Die Wahrheit: dazwischen...
Ich hab jetzt nicht alle 20 Seiten gelesen, kann also sein, dass die Argumentation durchaus schon wo vorkommt.
Emanzipation, politisch, religiös, geschlechtlich, ist richtig, gut, wichtig. Aber es kann durchaus sein, dass die historisch verständigte Position mitlerweile obsolet oder verständigt ist... zumindest kann man das daran sehen, dass die Porno-Debatte in den letzten Jahren ganz anders aufgerollt wurde, als es Alice Schwarzer, Andrea Dworkin und wie die ganzen anderen Heroinen der ersten Aufbruchswelle der weiblichen Emanzipation heißen mögen, lieb war. Denn die neuen Emanzen stehen für ein Interesse daran, was die alten noch verteufelten. Eben in diesem Fall Pornos, und ihr Interesse daran. Nur wie? Und welche?
Wenn es also um Unterdrückung und Befreiung geht, muss man mit dem guten alten Bloch gewiss Ungleichzeitigkeiten attestieren. Und Geschlechterunterschiede anerkennen. Unsere Bildung z.B. ist dominiert von Frauen. Und die setzen ihre Handschrift, fördern die Mädchen; missverstehen oder ignorieren die Buben, die, glaubt man Pädagogen und Sozialforschern, einen eher praktischeren, aktionsorientierten Zugang zum Lernen benötigen - und Bewegung dazu. Und: Jungs haben dann ihre Pubertät, wenn Lehrerinnen auf die Verständnisreife und Lesefähigkeit von Mädels setzen. Sie habens einfach nicht gelernt, die Lehrerinnen... aber long term zum Nachteil der Männer.
Vorwurf! Schmeißt mich in die Löwengrube!
Es ist leider was dran. Aber diese Argumentation wird hochgejazzt zu einer ultima ratio. Dabei wird geflissentlich übersehen, dass Frauen sehr häufig da ihre Berufe suchen (und ihre Nischen finden), wo Männer aus Gründen des beruflichen Aufstiegs, der Karriere, nicht mehr hin wollen. Pflege, Unterricht, ... Die Lehrerinnen-Situation ist also ein Resultat unserer patriarchalischen Struktur, die Männern vorgibt, die "dicken-Eier-Jobs" anzustreben. Heute sehe ich das bei den Bürgermeisterinnen. Sind viele. Wird als Emanzipationserfolg gewertet. Aber die politisch klugen, aufstiegsorientierten Männis drücken sich lieber in den Regierungspräsidien oder als Ministerialräte bei den Landesregierungen herum. Aus einem einfachen Grund: weil sie dort viel meeeeeehr Zeit haben und viel näher dran sind, um ihre Karriere (dann als MdL oder MdB) voranzutreiben und Netzwerke zu knüpfen. OB ist zeitfressend, anstrengend, halbwegs bürgernah. Also doch: ein typischer Job für gewissenhafte Frauen, die OB bleiben, aber nicht aufsteigen wollen.
Scheiß Dialektik... aber dass dann einmal die Knaben dieser Welt benachteiligt werden, ist klar. Nur: die Kinder können nix dafür. Und eine Pädagogik, die beiden Parteien gerecht zu werden versucht - und Jungs auf ihre Art fördert, sehe ich noch nicht.
Die aber wäre notwendig, um das falsche Verständnis von Emanzipation, das ich durchaus noch erlebt habe und erlebe, zu revidieren: dass die Frau recht hat, weil sie Frau ist. Und ein emanzipierter Mann alles annehmen muss, weil er emanzipiert sein will. In diesem Fall geht es um einen Kampf, um - auch hier wieder typisch männlich! - um Sieg und Niederlage, nicht um ein Miteinander im Bewusstsein des Anders-Sein und im Respekt vor dieser Tatsache.
Dennoch: Im sexuellen Miteinander diktiert die Frau durchaus das, was passiert. Sie lässt zu, öffnet sich, selbst als Sub. Und lehnt ab. Ansonsten passiert Gewalt.
Das ist das Privileg der Frau, das ihr, wenn mann sie bejahen lässt, nie genommen werden kann. Jedem lustvollen Akt geht so ein - manches Mal stillschweigender - Kontrakt voraus, der von dem einen oder anderen als knebelnd, bevormundend oder unterdrückend empfunden werden wird. Das aber ist nicht so. Wenn ein Mann dies so empfindet, läuft etwas schief. Und meist repräsentiert dieses Gefühl des Unterdrücktseins den Konflikt zwischen unausgesprochener Erwartungshaltung oder sexueller Phantasie und dem realen Tun und Treiben - und nicht einen gesellschaftlichen Status quo.