„Hier wurde noch genannt, dass Frauen womöglich deshalb seltener den ersten Schritt machen, weil der Mann bei einer solchen Geste gleich fünf Schritte weiterdenkt. Ich will mich davon nicht freisprechen, denn tatsächlich habe ich im Laufe des Lebens die Erfahrung gemacht, dass das offene Zugehen auf Männer von diesen oft stark fehlinterpretiert wird.
Ich meine, wenn ich auf einen Mann zugehe, ist es sicher keine Fehlinterpretation, dass ich ihn irgendwie interessant finde und kennenlernen möchte. Das stimmt schon. Es bedeutet aber nicht, dass ich direkt offen für Sex bin oder ihn gleich heiraten und Kinder kriegen will. Leider habe ich eben die Erfahrung gemacht, dass mein offenes Interesse an einem Mann zu ziemlichem Übereifer seinerseits führen kann und die kleinste Geste des Entgegenkommens früh Besitzansprüche und Erwartungen schürt.
Ich war in meinen Teenagerjahren deutlich offener und offensiver als heute und hatte viel weniger Probleme damit, Jungs und Männer einfach mal anzusprechen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ganz viele, die aus der Entfernung sehr interessant und nett wirkten, mutierten daraufhin zu wahnsinnig übereifrigen Kletten und etwas, das sich seit meinen Teenagerjahren definitiv NICHT geändert hat, ist mein Bedürfnis nach regelmäßiger Individualdistanz, Allein-Zeit und Freiraum. Ich kann es nicht leiden, wenn sich jemand aufdrängt und wirklich ununterbrochen den Kontakt und die Nähe sucht, nur weil ich mal nett und entgegenkommend war und Interesse an einem Kennenlernen signalisiert habe. Ich hab es ja nichtmal in den langen Jahren mit meinem Mann ausgehalten, permanent mit ihm zusammenzuhocken, ich BRAUCHE regelmäßigen Abstand und fühle mich super unwohl und unter Druck gesetzt, wenn selbst jemand, den ich mag, wirklich permanent Zeit mit mir verbringen will und scheinbar auch sonst gar nichts anderes mit sich anzufangen weiß. Das ist definitiv kein Phänomen, das ich mir einbilde, ich hab mich auch schon mit anderen Frauen darüber unterhalten, denen das ebenfalls häufig passiert ist, dass ein Mann, für den man sich interessiert hat und auf den man zugegangen ist, einen derart fokussierten Invest in sie entwickelt hat, dass das Ganze sehr schnell nervig und zu viel und zu eng wurde.
Ich habe einfach das Gefühl, dass Männer in der umgekehrten Rolle sich selbst viel besser reflektieren und da eher schrittweise, achtsamer und vorsichtiger vorgehen, weil sie tatsächlich im Hinterkopf behalten, dass die Frau eventuell kein Interesse haben könnte.
Sehr gut gesagt. Ich gebe auch offen zu, dieses Problem (Mann erwartet zu viel und neigt zu Klammern) bei mir gemerkt zu haben. Mittlerweile habe ich es verstanden und finde es sogar sehr wünschenswert bei einer Partnerin, dass sie ihr eigens Ding macht.