Ich habe mir als junge Frau einige Mark als Begleitperson dazu verdient. Der junge Mann, den ich begleitete, war wesentlich eingeschränkter, als du,
@****os. Alles unterhalb seiner Halsmuskulatur entzog sich seiner Kontrolle und seine Spastik nahm ordentlich Raum ein und hat mir so manchen blauen Fleck beschert.
Die ersten Treffen waren noch irritierend, teilweise beschämend für mich. Einem Mann beim Pinkeln helfen zu müssen, ihn zu füttern, den Speichel abzuwischen, das musste ich erstmal lernen. Aber es wurde so selbstverständlich zwischen uns, wie einem Freund eine Wimper von der Wange zu zupfen - und Freunde wurden wir.
Wir hatten analoge Mittel zur Kommunikation. Wir schleppten immer einen Ordner im Rollstuhl mit, dessen Seiten in Reihen und Spalten aufgeteilt waren und in den entstandenen Kästen waren Prädikate, Objekte, Subjekte, sowie Zahlen und Buchstaben. Er kannte die Seiten (natürlich) auswendig und mittels Kopfnicken teilte er mir die Seiten, Spalten und Reihen mit. Nach ner Weile erkennt man schon an der Zahlenkombination, worauf der andere hinaus will.
Wir haben uns großartig verstanden. Wir waren in Kinos, auf Veranstaltungen, bei Freunden, verbrachten Stunden in Kneipen und ich bin heute erstaunt, dass ich ihn trotz der vielen Biere, die wir intus hatten, immer wieder heil nach Hause geschoben habe
Ich war ein bisschen in ihn verliebt. Er hatte (hat bestimmt immer noch) ein sehr hübsches Gesicht und tolle Augen. Er legte viel Wert auf seine Erscheinung. Ein schmuddeliges Lätzchen gab es nie bei ihm und glaube mir, wenn er z. B. Hunger hatte, sprudelte er regelrecht
Seine Mutter war ja für praktische Stoffwindeln, die man ihm doch super umbinden könne. Wir fanden das absolut ätzend.
Das Tuch lag beim Essen locker auf seiner Schulter, ich benutzte es, wenn es angebracht war und danach lag es griffbereit, aber nicht offensichtlich. War es schmutzig, wurde es gewechselt.
Seine Haare waren aus praktischen Gründen sehr kurz geschoren, damit sich nachts nicht aus Versehen selbst darin verkrallte - was eben als Kind schon mal passierte. Er hatte gut gemachte Zähne.
Zudem war er ein sexisitisches Arschloch, der jeder hübschen Kellnerin auf die Titten starrte und seine Behinderung schamlos ausnutzte. Das war kein Versehen, wenn er sie berührte, keine Spastik, das war mörderanstrengend für ihn - aber wenn ich ihn genervt zurechtwies, war seine fast schon kindliche Freude, dem Leben selbstständig etwas Sex abgetrotzt zu haben, so groß, dass er jedesmal fast aus dem Rollstuhl fiel. Wer kann so jemandem böse sein? Seufz.
Wir hätten Sex haben können. Ich ließ mir genau erklären, wie das bei ihm funktionierte. Er hatte seit einigen Jahren eine feste Prostituierte, die seine Behinderung genau zu nehmen wußte. Aber, ich war nicht sein Typ. Ich war schon damals üppig und eher so der Punktyp, während er auf süße, dünne Blondchen mit dicken Möpsen stand. Manchmal passt es eben nicht.
Er war mit allem, was er hatte, den Zuckungen, dem Sabber, dem Füttern trotzdem sexy. Er war faul (er hatte einen astreinen E-Rollstuhl, den er hätte bedienen können, ließ sich aber lieber schieben), trank zu viel, hatte einen miesen Frauengeschmack und eitel war er auch noch. Ein ganz normaler Kerl.
Aber er war nie unrealistisch und er gab sich nicht mit halben Sachen ab. Er wusste, er hätte mit mir Sex haben können, aber er hatte nunmal ein Faible für einen bestimmten Frauentyp. Ihm war klar, dass seine Chance sehr gering waren, den aufzureißen. Aber es is ja, wie es is.
Und das ist wirklich wichtig. Sich nicht nur klarzumachen, was man will (und warum), sondern auch zu versuchen, einzuschätzen, was davon realistisch ist.
Als Femdom kann ich dir sagen: Ich würde dich nicht bespielen. Die Kommunikationsmittel sind mir zu eingeschränkt, denn ich muss dich während des Spiels verstehen können, um abzuschätzen, ob du jetzt gerade nur geil rumjammerst oder ob es wirklich zu viel ist. Ein Hilfsmittel würde mich dabei zu sehr aus dem Flow bringen (die Idee mit der Gebärdensprache finde ich übrigens großartig!). Zudem mag ich eine bestimmte Art der Demütigung und das wäre mir bei dir zu heikel, die Vorgespräche könnten mir niemals genug Sicherheit geben. Deine körperlichen Einschränkungen würden mich selbst zu sehr einschränken, ich spiele schon nicht gerne mit jemandem, der Probleme mit der Schulter hat. Ich bin nun mal sexuell dominant, egoistisch und spiele, um mich selbst damit glücklich zu machen. Ich mache das nicht, weil mein Gegenüber das will / braucht / erregt. Das ist ein positiver Nebeneffekt, wenn auch ein unabdingbarer.
Dazu kommt, dass du, meines Erachtens, zu wenig aus dir machst. Da geht noch was.
Ich habe übrigens mal einen Mann auf der Eurix (ein weltweites Bondagetreffen) gesehen, der trotz spastischer Behinderung Rigger war, also gefesselt hat. Mich hätte das als Gefesselte wahnsinnig gemacht, weil seine Bewegungen natürlich ruckhaft und unruhig waren und wäre nicht in den notwendigen Flow gekommen. Sein Bunny sah aber sehr zufrieden aus. Fällt mir nur gerade ein.
Puh, das war viel Text. Aber du warst so offen und ich fand den Artikel wirklich interessant. Ich wollte dir etwas zurückgeben.
Nur, dass mir das mit der geforderten Toleranz immer etwas aufstößt. Es hat nicht immer was mit fehlender Toleranz zu tun, wenn man keine Lust hat, sich mit der Behinderung eines Menschen auseinanderzusetzen. Vor allem nicht, wenn es um Sex geht. Behinderte können ebenfalls intolerant sein. Und haben manchmal keine Lust auf bestimmte Menschen und ihre Eigenarten. Das kann man auch nicht durch Toleranz ändern.