Sie berichtet, dass Pornos helfen können, die Sexualität besser zu verstehen. Auch die eigene. Gerade sie als Amerikanistin, die Menschen mit sehr prüder Erziehung kennt, die mit ihrer Sexualität gar nichts anfangen können, für die alles mit Scham belegt ist, weiß, dass manche Menschen erst einmal informiert sein müssen, was für Schätze der eigene und fremde Körper für die angeblich verbotene Lust bereit hält.
Sie bezieht sich auch auf meinen Vorwurf. Nämlich dass es niemanden gibt, der einem in dem Ausleben der Sexualität irgendwie bildet. Man bekommt Schulunterricht in Bezug auf die Gefahren wie HIV (aber es werden kaum andere STIs erwähnt) und zum Thema Schwangerschaft und Verhütung. Das war es dann aber auch schon. Aufklärungspornos gibt es gar nicht. Dafür schauen wir bereits im Grundschulalter in den Tierfilmen allen möglichen Tieren inkl. gesprochener Erklärung beim Sex zu.
Sie leugnet aber nicht, dass es Pornosucht gibt. Nur sei sie kein Fachmann zu diesem Thema! (s. nachstehendes Interview; Quelle:
https://magazin-forum.de/de/node/15930)
Warum sind pornografische Filme eigentlich so beliebt?
Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: „Wenn wir alle unsere sexuellen Fantasien ausleben würden, hätte Pornografie keine Wirkungsmacht mehr." Auch Hollywood-Filme agieren nach diesem Ansatz: Sie bringen uns in eine Welt, die anders ist als unsere Lebensrealität. Pornos machen das gleiche. Aber man kann die Frage natürlich auch pragmatischer beantworten: Wir schauen sie, um uns schnell zu erregen und zu masturbieren. Oder um etwas über Sexualität zu lernen.
Dafür braucht es Pornos? Ist Sex in unserer heutigen Gesellschaft nicht präsenter denn je?
Das denkt man schnell, aber je spezifischer es wird, desto weniger verbreitet sind fundierte Informationen. Wenn ich wissen möchte, wie ich mit einem Strap-on [Dildo zum Umschnallen, Anm. d. Red.] richtig penetriere, ist es gar nicht so leicht, etwas Hilfreiches zu finden. Das geht im Porno wesentlich schneller – auch wenn ein Porno natürlich nie dafür gemacht wurde, Aufklärungsarbeit zu leisten. Und das wiederum ist ein großes Problem.
Warum?
Weil es selbst heutzutage und selbst hierzulande keine ausreichende Sexualkunde gibt, die junge Menschen nicht nur über die Gefahren, sondern auch die Lust beim Sex aufklärt. So werden Pornos in diese Rolle gedrängt, sind dafür aber überhaupt nicht geeignet. Pornos sind Unterhaltung, Fantasie, Fiktion. Sie sollten keinen Bildungsauftrag haben.
(...)
In Ihrer Doktorarbeit beschäftigen Sie sich mit Pornosucht. Was genau untersuchen Sie?
Ich versuche darzustellen, dass sie ein kulturelles Konstrukt ist, ein Mythos. Da geht es mir um den Diskurs: wie wir über Pornos sprechen, welche Ängste damit verbunden sind.
Das heißt, es gibt gar keine Pornosucht?
Das ist natürlich eine steile These, die ich so nicht aufstellen kann. Ich bin keine Ärztin. Aber als Kulturwissenschaftlerin kann ich sagen, dass wir es mit Panikmache zu tun haben, mit einem pseudo-medizinischen Ansatz, mit konservativen Moralvorstellungen, wie Sex zu sein hat. Das merkt man allein daran, wie stark sich die Kirche und rechtslehnende Gruppen in die Debatte einmischen, vor allem in den USA, wo das Thema schon allgegenwärtig ist.
Was meinen Sie?
Wenn ich Berichte von Menschen lese, die sich als pornosüchtig beschreiben, sind die eigentlichen Probleme fast immer Scham und fehlende Kommunikation. Sie berichten, heimlich Pornos zu schauen. Oder online Sehnsüchten nachzugehen, die sie sich nicht trauen auszusprechen. Das tut natürlich keiner Beziehung gut, aber daran sind nicht die Pornos schuld. Das Thema ist wahnsinnig komplex, aber die öffentliche Unterhaltung darüber geht in die falsche Richtung.
Was würden Sie denn jemandem raten, der exzessiv Pornos schaut?
Helfen könnte man vermeintlich Betroffenen mit einem offenen Dialog über Sex – damit, ihnen zu sagen, dass sie völlig normal sind, statt sie als krank zu labeln und Masturbationsabstinenz zu verschreiben, wie es gerade viel passiert.