Ich finde den Begriff "Ignoranz" je nach Kontext äusserst unpassend! Zumal man hierbei vornehmlich die Missachtung darunter verstehen will. Und das greift zu kurz oder auch gar nicht.
Ob solche Missachtung nun bewusst oder unbewusst eingesetzt wird, ist nicht unbedingt für Subs Empfinden maßgeblich. An der einen perlt es ab, die andere sucht eine Schuld bei sich, wieder eine andere wird dadurch in ihrer Erwartungshaltung getriggert, was darauf folgt usw. Kennt man seine Sub, kann man das natürlich gezielt steuern. Im Grunde ist das ein Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz, man kann sich entsprechend zurück gesetzt fühlen, es kann aber auch begehren wecken, eben durch die Nichtbeachtung. So oder so ist all das Interaktion, etwas ganz anderes, als dumpfes links liegen lassen.
Ähnlich lässt sich beim Objektifizieren erfahren, schließlich blendet man hier bewusst Subs Menschsein aus. Egal als was ich Sub herrichte oder benutze, Sub ist nur das für mich und nichts anderes. Auch das ist kein ignorieren oder missachten, vielmehr eine gezielte Zweckentfremdung. Dabei kann es für Sub hilfreich sowie triggernd sein, für diese Zeit sich auch nur auf das Objekt dass sie darstellt zu konzentrieren und ihre weiteren, menschlichen Bedürfnisse ebenso auszublenden.
Wer sich dabei wertlos und nutzlos vorkommt, bedient dabei seinen mentalen Masochismus und es kann hierbei auch einfach sehr befreiend sein, sich von alledem mal frei zu machen und nur das zu sein und zu spüren, zu was man gerade benutzt wird. Quasi Filter und Brennglas in einem. Es ist ein Spiel zwischen Überhebung und Erniedrigung und als Höhepunkt will man sich logischerweise auch als völlig wertlos sehen. Das ist schon Interaktion pur.
All das hat mit ignorieren oder tatsächlicher Missachtung des anderen nichts zu tun. Im D/s(SM) erscheint vieles sehr widersprüchlich, weil man die Ambivalenz darin nicht sieht. Betrachtet man diese Handlungen unter umgekehrten Vorzeichen, erschließen sich einem die Hintergründe auch eher.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass wenn man sich gewollt erniedrigen lässt, trotzdem auch Scham empfinden kann. Allein schon deswegen, weil so einige Praktiken schlicht schambehaftet sind. Und sei es "nur" die Tatsache, das zu wollen, es zuzulassen. Daher heißt es nicht selten: Mach mit mir was ich nicht will! Und das kann sehr kicken, Geilheit und Scham in einem zu spüren. Wie ein heißkalter Schauer.
Wenn man Sub also dahingehend richtig einschätzen kann, was sie triggert und kickt, fällt es nicht schwer einen Spannungsbogen aufzubauen. Und der muss nicht mal erotischer Natur sein. Denn nicht alles im BDSM kann und will sexualisiert oder erotisiert werden. Aber das führt jetzt hier zu weit.
Ich finde es völlig legitim und auch begrüßenswert, wenn Interessierte oder Neugierige fragen, was wohl die Hintergründe für solche Handlungen sind und was man dabei empfindet. Auch wenn das ein oder andere eher ein Versuch einer Erklärung sein kann (weil auch zu individuell), hilft es doch Vorurteile, Klischees und falsche Annahmen abzubauen. So bekommt man auch Einblicke in die eben sehr unterschiedlichen Handlungsweisen, warum ein jener dies bevorzugt, ein anderer etwas gegensätzliches.