlich erstens: Euch selbst und einander durch euer Sein und Tun liebevoll dabei zu unterstützen, dass diese alten Wunden langsam heilen können.
Oder zweitens: Euch selbst und einander durch euer Sein und Tun immer wieder neu zu traumatisieren.
?!
Das sind die Möglichkeiten, die ich persönlich für euch in eurer aktuellen Lage sehe.
Daraus ergeben sich in meinen Augen zwei Optionen:
Erstens: Ihr hört auf mit dem Kampf um Rechte oder Pflichten, beginnt, euch selbst und einander mit offenem Herzen zu sehen und findet zu einer Haltung, in der ihr euch beide gemeinsam als Partner in derselben Sache seht. (Ja, dabei kann ein Coach oder eine Therapeutin mächtig hilfreich sein...
)
Oder zweitens: Ihr macht macht weiter mit dem Kampf und der gegenseitigen Manipulation. Dann wird der Zunder zwischen euch, den ihr euch nicht anschauen wollt, über kurz oder lang dazu führen, dass euch die ganze Kiste mit all ihren unterdrückten Gefühlen darin gealtig um die Ohren fliegt. Wahrscheinlich mit nennenswerten Kollateralschäden...
Falls Option zwei für euch die richtige Wahl ist, mein Tipp:
Lasst es lieber schnell knallen! Dann seid ihr beide danah wieder frei für neue Erfahrungen und jemanden, mit dem ihr tatsächlich gemeinsam und in Liebe heilen, wachsen und gedeihen könnt.
In einem Artikel meines Blogs mit der Überschrift
"Treue 2.0" formuliere ich das so:
"Wenn das, was ich brauche, um mich sicher und geborgen zu fühlen, in meiner Liebesbeziehung nicht zu haben ist, dann bin ich unanagenehm konfrontiert mit ein paar ernsthaften Fragen, mit denen ich mich beschäftigen sollte. Selbst wenn mir diese ganz gewaltig Angst machen.
Wenn meine Liebesbeziehung mich nicht dazu einlädt, mich zu öffnen, wenn ich meinem Partner nicht vertraue, dass er auch dann zu mir steht, wenn ich schwach, bedürftig und verletzlich bin, wenn ich in dieser Beziehung sehr voraussichtlich niemals wahrhaftig gedeihen und blühen werde – mal im Ernst:
Warum genau will ich dann eigentlich mit diesem Mann oder dieser Frau „zusammen“ sein … ?"