Hi,
ich fühle mich als Biofrau gar nicht so weiblich im Sinne der allgemeinen Vorurteile zu Frauen.
Wo ich merke, eine Frau zu sein, sind die vielen Diskriminierungssituationen, die im Alltag auch heute noch präsent sind. Und sexuelle Belästigung, mich für von Haus aus dümmer zu halten oder zu emotional. Ich wurde bisher immer schlechter bezahlt als Männer für dieselben Leistungen.
Ich habe weich, emotional, empathisch und widerspruchsfrei zu sein. Als Frau habe ich auch nicht wirklich Lust auf Sex, eigentlich gar keine eigene Sexualität und empfand es häufig so, dass ich falsch war, weil ich den Vorurteilen und Klischees nicht entsprach. Ich sollte sexy sein, devot, mich belügen lassen, mich benachteiligen lassen, natürlich bedingungslos lieben und wenn ich mich wehrte, war ich die Verkehrte. Oder die doofe Feministenzicke. Auch bei ganz selbstverständlichen Themen wie ein Nein beim Sexangebot.
Also diesbezüglich ich wäre lieber im nächsten Leben ein Kerl. Ganz im Ernst.
Dieses Gefühl der Wut darüber, weiblich zu sein und nur deshalb chronisch benachteiligt zu werden. Das ist weiblich, zutiefst weiblich für mich. Das schwach gemachte Geschlecht eben.
Wo ich mich positiv weiblich fühle ist bei sexueller und erotischer Interaktion. Wenn ich den Mann in seiner Körperlichkeit spüre. Wenn ich in seinen starken großen Hände die Weichheit meiner Brüste spüre, seine behaarten Beinen oder seinem unrasierten Gesicht zu meiner weichen glatten Haut. Der Kontrast. Das mag ich.
Und auf Frauenrunden, Kaffeeklatsch, das ist immer wieder lustig. Weibertratsch. Da merke ich manchmal auch, dass ich geschlechtlich dazugehöre. Manchmal kann ich das auch, so mitplappern und Lästerschwester sein.
Dessous kaufen finde ich nicht besonders weiblich. Männer finden das sexy und aufregend, das weiß ich. Aber ich selbst kaufe mir dann Unterwäsche. Mehr nicht, ganz unerotisch und unaufgeregt. Und wenn ich mich für ein Date einkleiden will, spiele ich als Biofrau mit dem Klischee Frausein. Dann weiß ich, rein vom Kopf her, dass ihn Halterlose antörnen. Mich allerdings nicht. Ich mache da dann für ihn, weil ich ihn heiß machen möchte und mich dann für ihn mitfreue, wenn er sich freut.
Frauen machen ohnehin ganz viel, um dem Mann eine Freude zu bereiten. Ihn toll und aufwendig bekochen, sich aufrüschen, ihm zu Munde reden und nicht widersprechen, ihm die Gelegenheit geben, der Held zu sein.
Wo ich auch merke, Frau zu sein, ist, wo es um konkrete positive Diskriminierung geht. Eine Kiste ist mir zu schwer, dann kommt mein Mädchengesicht und ein Mann eilt herbei, mein Held des Kistentragens zu sein. Oder andere Situationen, wo mir meine Weiblichkeit und die Vorurteile dazu, Vorteile erschaffen. Damsel in Distress bei dem Ausfüllen der Steuererklärung.
Entsprechend könntest Du dich in Hilflosigkeit zu deinem Vorteil versuchen. Kauf mal was Technisches und sei ganz Mädchen und unbedarft. Oder sei ganz schlecht in Mathe, Physik oder ähnlich und lasse dich mensplainen. Übe den Augenaufschlag der puren Unschuldigkeit. Der Hilflosigkeit. Des "Isch bin aba nur ein Mädschen. Du musst das jetzt fr mich tun. Ja?" *klimperklimper. Die Männer tun, gerne und hilfsbereit wie sie so sind, erklären sie dir die Welt.
Und eben Dessous mit einer Freundin kaufen gehen. Überhaupt shoppen und Sachen anprobieren, nur um zu sehen, wie Du darin aussiehst. Mädchenkram eben.
Und Pyjamapartys mit Freundinnen und dann über Männer lästern.
Oder gehe ins Restaurant und probe die Mäklerin. Die Möhrchen bitte bissfest, keine fette Sauce, ich mache doch Diät. Oh, nein, der Kaffee ist aber schon zu kalt, könnte ich bitte einen Neuen haben? Richtig heiß, ja? Bitte - Danke.
Oder umgekehrt, die mütterliche Versorgerin sein, an alles denken, seine Termine mit verwalten, ihn erinnern, für ihn mitdenken.
Frauen machen im Alltag nicht viel anders als Männer, aber die Welt der Frauen ist anders, bedingt durch die gesellschaftlichen Rollenklischees. Und die kannst Du erschaffen, indem Du dich in Situationen bringst, die das Rollenklischee "Frau" bedienen und dann erfahren, wie sich das für dich anfühlt. Sei Frau. Denn egal, was du fühlst, Du BIST bereits eine Frau. In guten wie in schlechten Situationen.
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