Es war eine stürmische Nacht, das knallrote geschlossene Rettungsboot aber hielt. Das Chaos während des Untergangs des Kreuzfahrtschiffs, das sie von Port Moresby nach Guadalcanal bringen sollte, war einer dumpfen Ratlosigkeit gewichen. Seekrank durch das dauernde Geschaukel der kurzen kabbeligen Dünung hockten Ana und Tom mehr oder weniger erschöpft im Boot. Sicher war es im Nachhinein ein Fehler des erfahrenen Kapitäns gewesen, den Ausläufer des Zyklons zu unterschätzen, aber was nützte das in diesem Moment? Wenigstens war es nicht zu warm jetzt im Januar im hiesigen Hochsommer. Und da nur sie es auf das Boot geschafft hatten, waren sie bestens ausgestattet mit Vorräten und Wasser. Die Navigation allerdings war nicht möglich, denn GPS und Elektronik waren ausgefallen. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum sie den Motor nicht starten konnten und das Seefunkgerät versagte. Das Boot machte zudem keinen gut gewarteten Eindruck. So trieben sie weiter. Irgendwann ging die Sonne auf und sie sahen durch die Fenster, dass sie umgeben waren von der Wasserwüste des Pazifiks.
„Was sollen wir bloß machen?“, fragte Ana, die die Seekrankheit erheblich stärker als Tom erwischt hatte, und erbrach sich geräuschvoll in einen Beutel, von denen es zum Glück genug gab.
„Ich weiß es nicht“, sagte Tom resigniert und legte hilflos seinen Arm um sie. „Ich denke, sie werden bald eine Suchaktion starten. Und vielleicht finden wir ja Land.“
„Aber selbst wenn, wie sollen wir es denn erreichen ohne Motor?“
„Wir benutzen die Paddel. Ich habe ein paar gefunden.“
Ana war zu schwach zum antworten und legte sich auf eine der Bänke, die an beiden Seiten der Bordwand angebracht waren.
Tom öffnete die Luke und sah hinaus. Der Blick war besser als durch die Fenster des Boots. Er sah sich um und aufgeregt rief er nach unten.
„Ich sehe eine Menge Vögel. Ich glaube, es sind diese Fregattvögel, die uns der Guide bei der Tour von Port Moresby aus gezeigt hatte. Der hatte doch gesagt, dass die nur in Landnähe in großer Anzahl vorkommen.“
Ana drückte sich langsam in die Senkrechte. Tom half ihr und sie sah durch die Luke hinaus.
„Stimmt, ich erinnere mich. Aber ich sehe nichts.“
„Wir driften in die Richtung. Vielleicht haben wir ja Glück“, meinte er.
„Ich bleibe jetzt hier oben, wo ich den Horizont sehen kann. Ich merke, dass es mir gleich etwas besser geht“, sagte sie.
„Gut, ich hole uns beiden schnell eine Schwimmweste. Sicher ist sicher.“
Gemeinsam saßen sie auf dem Vorschiff des Beiboots. Der Mittag war bereits vorbei und sie hatten sich aus Planen, die es im Boot gab, eine Art Überzug gebaut, der sie vor der Sonne schützte. Die Fregattvögel schienen sie fast geleiten zu wollen, zumindest machte es den Eindruck, denn einige schwebten im gleichen Tempo wie ihr Boot beinahe reglos über ihnen.
„Da!“, rief Anna, „das ist Land.“
Tom kniff die Augen zusammen, denn sie wies in den Nordwesten und so musste er direkt gegen die Sonne starren.
„Tatsächlich, das stimmt!“
Aufgeregt stürzte er ins Bootsinnere und kam mit zwei Riemen wieder nach oben. Mehr schlecht als recht ließen sich diese in den rostigen Dollen bewegen, aber es funktionierte. Der Wind tat ein Übriges und schnell kam das Eiland näher. Ganz und gar mit Wald überwachsen, über dem neben den Fregattvögeln Möwen und andere Seevögel kreisten, war ein schmaler schneeweißer Strand vorgelagert. Wellen brachen sich davor.
„Da ist ein Riff. Da werden wir wahrscheinlich nicht so ohne Weiteres durchkommen“, meinte Tom zu Ana, die nun schon viel gesünder aussah und motiviert mitruderte. „Ich werde schwimmen und das Boot ziehen. Auf dem Rücken sollte das funktionieren mit der Schwimmweste.“
Er zog sich T-Shirt und Hose aus. Die schwarzen fein ziselierten Sandalen behielt er an. Er ließ sich in das kristallklare Wasser gleiten, das angenehm warm war. Die Wassertiefe betrug drei oder vier Meter. Langsam näherten sie sich von seinen Beinschlägen angetrieben dem Ufer. Schließlich konnte er gehen. Vorsichtig den scharfen Korallen ausweichend, die überall aus dem Sand herauswuchsen, schaffte er es ohne Verletzungen bis zum Strand.
Sie zogen das Boot so hoch auf Land, wie sie konnten.
„Puh, das wäre geschafft. Wir sollten eine Bestandsaufnahme vornehmen, was wir haben und uns dann Gedanken über die Rettung machen“, schlug Ana vor.
Gemeinsam entluden sie das Boot. Neben einer Behelfsangel, einem Beil, und zwei Eimern, fanden sie Becher, Seile, Decken, Planen, Schöpfgefäße, Tabletten zur Wasserdesinfektion, Proviant und ein eingeschweißtes Büchlein mit Hinweisen zum Verhalten bei Schiffbruch. Multifunktionsmesser, Treibanker, Signalspiegel, Taschenlampe, Feuerstahl und Signalpistole vervollständigten die Sammlung.
„Gar nicht so übel. Damit können wir eine Zeit lang aushalten“, meinte sie, „vorausgesetzt, wir werden Fische fangen können und Wasser finden.“
„Das mit den Fischen sehe ich ziemlich unproblematisch, das Wasser dagegen könnte eine Schwierigkeit werden. Ich finde, wir sehen uns erst mal um, das kann ja nicht schaden“, schlug Tom vor.
Er zog Hose und T-Shirt an, Ana trug immer noch ein leichtes rotes Sommerkleid ohne Slip, denn sie waren abends auf dem Schiff zu einem frivolen Privatdinner eingeladen gewesen. Der Dresscode war zwar nicht vorgegeben, aber frivol hieß eben frivol.
„Welche Richtung?“, fragte sie.
„Eigentlich egal.“
So füllten eine Flasche mit Trinkwasser, wandten sie sich gen Südwesten und liefen den schmalen Strand entlang. Ein paar Minuten später erreichten sie eine Ecke der Insel. Sie umrundeten eine kleine Landzunge und sahen, sich nach Nordwesten erstreckend, dem Eiland vorgelagert ein Korallenriff, das sicher 250 m breit war.
„Das ist ja phantastisch“, meinte Tom, „hier sollte Fischfang keine Probleme machen. Jetzt müssen wir nur noch Wasser finden.“
Am Strand fanden sie in großen Anzahlen brütende Vögel verschiedener Arten, die sie nicht kannten. Viele aber hatten Eier. Und auch wenn sie wütend nach Ana und Tom schnappten, falls sie zu nahe kamen, waren sich beide einig, dass sich hier eine Nahrungsquelle aufgetan hatte. Das Wetter hatte sich mittlerweile etwas eingetrübt. Eine Art Hochnebel verschleierte das Meer. So konnten sie nur ein paar hundert Meter weit sehen. Aber es blieb angenehm warm und der Wind blies sanft. Nach zwanzig Minuten hatten sie die Nordwestecke der Insel erreicht und auch hier gab es eine kleine Landzunge, die sie umrundeten. Die Nordseite unterschied sich von der anderen dadurch, dass es hier nur ein schmales Riff, ebenso wie an der Stelle, wo sie gelandet waren, gab. Nachdem sie vielleicht gut einen Kilometer weiter gelaufen waren, stieß Ana, die vorging, einen überraschten Ruf aus: „Das ist ja irre, ein Swimmingpool!“
Tom sah, was sie meinte. Ein Gewässer lag unmittelbar hinter dem bewachsenen Strandwall, vollkommen vom Meer abgeschnürt. Er kniete sich nieder und schöpfte Wasser mit den Händen und probierte.
„Uääh, es ist modrig. Ich denke, wir sollten das lieber nicht so trinken, aber es ist Süßwasser. Wenn wir es desinfizieren, müsste es gehen.“
Sie gingen weiter Richtung Osten und stellten fest, dass sie nach ein paar Minuten ihr Rettungsboot wiedersahen.
„Ist ja nicht besonders groß, aber ich finde, es ist erst mal alles da, was wir brauchen. Glück im Unglück sozusagen. Dann können wir uns jetzt um unser Nachtlager kümmern, was meinst du Tom?“
„Ganz genau. Ich denke, wir legen es nicht direkt auf dem Strand an, sondern am Rand. Dann können wir uns ein Dach aus den Palmenblättern herstellen. Und wenn ich mir die Planen und Decken ansehe, kann ich mir gut vorstellen, dass Hängematten schnell gebaut sind.“
Sie machten sich ans Werk. Als es Abend wurde, waren sie so weit.
„Ganz heimelich“, stellte Ana fest.
Zwei improvisierte, aber stabile Hängematten schaukelten sanft zwischen Palmen und darüber hatte Tom einen Baldachin aus deren Wedeln gebaut.
„Jetzt fehlt nur noch ein Feuer, dann ist es fast romantisch.“
„Das sollte kein Problem sein. Wir haben ja einiges an Treibholz gesehen. Ich bin gleich wieder da“, verkündete Tom und suchte am Strand nach Brennbarem. Ana schob mit den Händen eine Grube aus und zwanzig Minuten später brannte ein Feuer, als die Dämmerung hereinbrach. Kurz darauf war es dunkel.
„Auch wenn gemein klingt, finde ich es total schade, dass das Unglück ausgerechnet dann passiert ist, als die Stimmung langsam so richtig heiß wurde bei dem Dinner. Wie dich
@********2020 angesehen hat, war ziemlich eindeutig. Schade, dass sie rein hetero ist. Mit ihr hätte ich zu gern gespielt“, meinte Ana.
„Ich weiß, du stehst ja auf solche Frauen, aber manchmal ist es eben so, dass nur ich zum Zuge kommen könnte. Ich hatte aber den Eindruck, dass diese Fotografin, wie hieß sie noch gleich? ...“
„@*******nni“, soufflierte Ana.
„Ja, genau, dass die auf dich total scharf war.“
„Der Eindruck hat dich nicht getrogen. Du hast ja nicht mitbekommen, wie sie sich an mich rangeschmissen hat, weil du doch mit dieser Schriftstellerin, wie hieß die noch gleich? ...“
„
@**********einer“, war es nun an Tom, auszuhelfen.
„Richtig. Jedenfalls, als du dich mit der unterhalten hast, hat @*******nni mich total scharf gemacht. Ich meine, ihr Busen ist schon geil, aber dieses Netzkostüm, das ja nun weniger verhüllt, als gezeigt hat, hat mich richtig nass werden lassen. Und das hat sie gemerkt. Wenn da nicht der Alarm losgegangen wäre, wer weiß, was denn passiert wäre.“
„Bestimmt etwas Geiles, bei dem ich sehr gerne mitgemacht hätte. Und erinnerst du dich an
@****rv, die auch nur in Dessous gekommen war. Die hatte einen ganzen Schwarm von Männern hinter sich hergezogen. Ich glaube, die steht auf Männerüberschuss.“
„Das glaube ich auch. Übrigens bin ich auch total scharf auf dich. Glaubst du, dass das irgendwie schräg ist, so kurz nach diesem Unglück?“, fragte Ana.
„Du meinst, dass das unmoralisch sein könnte? Ganz bestimmt würden das viele so sehen, aber mal im Ernst, wir sind ja auf diese Reise nicht gerade mit herkömmlich verkrusteten Sittsamkeitsgefühlen gefahren. ‚Hedonistischer Zirkel‘ ist nun bestimmt kein Synonym für Enthaltsamkeitsliga. Fast der halbe Dampfer war ja Mitglied. Ich denke, dass zumindest die es verstehen würden, wenn wir unserer Lust freien Lauf lassen.“
„Dann bitte ich darum“, sagte Ana, verließ die Hängematte, legte sich auf den Sand und spreizte die Beine.
Tom fackelte nicht lange und leckte sie genüsslich. Ana wand sich vor Wollust und alsbald bahnte sich ein Höhepunkt an, den sie geräuschvoll in die Nacht hinaus stöhnte. Auf diese Art angeregt nahm sie gern das Angebot von Tom an, der sich seinerseits auf den Rücken gelegt hatte. Sie stieg auf und ritt ihn mit Hingabe.
„Hab ich euch doch gesagt, dass da Leute sind“, sagte eine weibliche Stimme aus dem Dunkel.
Ana hörte mit ihren Bewegungen auf, aber bevor sie überhaupt absteigen konnte, trat eine ganze Schar Menschen in den Lichtschein des Feuers:
@****rv, @*******nni,
@********2020 und
@**********einer mit ihrem Mann und ein weiteres Paar, das sie flüchtig während des Dinners zur Kenntnis genommen hatten,
@*********ipzig.
„Dürfen wir eventuell mitmachen?“, fragte der Mann des unbekannten Pärchens.
Kleine Aufgabe an die Gemeinschaft: um welche Insel handelt es sich wohl? Die ersten drei, die uns die richtige Antwort posten, dürfen sich auf eine Belohnung freuen.