Zitat von **********yes77:
„Sind wir mal ehrlich: ein Anschreiben kann noch so ausgefeilt und Empfängerbezogen geschrieben sein. Wenn diejenige oder derjenige welche das Profil dazu anschaut und sich da nichts tut, was in Richtung "Interesse" geht, dann nutzt es einfach genauso wenig wie ein schlichts "Hallo, wie gehts" Das ist nicht böse gemeint und auch nicht oberflächlich. Es ist schlicht und ergreifend "Pech".
Ich für mich sehe da sehr oft auch ein Sender-Empfänger-Problem, was die Anschreiben betrifft.
Zum Beispiel lese ich von sehr vielen (primär Männern), dass sie sich sehr viel Mühe mit ihren Anschreiben geben und immer nett und höflich formulieren, aber dennoch keine oder nur negative Antworten kommen.
Aus meiner Erfahrung ist es aber so, dass ich sehr viele Anschreiben nicht nett und höflich finde und mich frage, ob die Sender und ich als Empfänger das einfach sehr unterschiedlich wahrnehmen. Das heißt jetzt nicht, dass ich überwiegend unterirdische Nachrichten bekomme, das passiert eher selten. Aber ich bekomme sehr viele Nachrichten, wo ich tatsächlich davon ausgehe, dass der Sender sich selbst als höflich und nett empfindet, ich aber direkt subtile rote Flaggen ausmachen kann (die anderen durchaus entgehen könnten, weil sie sie generell oder für sich nicht als rote Flaggen wahrnehmen).
Zitat von **********yes77:
„
Und nochmal: Es ist ziemlich übergriffig, zu erwarten, daß man (m/w/d) auf jedes Anschreiben ergebnisoffen reagiert, wenn von vorneherein überhaupt nichts da ist, was das Interesse triggert. Ich lass mir doch auch nicht ne Kassette von den Zeugen Johovas ins Ohr drücken, wenn ich von dieser Sekte eh nichts wissen will. Das istvim Prinzip das Gleiche.
Richtig.
Und ich würde das gerne nochmal mit einem Beispiel aufgreifen, warum ich nicht auf jede Nachricht ergebnisoffen reagiere und warum ich mir auch nicht einreden lassen will, dass ich auf möglichst viele oder alle Annäherungsversuche erstmal offen reagieren sollte.
Ich schrieb im ersten Absatz ja bereits über rote Flaggen. Nehmen wir jetzt mal die absolut niveaulosen Zuschriften beiseite, denn da denke ich, wird keiner erwarten, dass man da zugewandt reagieren muss. Ne, sprechen wir einfach mal von augenscheinlich ganz normalen Anschreiben, die auf den ersten Blick sehr nett und höflich wirken - und wo ich auch glaube, dass die Schreiber sich so empfinden - wo ich aber bereits bei der ersten Nachricht weiß, das wird nichts.
Mir schrieb zum Beispiel ein Mann ein nettes Kompliment zu meinen Forenbeiträgen, lobte meine Eloquenz und meinte dann, mit mir könne man bestimmt über einem netten Glas Wein philosophieren.
Bis hierhin erstmal harmlos, da ich aber explizit nicht auf der Suche bin und in meinem Profiltext auch steht, dass ich nicht an Treffen interessiert bin, lassen mich solche Sätze schonmal hellhörig werden, weil hier implizit der Wunsch nach einem Treffen mitschwingt.
Im weiteren Verlauf schrieb er dann, dass er ja wisse, dass ich ("derzeit", das schrieb er in Klammern) nicht suche und dass er einen Annäherungsversuch daher unterlasse. VORERST. Das schrieb er auch in Klammern.
Und hier war für mich das Thema dann bereits durch. Manche werden sich fragen, warum. Grund: Ich mag es nicht, wenn mir jemand das Gefühl gibt, er sitze bereits wie ein Raubtier auf der Lauer und warte nur auf den Moment, an dem mein aktuelles Verhältnis (wegen dem ich nicht mehr suche) scheitert und ich wieder "Freiwild" bin. Nicht nur, weil es einen Kontakt belastet, wenn man weiß, der Gegenüber wartet nur darauf, dich "legal" angraben zu können, sondern auch, weil ich das Gedankenkonstrukt nicht mag, wonach man sich nur zurückhält, wenn jemand "in Besitz" ist und "jemandem gehört", obwohl nicht das relevant sein sollte, sondern die eigenständige Entscheidung der Person, ob sie überhaupt Interesse hat. Menschen, die so denken, neigen meiner Erfahrung nach dazu, schlecht damit klarzukommen, wenn sie abgelehnt werden, weil sie das Desinteresse lieber auf "die gehört schon jemand anderem" schieben wollen, als darauf, dass man schlichtweg kein Interesse an ihnen als Person hat, egal ob man bereits jemand anderen hat oder nicht. Aber dazu im Verlauf mehr (denn meine Erfahrung hat sich mal wieder bestätigt).
Nun, ich wusste also bereits hier, dass ein Mindset vorhanden ist, mit dem ich mich unwohl fühle und das mir signalisiert, dass ich mit diesem Menschen sehr wahrscheinlich nicht klarkommen werde. Ich bedankte mich trotzdem erstmal nur neutral für die Komplimente und ging auf den Rest nicht ein. Hätte ich auf meinen Verstand gehört, hätte ich hier bereits gesagt, dass von meiner Seite aus dennoch kein weiteres Interesse besteht.
Nun bin ich so, dass ich es manchmal eben doch probiere. Es gibt immer wieder Momente, in denen ich mich "ergebnisoffen" auf ein Gespräch einlasse, obwohl ich stark vermute, dass das nicht klappt. Wir reden hier nicht von lediglich "keinem geweckten Interesse" (was Neutralität bedeutet), sondern bereits von aktivem Desinteresse. Aber weil ich immer wieder denke, ich könnte vielleicht jemandem Unrecht tun und würde zu harsch urteilen, lasse ich mich immer wieder mal darauf ein, ein Gespräch weiterzuführen, in der Hoffnung, mich einfach getäuscht zu haben.
Spoiler: Ich täusche mich nur in den allerseltensten Fällen.
Im weiteren Gesprächsverlauf wollte dieser Mann also von mir wissen, welche Art Wein ich trinke, ob rot oder weiß, ob trocken oder lieblich. Da mir hier schon klar war, dass er vermutlich vorwiegend Infos für ein potenzielles Date sammeln wollte, fragte ich ihn, wieso er das wissen wollte.
Daraufhin beschwerte er sich über meine Maulfaulheit (ich antwortete nur sehr knapp), nannte mich in offenbar scherzhaft gemeinter Weise, für mich aber sehr von oben herab klingender Art "Miss" und "Madame" und gab mir das Gefühl, ein kleines, dummes Mädchen zu sein, obwohl er mich nie beleidigte. Seine Worte klangen augenscheinlich "höflich, nett und spaßig", kamen bei mir aber eben nicht so an, weil ich diese Art von Gesprächsmustern mittlerweile bis zum Erbrechen kenne. Ich kenne es, dass jemand mit diesen bescheuerten Titeln und Kosenamen um die Ecke kommt, um Frust zu kaschieren und im anderen einen Rechtfertigungsdrang auszulösen, der hoffentlich zu seinen Gunsten ausfällt.
Ich schrieb, dass ich kein Interesse habe.
Und erntete einen Spaßbremsen-Smiley. Wie ich vermutet habe: Es musste ein kleiner Rüffel dafür folgen, dass ich kein Interesse an ihm als Person habe. Ganz egal, dass er mir versicherte, seine Absichten seien nicht ausschließlich sexueller Natur (aber das wäre natürlich trotzdem die Kirsche auf der Sahne), ganz egal, dass er mir vorher Komplimente gab. Ich sah rote Flaggen, die sich bestätigten.
Ich kann natürlich nicht sagen, welche Erfahrungen andere so mit ihren Mitmenschen machen und welche Konsequenzen sie daraus ziehen, aber der Grund, warum ich eben nicht jedem eine Chance gebe und warum ich mich nicht verpflichtet sehe, immer offen zu sein, "damit ich nichts verpasse", ist schlichtweg der, dass ich für mich festgelegte rote Flaggen nicht mehr ignoriere, egal wie klein und unbedeutend manche sie finden wollen. Ich versuche es immer wieder, vielleicht aus wissenschaftlicher Neugier, Gespräche zuzulassen, obwohl ich bereits in der ersten Nachricht Dinge erkenne, bei denen ich weiß, das passt nicht, und so gut wie immer liege ich am Ende richtig.
Ich hab hier bisher nur einen einzigen Mann kennengelernt, mit dem ich einen etwas unglücklichen Start hatte, und bei dem es im Nachhinein doch geklappt hat. Wobei man hier sagen muss, dass der Start zwar unglücklich war, in mir aber nicht von Anfang an aktives Desinteresse ausgelöst hat.
Das sind aber Ausnahmen. Es sind immer Ausnahmen.
Und ich hab einfach nicht die Lust und die Zeit, jede Nachricht wie eine Ausnahme zu behandeln, wenn ich aus Erfahrung weiß, dass jemand, der mir bereits in der ersten Nachricht negative Vibes gibt, dieses Niveau mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit behalten wird. Das ist doch für uns beide Zeitverschwendung.