Ich versuche mich mal direkt am Eingangsposting und an der Kernfrage, ob man lernen kann, den Partner zu teilen.
Ich beantworte das mit einem ganz klaren... jein.
Entschuldigt, aber so ist es doch.
Es kommt sehr auf die Ausgangsgefühlslage desjenigen an, der lernen möchte, sexuell zu teilen. WIESO möchte er das lernen?
Verspricht er sich selbst davon eine sexuelle Horizonterweiterung, spielt also schon mal mit Phantasien, in denen es darum geht, den Partner woanders zu wissen, zu sehen... ist es also ein positives Prickeln, was er empfindet und er hat einfach nur etwas Angst vor dem nächsten logischen Schritt?
Oder aber ist seine emotionale Ausgangslage eher negativ, hat er einen Partner, der sexuelle Freiheit einfordert und fühlt sich nun unter Zugzwang gesetzt, das "auch wollen zu müssen"?
Zwei völlig verschiedene Ausgangspositionen, ganz klar.
Beim Lernen ist es ja so, egal auf welchem Gebiet: etwas, was einen selbst begeistert, das lernt man ratzfatz. Das geht quasi wie von selbst, weil es einem Freude macht. Wenn man aber etwas eigentlich gar nicht mag und gar nicht möchte und man muss es sich quasi reinpauken wie griechische Vokabeln... dann dauert es erstens ewig bis es Fortschritte gibt und zweitens verinnerlicht man das Erlernte gar nicht richtig... weil es nicht ganz in einen dringt.
Und das ist hier auch nicht anders. Irgendwann haben wir alle mal angefangen, Sex zu "lernen" oder nicht? Alle Spielarten. Sogar die Missionarsstellung ging uns am Anfang holprig von der Hand und jetzt könne wir sie im Schlaf. Wieso also soll man die Spielart, den Partner zu teilen und selbst daraus ein positives Gefühl zu ziehen, nicht lernen können? Es wird vermutlich am Anfang auch komisch sein, aber mit der Zeit wird es sich gut anfühlen. WENN es denn wirklich ein eigener Wunsch ist und nicht etwas, zu dem man sich irgendwie gezwungen fühlt.
Ich überlege, wieso es für viele Paare so undurchführbar scheint, sexuelle Treue nicht als absolutes MUSS in einer Paarbeziehung zu sehen. Ich denke, es ist die gesellschaftliche Prägung, die wir alle nicht abschütteln können. Man hat seinem Partner sexuell treu zu sein, sonst liebt man ihn nicht richtig. Sonst stimmt etwas in der Beziehung nicht. So wird es doch immer wieder behauptet. Wer aber sagt denn das? Wer bestimmt das? Außer der Tatsache, dass die Generationen vor uns es uns so vorgelebt haben.
Der Kardinalpunkt ist doch der, Liebe zwangsläufig mit sexueller Treue gleichzusetzen. Das eine geht nicht ohne das andere. Wer in einer Partnerschaft das Bedürfnis nach anderen Menschen hat (sexuell), der kann nicht aufrichtig lieben.
Oder aber doch? Liebt er nicht nur einfach anders?
Fakt ist: wer liebt, der ist verletzlich. Wer liebt, kann viel Herzeleid erfahren. Er kann verlassen werden, er kann seelische und körperliche Schmerzen erfahren. Etwas, das sich keiner wünscht. Das Dogma von der sexuellen Treue dient dazu, ein Paar vor dieser Verwundbarkeit zu schützen. Wer sich sexuell treu ist, der kann einander sicher sein.
Ist das so? Ich glaube, viele halten sich an diesem Grundgedanken tatsächlich fest. Und das obwohl die Erfahrung immer wieder zeigt, dass sexuelle Treue kein, absolut kein Garant für die Beständigkeit einer Beziehung ist.