Prüderie?
Okay, dann doch nochmal anders:
Vor der Missionierungszeit gehörte es in Tahiti zum guten Ton, dass bei Besuch eines Fremden der Gastgeber seinen geschlechtsreifen Töchtern nicht ohne Aufforderungscharakter (vermutlich nicht einmal explizit in Worten formuliert) gestattete, sich dem Gast anzubieten, lehnte der Gast ab - und sei es noch so höflich gewesen - galt das als schwere Beleidigung und konnte durchaus mit dem Rauswurf geahndet werden.
Hier in Deutschland wäre heute eine solche Form der Gastfreundschaft nur unter bestimmten Bedingungen strafrechtlich verfolgbar (etwa als Verkuppelung, wenn der Gastgeber seine Töchter explizit dazu aufriefe, oder als Sex mit Minderjährigen, wenn die Töchter noch nicht alt genug wären, selbst zu entscheiden), explizit "froh" über derartig durchlässige Gesetzgebung kann ich jedoch in gleichzeitiger Betrachtung gängiger zuhälterischer Machenschaften, die sich dadurch genau an diesem schmalen Rand der Noch-Legalität bewegen können, aber nicht sein und ich finde eine gesellschaftliche Intoleranz (Illegitimität) solcher Machenschaften ebenso wenig prüde, wie die Ablehnung einer Auffassung, dass sich Menschen auf offener Straße, nur weil sie sich gerade auf offener Straße befinden, für Sex anquatschen lassen müssten - da besteht für mich tatsächlich ein Zusammenhang:
Es ist in beiden Fällen eine Einstellungsfrage, wie ich Sexualität betrachte, ob als intimes Spiel zwischen Menschen, die sich ihre Spielpartner autark und wählerisch aussuchen, oder als generelle soziale Interaktion, die schlicht in jeder Lebenslage (öffentliche Straße) angefragt werden darf. -
Oder noch konkreter als Anmerkung: Bei den Bonobos hat Sex durchaus etwas weniger intimes, die kopulieren einfach, um Streit zu vermeiden oder sich zu vertragen, so wie viele Menschen sich vlt höflich gegenseitig nach dem Weg fragen oder sich entschuldigen, wenn sie sich auf die Füße gelatscht sind -> WERTEN als etwa 'unzüchtig' will ich das verhalten der Bonobos nicht, ebenso wenig allerdings das einiger Menschen als "prüde", sehe eher in manchen sozialen Normen und Umgangsregeln schon einen gewissen Sinn für die jeweilige Gesellschaft
@****d_O
Hm, Frage 1: Ich persönlich empfände ja "Arschloch" als eindeutig größere Beleidigung, aber ohne ausweichen zu wollen: Ja, "übergriffig" verstehe ich auch als
absichtsvolle Handlung -> zu Frage 2: ...eine
Absicht zur Grenzüberschreitung allerdings würde ich im Szenario des TE schon heraus lesen (weshalb der Hinweis darauf für mich nicht zwingend beleidigend wäre), denn die soziale Norm hierzulande gibt meinem Verständnis nach einfach nicht her, dass einem Menschen allein aufgrund seines Aufenthalts in der Öffentlichkeit oder einem längeren Augenkontakt bereits eine intime Frage nach Sex gestellt werden dürfte (da gibt es m. E. eine normative Grenze, die nicht stets neu erst einmal definiert werden muss) - wenn ich der fragenden Person also nicht unterstelle, "flegelhaft" (grundsätzlich unerzogen, ohne Sozialisation) oder irgendwie unzurechnungsfähig (etwa "geisteskrank") zu sein, dann unterstelle ich Absicht in der durch soziale Konventionen definierten Grenzüberschreitung (nochmal: Das ist keine Prüderie!).
Da greift dann letztlich für mich die Frage des
Anstands (ich meine,
@****sum hat den Begriff vorab in Diskussion gestellt). Um das Beispiel von der Einladung zum Kaffee trinken anstatt zum Sex aufzugreifen: Auch, wenn es vlt das gleiche will, scheint mir einfach in Dtld. heutzutage eher der Kaffee als die Frage nach Sex der gesellschaftlichen Norm zu entsprechen, wodurch es mich nicht wundert, wenn sich jemand durch die vom TE beschriebene Situation beleidigt fühlen und dies mit "übergriffig" quittieren würde (für mich erstmal nur eine verschärft grenzverdeutlichende Zurückweisung, die ich im Zusammenhang noch nicht zwingend als Beleidigung verstehe, vgl. oben...); eine erwidernde Beleidigung/Ohrfeige/Erschießung würde ich jedoch heute nicht mehr für angebracht halten (so etwas gab es ja durchaus auch mal als gesellschaftliche Norm...).