Ich meine, es wäre besser wenn man die Präsenz des TPE mal vom Machtgefälle lösen würde. Man führt ja schließlich keine Beziehung mit der Neigung sondern mit dem Menschen!
Am Beispiel von Entscheidungen lässt sich das sehr gut verdeutlichen. Soll Sub irgendwas entscheiden, wird sie auch ohne vorherige Absprache automatisch sagen: Das kann ich jetzt nicht entscheiden, darüber will ich erst mit meinem Partner sprechen. Und das ist umgekehrt nicht anders. Wenn ich die Wahl zwischen zwei Dingen habe, frage ich mich, wofür Sie sich wohl entscheiden würde? Das wähle ich dann. Auch ich denke automatisch so. Man lebt und fühlt im "Wir"- egal wo der andere gerade ist. Mit Machtgefälle hat das ja nichts zu tun.
Im "Wir" möchte man vor allem vermeiden, den anderen vor vollendete Tatsachen zu setzen. Das gilt auch für Top- nur weil Sub mir die Entscheidung überlässt, kann ich ja trotzdem in ihrem Sinne handeln. Ein geben und ein nehmen, TPE ist keine Einbahnstraße.
Für mich ist das "Wir" also eine Grundvoraussetzung. Für eine Partnerschaft und eben auch TPE.
Ein Machtgefälle kann ich auch in einer Spielbeziehung haben- für die Dauer einer Session.
Wesentliches Merkmal des "Wir" und damit auch TPE ist die Autonomie des einzelnen. Autonomie oder auch Eigenständigkeit setze ich ebenso mit "Power" gleich. Was für den einen einer Selbstaufgabe gleich kommt, ist für den anderen Selbstverwirklichung. Wenn mir Sub ihre Autonomie in die Hände gibt, muss ich das auch annehmen und damit umgehen können. Es darf mir keine Last und Bürde sondern Stolz und Freude sein! Auch als Dom gebe ich Autonomie ab- im "Wir" kann ich nicht mehr so sein wie als Single. Dafür erhalte ihre Autonomie- genau das stellt für mich auch diesen Austausch dar! Das geschieht, wenn aus zweien eins wird.
Wenn sich jeder seine Teil-Autonomie erhält, in einer Du & Ich-Beziehung, kann man zwar D/s praktizieren, aber kein TPE. Aber man kann dann von einem (temporären) Machtgefälle sprechen, wessen Vorliebe es sein kann und einem einen Kick gibt. Aber das ist dann auch kein 24/7.
Wenn man diese Dinge beleuchten und erklären will, kann man dies nicht aus der Sicht eines BDSM-Rollenspiels tun und es als Vorliebe betrachten. Aus exakt diesem Grund führt es immer wieder zu Missverständnissen, denn 24/7 ist eben kein Rollenspiel, dass man die ganze Woche lang spielt. Und TPE ist auch kein erstickendes Machtgefälle zwischen einem Gott und einem Knecht. Dazu verabredet man sich nicht, denn es ist keine Session. Man kann das nicht spielen und auch nicht so tun als ob. Es ist nicht authentisch und und führt unter falschen Voraussetzungen zwangsläufig ins destruktive. Oder anders ausgedrückt- wer eine Vorliebe für ein richtig geiles Machtgefälle am WE hat, ist bei einem 24/7er komplett an der falschen Adresse. Das passt nicht, das beißt sich. Bald, sehr bald.
Verhandelt werden alltäglich Dinge und ebenso auch Kompromisse geschlossen. Aber eben auf den Alltag bezogen, nicht auf die Neigung und wie man das wohl auslebt. Das liegt dann schon auf der Hand. Alles andere wären wieder Verhandlungen und Kompromisse bzgl. der Autonomie. Darunter fällt auch die Wahl des dazu passenden Konsens, der hier allerdings auch alternativlos ist- Metakonsens (engl. consensual/non-consensual).
Man kann also sagen, dass es bei komplementären Neigungen (24/7) folgerichtig zu einem Kräfteausgleich / TPE (Autonomie) kommt und das ganze im MK. Eine Prozesskette, sozusagen.