Zitat von *********Stein:
„Kommunikation (also miteinander verbal austauschen) hilft bei Beziehungsproblemen, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
A) Miteinander reden will gelernt sein. - Beide Partner können auf Augenhöhe miteinander reden, verstehen, was der andere sagt und nehmen zunächst wertfrei an, was der andere sagt. Sie können es, weil sie wissen, wie es geht. Weil sie es gelernt haben.
B) Keiner ist schuld. - Der Grund für das Übel/Problem wird nicht automatisch beim jeweils Anderen gesucht, sondern im besten Fall gar nicht. Im Zweitbesten bei sich selbst. Im schlechtesten Fall "überall, nur nicht bei mir...". Ursachenforschung ist eine neutrale Wissenschaft!
C) Beide sind gesund und normal. - Es liegen bei keinem der beiden Gesprächs- und Beziehungspartner tiefsitzende Traumata oder andere psychische Störungen vor. Hormonspiegel und Reaktionsmuster sind in normalen Bahnen. Es herrscht keine über-emotionale Spannung, bei keinem der beiden.
D) Das Setting passt. - Man hat Ruhe. Alles Tagewerk ist erledigt, nichts drückt im Hintergrund. Kinder sind im Bett, alle Anrufe, E-Mails, SMS und WA getätigt, die Lieblingsserie kommt heute nicht und der Geschirrspüler ist auch schon ausgeräumt. Oder noch nicht voll. Es ist Zeit genug, ausführlich zu reden. Und keine Ablenkungen drohen.
E) BEIDE sind vorbereitet. - Beide Gesprächspartner wissen, worum es geht. Nicht: Einer fällt mit einem überraschenden Thema über den Anderen her. Jeder hatte ausreichend Zeit, sich seine Gedanken zu machen. Und JEDER hat das auch gemacht. Erschöpfend. Und sich auf das Gespräch angemessen vorbereitet. Seine Ich-Botschaften formuliert. Eventuell sogar schon Lösungsansätze entwickelt.
F) Beide lieben sich (noch). - Die Lösung ist näher als das Problem. Der Lösungswille, nicht der Wille, das Problem zu fokussieren. Vorwürfe, Angriffe, Niedermachen sind dann nämlich keine Option. Es geht um den Ausweg. Die Lösung. Um nichts anderes.
G) Win/Win ist Pflicht. - Gespräche haben nur einen Sinn, wenn hinterher Taten folgen. Gespräche bereiten einen Plan vor, der dann umgesetzt wird. Die Entscheidung wird durch die Handlung getroffen, nicht durch Worte. Der Plan muss für beide einen Vorteil bringen (Win/Win) und dann auch umgesetzt werden. Ansonsten ist Reden sinnlose Zeitverschwendung.
Wenn A) bis G) gewährleistet ist, kann Kommunikation bei Beziehungsproblemen wirklich helfen!
Jo, in der Theorie sehr gut durchdacht.
Nun will aber eine Seite etwas nicht mitmachen. Das gilt es immer zu respektieren, auch wenn kein guter Grund, also ein Grund, den der Partner verstehen muss, vorliegt.
Lust.
Die steht dem hehren Ziel des Win/Win immer dort entgegen, wo sie ausbleibt. Ganz besonders, wenn es um Sex geht. Aber auch bei Themen, die Lust benötigen.
Macht eine Seite bloß mit, damit Ruhe ist, weil Abhängigkeit besteht, ist eine Beziehung ab dem Moment zum Scheitern verurteilt, wo nicht mehr akzeptiert wird, dass selbige immer freiwillig eingegangen wird. Jeden Tag auf's Neue.
Gefühle, Begehren, Lust kann sich ziemlich spontan ändern. Weil aber sehr viele Menschen das nicht akzeptieren wollen, dann den Partner bedrängen, sich zu erklären, wird gelogen und sich immer ein Stück mehr aus Beziehungen zurückgenommen.
Und dann wird erst Recht gelogen, verheimlicht, kommt Beziehungssadismus ins Spiel durch Wut und Enttäuschung, dass der andere Mensch nicht so ist, wie er vom Partner gebraucht wird.
Es braucht meiner Meinung nach deutlich mehr Selbstfürsorge und Autonomie. Bin ich unabhängig, wirklich unabhängig in meinen Entscheidungen, auch wenn dadurch der Partner nicht alles bekommt, was er will, gehe ich in die Selbstverantwortung, kann ich erst authentisch und ehrlich sein.
Sex wird zb in den meisten Beziehungen erwartet. Wehe, meist betrifft das die Frau, sie will seine Bedürfnisse nicht mitmachen. Und wehe, sie hat keine Lust. Da gibt's keine Win/Win Lösung für. So wenig, wie man den Partner Lust auf einen Film nicht herbeireden kann oder auf ein bestimmtes Essen, auf das er keinen Appetit hat.
Sprich die Erwartungen sind oft schon überzogen, die an den Partner gestellt werden: Du musst meine Bedürfnisse erfüllen.
Nö.
Nöööö.
Selbstverantwortung und Selbstfürsorge. Akzeptanz, dass der Partner ein eigenständiger Mensch ist, der alles Recht der Welt hat, keine Lust zu haben. Der keinen Sex will, der den Film nicht mitgucken mag, der auf den Urlaub in Grönland verzichtet und lieber in die Sahara fährt.
Möchte ich etwas vom Partner, kann ich nur darum bitten und hoffen, dass er Ja dazu sagt. Mehr geht nicht.
Und dann erst öffnen sich gemeinsame Räume.
Sie