Ich glaube auch, dass es eine echte Krux ist, wenn es ein großes Lustgefälle in der Partnerschaft gibt. Aber aktive, klare Kommunikation darüber ist unumgänglich. Schade ist eben, dass es offenbar oft einen Teil gibt, der nicht gerne darüber redet. Gesprächsverweigerung über Probleme in der Beziehung darf es nach meiner Auffassung aber nicht geben. Meine Frau und ich hatten deswegen auch mal einen Emailaustausch angefangen. Schriftlich kann man sich dann auch noch einmal ganz anders begegnen und gegenseitiges Verständnis gewinnen. Und: Es ist klar und nachvollziehbar was man sich gegenseitig mitgeteilt hat und welche Fragen man sich gestellt hat. Es ist auch interessant, das mit zeitlichem Abstand noch einmal wieder zu lesen.
Vielleicht lässt sich dabei auch feststellen, dass die Unlust eines Partners Folge einer krankhaften Störung ist. Das hilft einerseits, mehr Verständnis dafür zu finden ("Er/Sie kann gar nicht anders"), andererseits gibt es vielleicht auch (medizinische) Behandlungsmethoden, nach denen man recherchieren kann. Das kann dann auch der gegenseitigen Zuneigung dienen.
Früher, so mit Anfang 20 habe ich auch gedacht, dass der Mensch ein monogames Wesen sei und ich eben auch, vor allem, wenn ich Sehnsucht nach einer Liebesbeziehung hatte. (Hat wohl auch mit meiner Erziehung zu tun.) Ein sehr promiskuitiv lebender Freund, für dessen Verhalten ich wenig Verständnis hatte (aber heimlich auch beneidet habe), meinte zu mir, dass das mit der Monogamie nur auf Frauen zutreffen würde, nicht auf Männer.
Auch dachte ich wirklich lange, dass es eben nur bei den Männern so ist, dass sie immer geil sind, Frauen eher selten richtig Bock auf Sex haben.
U.a. hat eben der Joyclub mich gelehrt, dass es eben auch andersherum geht, wenngleich es in den heterosexuellen Partnerschaften wohl eher bei Männern einen Lustüberhang gibt. Und was für ein Segen muss es sein, wenn de Lustlosen mit den Frigiden zusammenfinden und die Lustvollen mit den Nymphomanen.
Ich erwische mich oft bei dem Gedanken, dass die Menschen doch viel mehr Sex miteinander haben sollten. Was gibt es schließlich Schöneres? Dann bremst mich aber wieder, dass es die sexuell übertragbaren Krankheiten gibt, Schwangerschaften, die es nicht geben sollte, berechtigterweise einen Jugendschutz usw. Noch so eine Krux.
Und bei allem ist es wohl eine ganz individuelle Sache: Die einen Menschen sind monogam, die anderen sind es nicht. Um es offen zu gestehen: Selbstbefriedigung ist ein großer Bestandteil meiner Sexualität. Und bei der Selbstbefriedigung bin ich mit den Gedanken nur selten bei meiner Frau. Wäre nicht das auch schon ein Bruch der Monogamie? Wir sind eben mit unterschiedlich starken Sexualtrieben geboren worden und gibt es denn keine Möglichkeit, dass fast alle damit zufrieden werden?
Ich glaube auch nicht mehr, dass es nicht in Ordnung wäre, unbefriedigtes sexuelles Verlangen innerhalb einer Partnerschaft, nicht auch außerhalb der Partnerschaft zu stillen. Sex ist einfach ein essentieller Bestandteil von liebender Partnerschaft und auch die Lustlosen können das doch eigentlich nicht leugnen, oder? Sexualität ist doch mehr als reine Fortpflanzung? Was könnte dann das Verwerfliche an der Öffnung der Beziehung sein, solange sie auch mit oder gerade wegen der Öffnung Bestand haben kann und somit gerade zugunsten der Kinder eine Trennung nicht stattfindet?
Denn: Genauso, wie die (einseitige) Öffnung von Beziehungen diese schon zerstört haben mag, mag sie etliche Beziehungen auch schon gerettet haben.
Hier wurde es ja auch schon angemerkt: Der Sexverzicht ist ja häufig die Ursache des Problems und kann damit doch nur schwer auch gleichzeitig die Lösung des Problems sein, oder?
Darum glaube ich auch, dass eine offene Kommunikation über die Bedürfnisse so extrem wichtig ist, auch um Verlustängste eines Partners gar nicht erst entstehen zu lassen. Denn Drohungen (und auch so etwas wie Wettbewerb) gehören nach meiner Auffassung in keine Partnerschaft, und eine offene Kommunikation, tilgt sicherlich auch Drohpotential. Wir müssen Verständnis für unsere (unerfüllten) Bedürfnisse gewinnen. Und eben auch Verständnis für die Unlust des anderen Teils.
Ich glaube übrigens auch ganz ernsthaft, dass das Anbahnen, Führen, Verändern und notfalls Beenden von zwischenmenschlichen Beziehungen (nicht nur Liebesbeziehungen), ganz dringend für ein paar Halbjahre, so ab ca. 9. Klasse Pflichtschulfach werden sollte.
Ich vermute nämlich auch, dass ein Großteil der Trennungen bei Eltern falsch ist und man sich nicht im Klaren darüber ist, was man den Kindern damit Schlechtes antut. Was nicht heißen soll, dass Trennungen der Eltern für manche Kinder nicht auch das Beste sein können.