„ Was habt ihr für tolle oder auch negative Erfahrungen gemacht mit anderen Kulturen?
Aus eigener Erfahrung kann ich beitragen, dass ein kulturelles Miteinander nur funktioniert, wenn man sich tunlichst aus dem Weg geht, denn Schnittmengen gibt es nur selten; und wenn, dann sind sie so klein, dass sie kaum tragbar für ein Miteinander sind.
Ich spreche tatsächlich von anderer Kultur und nicht einfach von Migrationshintergrund aus Europa, was auf gleiche Kultur hinausläuft.
Selbst wenn jeder Mensch individuell ist, so ist er doch auch Träger seiner Kultur (Sozialisation, Erziehung, Wertesystem usw.) und das tiefer und weitreichender als gemeinhin eingeräumt oder es gerade als politisch korrekt postuliert wird.
Das ist einleuchtend, wenn man sich klar macht, dass ein Einzelner die Funktion der Regeln ist, innerhalb derer er kulturell geprägt worden ist. Regeln gemäß derer man agieren darf und soll bzw. es verboten ist. So sind Verhaltensmuster als äußere Normen gesetzt, die innere Gefühlsentsprechungen hervorrufen. So ist es eine Kultur, die die Empfindungen des Einzelnen bestimmt wie auch die Umstände, unter denen sie gezeigt werden dürfen oder sollen ... doch genug Abstraktes.
Ich erfahre zur Zeit, dass die meisten meiner Generation nach Jahren der (kulturellen) Wanderschaft doch alle wieder beinander hocken, weil es die Erfahrung gezeigt hat, dass es mit anderen nicht wirklich funktioniert. Liegt es an der eigenen Kultur oder liegt es an der Gastkultur - beides sicherlich. Bzw. an der Unvereinbarkeit der beiden und eine parallele Koexistenz zum Glück möglich ist.
Anders-Sein fängt schon amtlich an: Ein Beispiel (mein Beispiel). Ich bin in D geboren, aber einen deutschen Pass habe ich erst seit 2011 - und darin steht, dass ich den Deutschen gleichgestellt bin - ich gehöre also immer noch nicht richtig dazu. Davor hatte ich einen internationalen Pass. Staatsangehörigkeit: Nichts. Nationalität: meine Religion (versteht nur jemand, der mit den höheren Weihen der Bürokratie gesegnet ist). Sogar in meinem jetzigen Pass steht unter Nationalität immer noch meine Religion.
Wobei ... was heißt "meine Religion"? - Nichts als ein Stempel, der mir von außen aufgedrückt wird, um mich igendwie amtlich kenntlich zu machen, weil es scheinbar sonst nichts gibt.
Hätte eine Liebe die Kraft, mir eine Zugehörigkeit zu verschaffen? Erst recht dann, wenn die Schmetterlinge im Bauch aufgehört haben zu fliegen und die real existiernde Andersartigkeit auch im persönlichen Zusammensein für Reibungen im Alltag sorgt?
Was, zum Beispiel, wenn der Samstag für mich ein Ruhetag ist? Andere aber putzen, einkaufen, Sport machen oder sonst umtriebig sind? Oder meine Essgewohnheiten nicht verstehen, sie erst interessant finden, dann belächelnswert, schließlich sich darüber lustig machen?
Wie gesagt, nur ein paar Beispiele - nach meiner Erfahrung jedensfalls reicht eine Liebe nicht, um in diesem Land (in jedem Land) für eine Heimat zu sorgen, vor allem nicht, wenn die eigene kulturelle Prägung nicht der offiziellen entspricht. Wem es jedoch gelingt, sich ohne Schaden und Lücken reißen umzuprägen, dem sei es von Herzen gegönnt.