Ich selbst habe mich eigentlich nie in der Rolle des schwachen Geschlechts gesehen, zumindest was die mentale Seite angeht. Körperlich, auch wenn ich schon harte körperliche Arbeiten verrichtet habe, kann ich (inzwischen) problemlos eingestehen, dass ich da an die Kraft der meisten Männer nicht herankomme.
Um Hilfe zu bitten wenn ich merke, dass ich etwas nicht gewuppt bekomme, bricht mir keinen Zacken mehr aus der Krone. Lange Zeit tat ich es mir, zugegebenermaßen, etwas schwer damit aber nach einigen gesundheitlichen Problemen habe ich dazugelernt und schätze meine physischen und psychischen Kräfte realistischer ein und gebe nun rechtzeitig zu wenn mir etwas zuviel wird.
Ich denke es gibt auf Dauer nichts Schädlicheres als dass man sich permanent selbst überfordert und evtl Schwächen nicht zugeben möchte. Immer meinen beweisen zu müssen, dass man alles erledigen kann, sämtliche an einen gestellte Anforderungen erfüllen möchte, ja keine Anstalten machen auch mal aus der Reihe zu tanzen, endlich mal lernen "Nein" zu sagen, auch mal Erwartungen enttäuschen, das ist oft ein langer, schwerer und anstrengender Weg und mit dem Gegenwind der einem dabei oft entgegen bläst muss man auch zurecht kommen können.
Bis vor einigen Jahren war es für mich im Grunde selbstverständlich einen Vollzeitjob, die Familie, die Haus-, und Gartenarbeit, ein ausgefülltes Privatleben unter einen Hut zu bringen ohne dabei an meine Grenzen zu kommen.
Das hat sich aber ganz schnell geändert als dann plötzlich meine Mutter schwer krank und zum Pflegefall wurde. Die Pflegebedürftigkeit und die damit einhergehenden Belastungen wurden schleichend immer mehr und zehrten entsprechend an der körperlichen und psychischen Substanz.
Anfangs bekam ich alles noch einigermaßen gut geregelt, auch durch Zuhilfenahme eines Pflegedienstes wurde einiges erleichtert, aber wenn außerhalb der regulären Arbeitszeiten des Pflegedienstes etwas war mussten eben die Angehörigen ran oder besser gesagt ich. Immer wieder nachts zur Hilfe eilen, vor und nach der Arbeit eingespannt sein mit Pflegeleistungen oder gar, wie oft passiert,bei der Arbeit angerufen werden und nach Hause eilen zu müssen weil wieder etwas vorgefallen war, das laugt aus und kostet irgendwann jeden Funken Energie den man hat.
Als dann gravierende gesundheitliche Probleme bei mir selbst auftraten und eine schwere OP nötig wurde, gingen zwar "Hilferufe" an die weiter entfernt wohnenden Geschwister raus aber diese verhallten größtenteils ungehört da ich es bisher ja auch gut hinbekommen hatte.
Das gab dann den ersten, großen (auch psychischen) Dämpfer bei mir und schon ab da schwor ich mir zukünftig beizeiten um Hilfe zu bitten. Da sich an der belastenden Situation bei mir leider trotzdem nichts änderte und die Pflegeanforderungen immer mehr und schwerer wurden, letztendlich das Ganze dann noch in eine wochenlange fast rund um die Uhr Sterbebegleitung mündete, war der Akku dann nach dem Tod meiner Mutter, körperlich wie psychisch, leer und ich total am Boden.
Aus dieser Krise heraus zu kommen war eine harte Arbeit und seither gestehe ich es mir ohne Reue ein "schwach" zu sein, frühzeitig und ehrlich zu sagen, ich schaffe das nicht, es wird mir zuviel.
Ich erfülle nicht mehr alle Erwartungen welche an mich gerichtet werden, sei es nun von Seiten der Familie oder der Gesellschaft. Andererseits gestehe ich das Anderen natürlich auch zu, sei es nun Mann oder Frau.
Gelernt habe ich aber auch zu unterscheiden und zu erkennen ob jemand nur keine Lust hat oder ob es tatsächlich an den Möglichkeiten fehlt etwas zu tun.
Mein Fazit, Schwäche zeigen ist ok, niemand kann und soll immer stark sein...