Hey,
@***ra !
Ich antworte mal nicht im belehrenden "man", sondern aus der Ich-Perspektive:
Selbstverständlich bin ich nicht verantwortlich für die Gefühle meiner Liebespartner*innen! Und genausowenig für ihr sexuelles Glück. In beiden Fällen: Wie sollte ich?!? Dafür die Verantwortung zu übernehmen, wie es meinen Liebsten geht, kann mir und der Beziehung nur die Beine brechen - über kurz oder lang. Oder nicht?!
An dieser Stelle also ein kategorisches "Nein."
Andererseits hingegen...
... habe ich das durch und durch egoistische Interesse daran, mein Leben mit Liebespartner*innen zu verbringen, die so schön, so strahlend und so leuchtend sind, wie es nur irgend möglich ist. Für weniger bin ich mir inzwischen einfach selbst zu schade...
Außerdem macht es mich selbst viel glücklicher und meine Tage schöner, wenn ich diese mit einem Menschen verbringe, der Glück und Freude ausstrahlt. Oder, wenn dies gerade nicht möglich ist, sich mir mit all dem zeigt, was stattdessen da ist. Schmerz, Sehnsucht, Scham, Zorn... All das sind keine besonders bequemen Energien. Weder für die Person, die sie empfindet, noch für diejenige, die sie ausgelöst hat. Meine Erfahrung ist aber, dass, wenn wir uns einander auch in diesen Gefühlen wirklich offen zeigen, ohne sie als Waffe oder Werkzeug zu missbrauchen gegeneinander, allein der Prozess des Offenbarens und Bezeugens bereits eine verbindende Kraft entfalten kann. Die Tiefe und Verbundenheit, die daraus entsteht, finde ich inzwischen wirklich wunderbar. Der Weg dahin ist manchmal dornig, aber zum Glück weiß ich heute nicht nur dass, sondern sogar wie sehr er sich lohnt.
Zurück zum Thema "Eigeninteresse oder Pflicht?"
Wenn ich (aus egoistischen Interessen heraus) den Wunsch habe, dass meine Liebespartnerin/nen vor Glück und Freude strahlen, dass sie sich an meiner Seite so genährt und geliebt, so erfüllt und willkommen wie auch nur irgend möglich fühlen, dann hat das natürlich Auswirkungen auf mein Verhalten und auf meine Haltung.
Wenn ich wirklich möchte, dass es meinen Liebespartnerin/nen gut geht (weil das ja dazu führt, dass sie in all ihrer Schönheit erstrahlen), dann bin ich zum Beispiel von ganz allein neugierig darauf, wie es ihnen geht, was sie berührt oder bedrückt, was sie genießen - und auch, wonach sie sich sehnen.
All das will ich wissen. Nicht, weil damit irgendeine Pflicht oder gar Verantwortung verbunden wäre. Sondern schlicht, weil genau all dieses Wissen mir dabei unfassbar dienlich ist, diesen Menschen, die ich so sehr liebe, und die so integral mit meinem Herzen verbunden sind, zu zeigen, dass sie mit all dem, was sie mitbringen, geliebt und willkommen, begehrt und geachtet sind.
Überdies habe ich immer wieder di Erfahrung gemacht, dass ein Mensch, der sich von mir geachtet und gesehen, beschenkt und wirklich gewollt wird, ebenfalls ganz von allein die Lust entwickelt, auch mir gut zu tun... Was dann sehr angenehme Folgen haben kann...
Ich sagte ja bereits, die Haltung ist keinesfalls selbstlos (oder gar selbstverleugnend), sondern zutiefst egoistisch.
Ich bin ein emotional sehr feinfühliger Mensch. Wenn ich mich auf einen Menschen wirklich einlasse, dann macht mich das zwingend auch verletzlich. Ich habe als Kind die Lektion verinnerlicht: "So, wie ich bin, bin ich nicht gut." Lange Zeit in meinem Leben habe ich meine Liebes- und Sexualbeziehungen in einer Weise geführt, die dazu führte, dass genau diese alte Wunde (und noch ein paar andere) immer wieder reaktiviert und vertieft wurde. Seit ich das durchschaut habe, stehe ich für diese Art von "Spiel", bei dem konsequenterweise zwangsläufig alle Beteiligten verlieren, nicht mehr zur Verfügung.
Was das angeht, bin ich Pragmatiker:
Ich glaube, wir alle bringen aus unserer Vergangenheit emotionale Wunden und Traumata in die Liebe mit ein. Wenn wir uns einem Menschen öffnen, dann wird dies diese alten Dinger antriggern. Und das wird weh tun. Ob uns das schmeckt oder nicht. Die einzige Wahl, die wir meiner Erfahrung nach haben, ist die, ob wir uns dabei helfen, die alten Wunden wahlweise zu vertiefen oder sie zu heilen.
Wenn ich also den Eindruck gewinne, dass eine potentielle Liebespartnerin zu diesem Ansatz der "partnerschaftlichen Kokreation von Heilung und Glück" wahlweise nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, dann mache ich das auf liebevolle Weise transparent. Führt dies auch nach mehrmaliger Ansprache nicht dazu, dass sich mein Eindruck ändert, ist dies für mich eine bedeutsame Information, aus der ich meine Schlüsse ziehe.
Das ist eine ziemlich scharfe Baseline. Ich weiß.
Was ich aber auch weiß, ist, was möglich wird, wenn zwei Liebende sich in dieser Haltung zu begegnen wissen und zu begegnen trauen.
Und das ist nun wirklich der Hammer.
Für weniger gebe ich mich seitdem nicht mehr her.
Kann das, was ich hier beschreibe, eigentlich noch jemand bestätigen, oder bin ich mit dieser Erfahrung/Haltung ein bisschen alleine?