Mein Beruf hat eine offizielle Bezeichnung, aber oft denke ich, irgendwo ist heimlich das Schild "Kummerkastentante" angebracht. Dabei meint man landläufig, dass ich mit langweiligen Zahlen jongliere um Finanzbeamten das Leben zu erleichteren, wenn ich gestehe: ich arbeite seit mehr als 35 Jahren in Steuerkanzleien.
Mein Beruf hat mich schon immer mit den verschiedensten Branchen in Verbindung gebracht und das ist genau, was mir bis heute Spass macht. Nicht festgezurrt zu sein. Innerhalb eines Tages mehrfach umdenken. Nicht starr, sondern immer situationsbedingt agieren. Seit März letzten Jahres mehr denn je. Ich versuche für meine Mandanten das Optimale rauszuholen, genau wie für ihre Mitarbeiter. Dabei ist mein wichtigstes Hilfsmittel das Telefon.
Mit vielen Mandanten habe ich seit Jahren, manchmal auch Jahrzehnten zu tun. Man kennt sich und entwickelt sich, zusammen. Zum Glück konnten wir bis jetzt alle durch die schwierigen Zeiten lotsen.
Der Preis dafür ist ein gewisses Aggressionspotential, wenn mich mal wieder einer fragt: Was hast Du denn während den Lockdowns gemacht?
Überstunden ... Keinen Online-Yogakurs. Hätte ich mal machen sollen, meine Bandscheiben hätten sich gefreut.
Zu meinem Beruf kam ich, weil es auch in den 80ern bereits die Manie gab, Bewerber alleine schon wegen der Wohnadresse auszusortieren. Ich brauchte ein Kärtchen von der Arbeitsagentur um trotz gutem Schulabschluss auf meinen Traumberuf zu stossen:
Gehilfin in steuer- und rechtsberatenden Berufen, heute kurz Steuerfachangestellte.
Der Beruf ist interessant, wer ein Händchen für Zahlen und Menschen hat, ist hier richtig. Es gibt mittlerweile auch duale Studiengänge, die zum Abschluss einen Bachelor bieten. Danach entweder Master draufsatteln oder nach wenigen Jahren Berufserfahrung die Steuerberaterprüfung ablegen.
Oder Richtung Personal fortbilden, was ich gemacht habe. Erzählt euren Kindern davon, wenn sie einen Beruf suchen. In der Steuerbranche werden händeringend Leute gesucht, auch zur Ausbildung.