Ich finde diesen Beitrag sehr interessant, obwohl ich in vielen Punkten ganz anderer Meinung bin.
Es liegt meiner Meinung nach weder an Intolleranz, noch an persönlichen ethischen Vorstellungen von Schönheit, oder Ansehnlichkeit. Sondern viel mehr, an eigener Unsicherheit, Oberflächlichkeit (Prioritätensetzung), Faulheit und letztlich einer egonzentrischen Wertsetzung der Gesellschaft.
Dazu erstmal einen kurzen Einblick in meine "Behinderung" denn im Grunde ist es keine.
Zum einen bin ich von Geburt an eingeschränkt durch Fehlbidungen im Rücken, die meine Kindheit stark beeinträchtigten, dann als ausgeheilt galten, weshalb ich mit meinem Bedürfnis wie andere zu sein den Rücken unwissentlich endgültig geschädigt, kaputt gearbeitet habe. Die psychische Entwicklung war durch dieses Handycap unter einem total übersteigertem Leistungsdruck meiner Eltern alles andere als gesund. Meine geistige Andersartigkeit wurde immer nur mit Spot und Druck beantwortet, niemand hat jemals hinterfragt, warum ich scheinbar von einem anderen Planeten komme, aber vorgeworfen hat man es mir immer. (Sei doch einfach mal wie jeder andere auch...)
Gewollt habe ich es 50 verschi.... Jahre meines Lebens nichts anderes, aber ich bins nun mal nicht.
Erst heute weiss ich, dass ein Asperger ganz andere Bedingungen gebraucht hätte, um trotz dessen einen ordentlichen Start ins Leben haben zu können. Denn dies ist die andere Andersartigkeit in meinem Leben.
So bin ich als Kind oft in einer Klinik für Orthopädie gewesen, in der durch die angeschlossene Psychiatrie auch viele Patianten waren, mit geistigen und körperlichen Behinderungen. Da Kinder wesentlich offener für andere sind als Erwachsene, wurde mir schnell klar, dass jeder Mensch seine Talente und gute Eigenschaften hat, auch in der selben Menge, nur eben anders verteilt.
Es fällt mir der Umgang mit "Anderen" Menschen sehr leicht, dennoch, ist es natürlich immer erstmal ein Eisbrechen. Denn die individuellen Einschränkungen, werden ja nur zum Teil sichtbar, wie man damit umgehen kann und muss, braucht einfach ein Verständnis der Erkrankung welches einer wie auch immer abgewickelte Kommunikation vorraussetzt.
Die Hemmschwelle ist also oft, diese anfänglichen Fragen, würdevoll und wertneutral zu klären.
Bereits dabei scheitern die meisten Menschen hoffnungslos. Die eigene Unsicherheit bringt die Menschen dazu, sich lieber garnicht erst damit auseinandersetzen zu wollen. Dann lieber oberflächlich bleiben, sich Denkvorgänge ersparen und in seiner heilen Welt bleiben.
Das wurde mir durch den Umstand klar, dass ich selbst garnicht als behindert oder eingeschränkt wahrgenommen werde. Vielmehr, wirft man mir soziale Anpassungsstörungen und oder Faulheit vor.
Resultierend aus der Tatsache, dass ich als Authist ein Fachgebiet habe, was aber anatomisch weit abseits meiner körperlichen Fähigkeiten liegt.
Ich bin Mechanik-Nerd durch und durch, schraube alles was geht mit Vorliebe antike Fahrzeuge. Eben leider nicht alles, mein Rücken lässt mich nicht alles machen, aber mit Hilfmitteln und Denken, kann man mehr machen als man sich vorstellen kann. Und ganz wesentlich, für 3 Stunden effektive Leistung, verbringe ich mit vielen Pausen 8 Stunden in der Werkstatt, was natürlich keiner sieht. Offensichtlich bin ich ja den ganzen Tag in meiner Hobbywerkstatt arbeiten...
Das Bild nach aussen ist also nicht dem eines Behinderten gleich zu setzen, zudem ich auch noch Motorrad fahre und zwar ne heisse Kiste.
So kann ich quasi, weil man es mitr auf den ersten Blick wirklich nicht ansieht, differenzieren, wie die Menschen mich aufnehmen und reflektieren, da ich selbst letztlich bestimme, als "Normaler" Mensch, oder als beeinträchtigter Mensch zu erscheinen, zumindest in den oberflächlichen Alltagssituationen des Lebens.
Nach meiner Erfahrung, hat sich die Tolleranz und Akzeptanz einerseits erheblich gebessert, jedoch auch die Denklust und Empathie deutlich verschlechtert.
Wenn also eine Thematisierung stattfindet, zeigen sich Menschen erheblich offener und tolleranter wie früher, wo man jegliche Behinderung ja schon wie hochansteckend gemieden hat. Jedoch haben die Menschen immer weniger Lust über solche Dinge nach zu denken. Sich damit zu befassen.
Vermutlich ist ein Teil des Problems, dass die Menschen auch so schon den Kopf voll haben, sei es durch Reizüberflutung, oder den eigenen Willen in der höher-schneller-weiter-Gesellschaft mit zu schwimmen, womit sich viele selber Stressen und unter Druck setzen.
Die Meschlichkeit selbst ist quasi unter die Zahnräder der modernen Gesellschaft gekommen.
Von daher bitte ich zu entschuldigen, wenn ich an der Stelle negativ wirke, ich sehe es aber als einfach Realistisch an, dass jegliche Anstrengung in Akzeptanz oder Tolleranz in dieser Gesellschaft scheitern wird.
Und nun am Ende nochmal meine persönlichen Erfahrungen aus dem Bereich Beziehung.
Ja ich habe ein ästethisches Idealbild, feste Vorstellungen wie mein optimaler Sexualpartner aussehen sollte.
Da es mir als Asperger jedoch ohnehin unmöglich ist einen Kontakt, ob nun ONS oder Beziehung zu knüpfen habe ich mich finden lassen. Hat sogar 3 mal geklappt, im Gegenteil scheine ich Glück zu haben, denn der Vorsatz Single zu bleiben, hat nie länger als ein halbes Jahr überlebt. Wenn man vom ersten Sexualkontakt mit immerhin 20 Jahren mal absieht.
Ob ich mich letztlich für einen Menschen entscheide, oder mich dem entziehe, mache ich garnicht an der sexuellen Anziehungskraft fest. Letztlich ist doch die Frage, verstehen sich 2 Menschen, ergänzen sie sich?
Viele mögen jetzt sagen, es sei abwertend und man würde einen Partner als Kompromiss sehen. Seid beruhigt dem ist nicht so. Die Prioritäten sind nur anders, es ist für mich viel wichtiger, dass man sich gegenseitig spürt, begreift was der andere braucht, als dass der andere irgendwelchen imaginären Idealvorstellungen entspricht. Der Mensch ist mir einfach wichtiger als eine Schönheitsideal.
Und letztlich, ist auch eine sichtbare Behinderung, eine körperliche Andersartigkeit nichts anderes. Es ist etwas, dass man bei der ersten Begegnung zwar sieht, aber es ist marginal, es ist oberflächlich. Die Anziehung zweier Individuen ist doch erst durch das Beschäftigen mit dem anderen festzustellen oder eben zu verneinen!
Dies bedingt des hineindenken in den anderen, die Abstimmung von eigenen Prioritäten, haben wir gemeinsam Vorstellungen oder Ideale etc PP.
Ja es bedarf einer Menge an Empathie und da kann ich nun in eigener Sache mal etwas grade rücken. Nicht jedem Authisten bzw. Asperger fehlt diese. Ich und sicherlich auch jede Menge anderer Aspies haben die in hohem Maße. Nur eben, dass man mir eine Situation erst klarmachen muss. Ich sehe es eben selbst nicht, wenn es nur durch Mimik und Gestik gezeigt wird. Nicht mit dem Zaunpfahl winken, sondern zuschlagen...