Zitat von *********inity:
„Persönlich fühlt es sich gerade so an, als wäre ich der letzte Mensch auf Erden. Manche, die ich kennengelernt habe, waren u.a. solche, die sich überhaupt keine Sorgen darüber machten, wie es aktuell ist. (Ich hoffe ihr versteht was ich damit sagen will...).
Und am Ende stehe ich da und denke mir, verliere ich meinen Verstand? Bin ich tatsächlich zu blöd?
Ergo: Diese aktuelle Lage ist wie ein schlechter Horrorfilm...
PS: Eure Meinungen sind gefragt.
Verstehe ich gut, allerdings aus einer ganz anderen Perspektive.
Das Jahr fing damit an, dass ich eine ganz reizende junge Dame kennenlernte. Alles passte perfekter als ich ich mir je gedacht hätte, es knissterte und kribbelte an Stellen, die ansonsten eher gelangweilt auf ihre dreiwöchendliche Standardbetätigung warten. Besser hätte es kaum sein können, wir machten auch schon Pläne für ein Treffen...
...dann kam die Pandemie mit voller Wucht und auch wenn es da noch nicht absehbar war und der erste Shutdown auch schon überstanden und die Infektionszahlen niedrig wie das ganze Jahr nicht mehr: Es wäre für mich völlig unverantwortlich gewesen, sich zu treffen. Ich werde nicht aus persönlicher Geilheit einfach andere Menschen gefährden.
Da stand dann also Vernunft über Trieb - und am Ende hat mich das dann durchaus ziemlich frustriert. Aber was solls? Da kann ich nichts machen. Manchmal verliert man, manchmal gewinnen einfach andere (zum Beispiel die, die weniger vernünftig sind und das Risiko für sich und andere einfach billigend in Kauf nehmen).
Ich hatte allerdings nicht all zu viel Zeit, um mich so richtig in meinen Frust reinzusteigern. In Zeiten, in denen bei vielen anderen Kurzarbeit oder Schichtausfälle angesagt waren, hab ich jeden Tag so viele Überstunden gemacht, dass es schon besser war, die Zeiten nicht so ganz genau zu erfassen. Drückt man halt mal beide Augen zu, kneift die Arschacken zusammen und hält durch, damit etwa 3 Millionen Menschen beruhigt und entspannt weiter ihr Leben leben können.
Das lief zum Teil im Homeoffice, zum Teil im Büro - ein paar der Kollegen habe ich fast ein Jahr lang nicht gesehen. Das ist jetzt für das "Teamgefühl" nicht so wirklich förderlich und macht das Arbeiten emotional auch nicht unbedingt viel angenehmer.
Schlussendlich gab es dann eigene Regeln für den Umgang mit der Krise, die sich an den Regeln der Bundesregierung orientierten aber zum Teil auch deutlich stringenter waren. Der Tenor war: Ansteckungen müssen so gut es nur geht verhindert werden, jeder ist aufgerufen mitzuhelfen und vernünftig zu sein. Wenn so systemkritische Infrastruktur ausfällt, weil die Belegschaft krank ist... unlustige Situation...
Spätestens Ende September, als die meisten Kreise so langsam "rote Zonen" wurden, gab's dann Homeofficepflicht für alle. Also: Gar kein "echter" Kontakt mit Mitmenschen mehr. Die Überstunden wurden auch nur geringfügit weniger. Also: Stress, Stress, mehr Stress - oh und erwähnte ich dieses frustrierende Situation, dass da nicht nur ein 1:1000.000-Date geplatzt ist, sondern auch bis vermutlich Herbst 2021 kein weiteres möglich sein wird? Also: Es ist ja so oder so schon extrem unwahrscheinlich, aber mit der Pandemie ist es zusätzlich unmöglich. Einfach weil es grob unvernünftig ist, andere zu gefährden und eine Selbstgefährdung so gut es nur irgendwie geht verhindert werden muss.
Der "Freundeskreis"? Naja. Ich habe eigentlich keinen. Also an der Front hat sich nichts geändert. Eine Bekannte von mir wollte sich im Sommer mal treffen und sich vermutlich ein bisschen ausheulen (oder frustvögeln? Ich weiß es nicht...), nachdem sie frisch gesingled wurde. Ich hab sie abserviert. Zu riskant. Eine andere wollte mich die ganze Zeit immer mal wieder besuchen kommen. Hab' ich genauso abserviert (aber die ist da weniger eingeschnappt 😅) und auf "irgendwann nächstes Jahr" verschoben. Ansonten habe ich einen einzigen echten Kontakt - der ist selbst Hochrisikogruppe und lebt seit Anfang des Jahres genauso isoliert wie ich.
Feiertage? Familie? Joa. Normalerweise fahre ich so zwei, drei Mal im Jahr zur noch lebenden Familie. Nur ist mein Vater genauso Hochrisikopatient. Wenn der infiziert wird, ist er tot. Punkt. Da gibt's dann keine Wahrscheinlichkeiten mehr. Insofern: Bahnfahren fällt sowas von kategorisch aus, Mietwagen haben einen für mich zweifelhaften Desinfektionsstatus... und nur hinfahren, um des Hinfahrens Willen? "Weil man das ja sonst auch immer so gemacht hat"? Nein. Einfach Nein. Weihnachten fand also mehr oder weniger telefonisch statt. Völlig unfestlich. Ziemlich trist. Aber es gab Buttergebäck (hätte ich nicht ein ganzes Blech durch eine Fehleinstellung verbrannt, würde meine Wohnung jetzt auch nicht so stinken 🤣).
Silvester war ich bisher oft allein (was ich manchmal etwas schade finde, aber ich gewöhne mich ja an alles). Insofern ist das für mich jetzt eher "business as usual".
Was sich für mich tatsächlich geändert hat, ist, dass ich seit Ende September nicht mehr einkaufen gehe, sondern wirklich alles irgendwie online bestelle (ich betrete keine Läden mehr, solange die Inzidenzen so hoch sind - siehe oben: Ansteckungen müssen so gut es nur geht verhindert werden). Normalerweise habe ich einen leeren Kühlschrank und kaufe alles was ich so brauche täglich frisch. Jetzt lebe ich seit Monaten aus der Dose und von gut lager- halt- und lieferbaren Sachen. Ich kann nicht mehr dreimal die Woche ins Fitnessstudio und das, was ich zu Hause machen kann, reicht bei Weitem nicht. Abgesehen arbeite ich meist so viel, dass ich viel zu erschöpft bin, um noch an Sport zu denken.
Urlaub? Naja, ich bin dann meist eh zu Hause. Da ändert sich also nichts. Außer, dass ich nicht mehr zu Shopping-Bummeln in die Stadt radle. Das nervt schon.
Also - ja... das Jahr war wie ein schlechter Film. Eigentlich kein Horrofilm. Gibt's für Filme, die einen total frustrierend, nerven, langweilen und wünschen lassen, dass sie endlich vorbei sind eigentlich ein Genre? Vielleicht eine verfilmte Vorlesung "Quantenraumdynamik innerhalb multdimensionaler oktaedrischer Räume für Fortgeschrittene"?
Klar. Auch ich jammere nur auf hohem Niveau. Würde mir das Leben und die Gesundheit meiner Mitmenschen nicht genauso am Herzen liegen wie meine eigene, könnte ich einfach sagen "drauf geschissen, ich leb' halt ein mit minimalen Einschränkungen, aber mit anderen Leuten treffen darf man sich ja..."
Aber leider ticke ich nicht so. "Leider" liegt mir die sowohl meine Gesundheit als auch die der anderen sehr am Herzen. Leider habe ich schon mit ansehen müssen, wie es ist, wenn ein Mensch langsam erstickt (multiples Organversagen durch gestörten Luftsauerstoffaustausch ist etwas, das ich wirklich niemandem mitzuerleben wünsche - das ist... ich denke nicht gern darüber nach...).
Aber naja. Durchhalten! Die Impfungen sind auf dem Weg! Da ist Licht am Ende des Tunnels!