Sarah 2
Ich verabschiedete mich ins Badezimmer. Als ich frisch geduscht zurück kam schlief Sarah bereits. Ich schob sie sachte soweit es ging an den Rand des Bettes, was ihr nur ein kurzes, protestierendes Grummeln entlockte. Müde wie ich selbst war, dauerte es dann auch nicht lange, bis ich ebenfalls tief und fest eingeschlafen war.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte war Sarah verschwunden. Ich räkelte mich noch ein wenig im Bett, und legte mir gerade einen Plan für den Tag zurecht, als Sarah vorsichtig die Zimmertür aufdrückte. Auf einem Tablett trug sie zwei große Tassen mit dampfendem Tee vor sich her. „Guten Morgen, Maren“, begrüßte sie mich gutgelaunt und reichte mir eine Tasse mit meinem Lieblingstee.
„So sollte mein Tag öfter beginnen,“ entgegnete ich und sah Sarah herausfordernd an. „Es ist ein kleines Dankeschön dafür, dass ich bei dir schlafen durfte, und dafür, dass du mich so genial zum Spritzen gebracht hast. So super bin ich noch nie gekommen“. Sarah sah mich verliebt lächelnd an und fuhr fort: „wenn ich kann verwöhne ich dich gerne, Maren, ich möchte, so gerne, dass du dich hier wohlfühlst und bleibst. Sag mir, wie ich dir helfen kann und ich werde es tun“, Sarah stellte ihre Tasse zur Seite, beugte sich zu mir und küsste mich liebevoll auf die Stirn. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt, so anhänglich, ja fast devot hatte ich Sarah noch nie erlebt.
Ich mochte sie für ihre Leichtigkeit, ihre Fähigkeit nichts problematischer zu machen als es war, und für ihr trotzdem überlegtes und pragmatisches Handeln. Und jetzt? Sie umsorgte mich, sie umgarnte mich, sie schien so lange wie möglich in meiner Nähe bleiben zu wollen. Sollte unser kurzes aber für sie so erfüllendes Beisammensein diesen Wandel ausgelöst haben? Hatte sie sich schlicht Hals über Kopf in mich verliebt?
„Wann telefonierst du denn mit Greg“, riss sie mich aus meinen Gedanken, wobei ihr ihre Neugierde deutlich anzumerken war. „Heute Abend, wahrscheinlich, er soll ruhig noch ein wenig schmoren, und soll nicht glauben er muss nur kurz anrufen, und ich komme angerannt.
Ich trank meinen Tee aus, drückte ihr meine leere Tasse in die Hand, und entschuldigte mich, ich hätte noch so viel für meine Exkursion vorzubereiten und zu erledigen. Sarah wandte sich widerwillig zum Gehen, und erinnerte mich im Hinausgehen, ich solle sie unbedingt sofort über mein Telefonat mit Greg informieren. Ich versprach es und schloss die Tür hinter ihr. Ich atmete tief ein, Sarah war nett, ich mochte sie als Mitbewohnerin und Freundin, ja, ich genoss ihre Zärtlichkeiten, aber das jetzt war es mir viel zu viel Nähe, eine Nähe, die ich nicht wollte. Ich musste unbedingt mit Sarah sprechen und die Situation klären. Aber nicht jetzt, das hatte heute Abend oder Morgen auch noch Zeit.
Ich öffnete mein Fenster, um für ein wenig frische Luft zu sorgen, und ließ meinen Blick über die Dächer der Stadt schweifen. Plötzlich hörte ich einen lauten Pfiff, und als ich in Richtung des Hauses gegenüber blickte, sah ich wie mir vom Balkon des obersten Stockwerkes ein Mann mit langen blonden Haaren überaus freundlich zuwinkte. Er lehnte sich an das Geländer und sog genüsslich an einer dicken selbstgedrehten Zigarette. Seine muskulösen Arme zierten großflächige, bunte Tattoos. Bekleidet war er nur mit einer schwarzen Pluderhose.
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich ja noch komplett nackt war, und zumindest meine Brüste gut zu sehen sein mussten. Ich weiß nicht welcher Teufel mich ritt, ich winkte zurück, fasste meine Brüste an, und wiegte sie mit meinen Händen. Dann fing ich sogar an meine Brustwarzen zu kneten und zwischen Daumen und Zeigefinger zu drehen. Mein Gegenüber klatschte begeistert in die Hände, drehte sich um seine Längsachse, zeigte seine Rückenpartie, wiegte sich in den Hüften, drehte sich wieder zu mir um und deutete auf seine Mitte. Langsam bewegte er seine Hände auseinander, um – das war mir sofort klar - anzudeuten welch fulminante Wirkung mein Anblick bei ihm gehabt habe. Ich musste lachen, warf ihm eine Kusshand zu, und gab ihm gestikulierend zu verstehen, dass ich ihn für einen Aufschneider hielt, dann wandte ich mich um und marschierte ins Badezimmer. Kaum zu glauben, aber ich war dankbar für die Ablenkung durch das kleine Intermezzo.
Eine Stunde später griff ich zu meinem Handy um meine „to do“ - Liste abzuarbeiten und als erstes Vera anzurufen.
Vera war sofort am Telefon, und wollte als erstes wissen, wie mir der Samstagabend gefallen habe. Ich erzählte, dass ich mich sehr freue Francesca und Christian kennengelernt zu haben, und mich die frivole, sexgeschwängerte Atmosphäre und das Gedränge der halb- und ganz nackten Körper sehr erregt hätten. Vera unterbrach mich, und meinte sie mache das auch immer wieder total an, und dieses Mal habe sie sich eine langgehegte Phantasie erfüllt. „Ich im Mittelpunkt, und viele gierige Schwänze um mich herum“, nach einer kleinen Pause fuhr sie fort, „irgendwie, war es nicht so wie ich es mir ausgemalt hatte. Ich wollte die Geilheit der Männer spüren und in ihren Augen sehen, aber was habe ich gesehen, die meiste Zeit nur Peters Prügel, den ich ja schon kenne.“ Ich musste über diese unerwartete Beichte lachen und Vera stimmte in mein Lachen ein.
Ich erzählte ihr, dass ich in der nächsten Woche studienbedingt unterwegs sei, und dass ich in vier Wochen über das Wochenende verreisen würde. Ich hoffte sie würde nichts Genaueres wissen wollen, irgendwie wäre es mir unangenehm gewesen ihr mehr über den Grund meiner Abwesenheit zu erzählen. Zum Glück ging Vera gar nicht weiter darauf ein und meinte nur für sie sei es in Ordnung. Dann berichtete sie, dass Peter morgen geschäftlich in das Mekka der Spielebranche, nach London, reisen würde und erst am Freitag spät abends wieder zurück sei. Nach einer kurzen Pause meinte sie, „ich habe eine Idee, wollen wir am Mittwoch einen Mädelsabend machen, du, Francesca und ich? Wir treffen uns bei mir, machen es uns im Keller gemütlich und reden über Gott und die Welt. Was meinst du?“ Ich überlegte, am Mittwoch wollte Greg nach Hamburg kommen, ich zögerte, dann dachte ich, gar nicht so schlecht, wenn ich einen guten Grund hatte, ihn an Mittwoch nicht gleich zu treffen. Also sagte ich zu Vera, „gute Idee, ich würde mich sehr freuen Francesca wiederzusehen.“
Vera entschuldigte sich, sie habe einen Termin bei ihrer Kosmetikerin, und müsse los. Wir verabschiedeten uns, und ich legte mit einer gewissen Erleichterung mein Handy zur Seite. Ich beschloss Francesca am Mittwoch wegen ihres Hauses auf Sylt zu befragen, und machte mich auf den Weg in die Stadt. Als ich aus der Haustüre trat, wanderte mein Blick unwill-kürlich am Haus gegenüber nach oben, aber niemand war zu sehen. Ich erstand einen wunderschönen, aber sündhaft teuren Pullover und einen Pyjama der mich auf jeden Fall wärmen würde.